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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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Infanterie-Lieutenant. Als der bestimmte Tag erschien,
da trat der vermeinte Abt vor ihn und sprach: Da der Heiland um
dreißig Silbergroschen verkauft wurde, so müßt Ihr, Herr Kaiser,
um einen Groschen wenigstens wohlfeiler sein!

Langer Martin. Also neunundzwanzig Groschen!

Geistlicher. Und was sagte der Kaiser?

Infanterie-Lieutenant. Bei meiner kaiserlichen Ehre, ich
hätte nicht geglaubt, daß ich so spottwohlfeil wäre.

Mein Herr (zum Geistlichen.) Aber Ihnen, geistlicher Herr,
geht's viel schlechter, als jenem Kaiser.

Geistlicher. Wer weiß, ob's von dem Kaiser wahr ist.

Adjutant. Von Ihnen ist es aber um so wahrer!

Geistlicher. Wenn also der Mensch weniger werth ist als
ein Hund, oder ein Vieh, so ist ja der Mensch zu beklagen!

Garnisons-Lieutenant. Allerdings! Darum sind Sie
froh, daß Sie dieses Unglück nicht getroffen hat, klagen zu müssen.
(Gelächter.)

Geistlicher. Ich habe nicht verstanden.

Adjutant. Darum eben, weil Sie meinen Freund nicht ver¬
standen haben, hat er Recht gehabt.

Mein Herr (zum Adjutanten.) Darf ich bitten um die Fort¬
setzung Ihrer Beweise?

Adjutant. Ich stehe zu Diensten! Der Kaiser zahlt für ei¬
nen Soldaten drei Gulden und für ein Pferd, welches zum Mili¬
tärdienste tauglich ist, hundert bis zweihundert Gulden. Sie werden
beide gefüttert und das Pferd obendrein bedient und der Soldat
geprügelt. Werden sie nicht erschossen, oder sonst zum Militär un¬
tauglich, so bekommt der Soldat ein Stück Papier und kann betteln,
das Pferd aber wird wieder verkauft, und wenn es krepirt, ist doch
seine Haut was werth.

Garnisons-Lieutenant. Wenn ein General, oder sonst
ein großer Herr mit seinem Hausknecht in seiner eleganten Equipage
neben sich ausfahren würde, möchte man sagen, er sei ein Narr!
Wenn er aber in seiner Equipage seinen Affen neben sich hätte, hier¬
über wird sich Niemand wundern.




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Infanterie-Lieutenant. Als der bestimmte Tag erschien,
da trat der vermeinte Abt vor ihn und sprach: Da der Heiland um
dreißig Silbergroschen verkauft wurde, so müßt Ihr, Herr Kaiser,
um einen Groschen wenigstens wohlfeiler sein!

Langer Martin. Also neunundzwanzig Groschen!

Geistlicher. Und was sagte der Kaiser?

Infanterie-Lieutenant. Bei meiner kaiserlichen Ehre, ich
hätte nicht geglaubt, daß ich so spottwohlfeil wäre.

Mein Herr (zum Geistlichen.) Aber Ihnen, geistlicher Herr,
geht's viel schlechter, als jenem Kaiser.

Geistlicher. Wer weiß, ob's von dem Kaiser wahr ist.

Adjutant. Von Ihnen ist es aber um so wahrer!

Geistlicher. Wenn also der Mensch weniger werth ist als
ein Hund, oder ein Vieh, so ist ja der Mensch zu beklagen!

Garnisons-Lieutenant. Allerdings! Darum sind Sie
froh, daß Sie dieses Unglück nicht getroffen hat, klagen zu müssen.
(Gelächter.)

Geistlicher. Ich habe nicht verstanden.

Adjutant. Darum eben, weil Sie meinen Freund nicht ver¬
standen haben, hat er Recht gehabt.

Mein Herr (zum Adjutanten.) Darf ich bitten um die Fort¬
setzung Ihrer Beweise?

Adjutant. Ich stehe zu Diensten! Der Kaiser zahlt für ei¬
nen Soldaten drei Gulden und für ein Pferd, welches zum Mili¬
tärdienste tauglich ist, hundert bis zweihundert Gulden. Sie werden
beide gefüttert und das Pferd obendrein bedient und der Soldat
geprügelt. Werden sie nicht erschossen, oder sonst zum Militär un¬
tauglich, so bekommt der Soldat ein Stück Papier und kann betteln,
das Pferd aber wird wieder verkauft, und wenn es krepirt, ist doch
seine Haut was werth.

Garnisons-Lieutenant. Wenn ein General, oder sonst
ein großer Herr mit seinem Hausknecht in seiner eleganten Equipage
neben sich ausfahren würde, möchte man sagen, er sei ein Narr!
Wenn er aber in seiner Equipage seinen Affen neben sich hätte, hier¬
über wird sich Niemand wundern.




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[0319] Infanterie-Lieutenant. Als der bestimmte Tag erschien, da trat der vermeinte Abt vor ihn und sprach: Da der Heiland um dreißig Silbergroschen verkauft wurde, so müßt Ihr, Herr Kaiser, um einen Groschen wenigstens wohlfeiler sein! Langer Martin. Also neunundzwanzig Groschen! Geistlicher. Und was sagte der Kaiser? Infanterie-Lieutenant. Bei meiner kaiserlichen Ehre, ich hätte nicht geglaubt, daß ich so spottwohlfeil wäre. Mein Herr (zum Geistlichen.) Aber Ihnen, geistlicher Herr, geht's viel schlechter, als jenem Kaiser. Geistlicher. Wer weiß, ob's von dem Kaiser wahr ist. Adjutant. Von Ihnen ist es aber um so wahrer! Geistlicher. Wenn also der Mensch weniger werth ist als ein Hund, oder ein Vieh, so ist ja der Mensch zu beklagen! Garnisons-Lieutenant. Allerdings! Darum sind Sie froh, daß Sie dieses Unglück nicht getroffen hat, klagen zu müssen. (Gelächter.) Geistlicher. Ich habe nicht verstanden. Adjutant. Darum eben, weil Sie meinen Freund nicht ver¬ standen haben, hat er Recht gehabt. Mein Herr (zum Adjutanten.) Darf ich bitten um die Fort¬ setzung Ihrer Beweise? Adjutant. Ich stehe zu Diensten! Der Kaiser zahlt für ei¬ nen Soldaten drei Gulden und für ein Pferd, welches zum Mili¬ tärdienste tauglich ist, hundert bis zweihundert Gulden. Sie werden beide gefüttert und das Pferd obendrein bedient und der Soldat geprügelt. Werden sie nicht erschossen, oder sonst zum Militär un¬ tauglich, so bekommt der Soldat ein Stück Papier und kann betteln, das Pferd aber wird wieder verkauft, und wenn es krepirt, ist doch seine Haut was werth. Garnisons-Lieutenant. Wenn ein General, oder sonst ein großer Herr mit seinem Hausknecht in seiner eleganten Equipage neben sich ausfahren würde, möchte man sagen, er sei ein Narr! Wenn er aber in seiner Equipage seinen Affen neben sich hätte, hier¬ über wird sich Niemand wundern. 40-i-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/319>, abgerufen am 01.09.2024.