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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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Vitz. Dies thun die Hunde, weil sie Thiere sind, -- wären
sie Menschen, so würden die Pudel sich nicht mit Möpsen abgeben,
und ein englischer Hund würde einen Spitz gar nicht anschauen.

Garnisons-Lieutenant. Also weil die Hunde Thiere, mit?
hin unvernünftig sind, so leben sie in Eintracht und schämen sich ih¬
rer gemeinschaftlichen Abstammung nicht, und der Mensch -- dieses
vernünftige Wesen, das Ebenbild Gottes, will mit Seinesgleichen
nicht unter einem Dache wohnen? -- ist der Hund nicht mehr werth,
als ein Mensch?

Geistlicher. So etwas zu sagen ist schon eine Sünde.

Adjutant. Ich finde in der Behauptung meines Kameraden
weder etwas Unwahres, noch Frevelndes, -- und ich will mich sei¬
ner Sünde auch theilhaftig machen und stimme ihm bei, daß der
Hund mehr werth ist, als der Mensch, und getraue mich's zu bewei¬
sen, was mein Kamerad nur als Frage aufgeworfen hat.

Geistlicher. So beweisen Sie es!

Adjutant. Unter den vielen Beweisen, die ich in petto habe,
fange ich mit Ihnen, als geistlichem Herrn, an. Der Herr Haupt¬
mann Vitz wollte mir meinen Hund vor einigen Tagen abkaufen
und mir für selben ein Jagdgewehr geben, welches ihn zwanzig
Gulden Münze gekostet hatte.

Ritz. Das ist wahr, und wenn es Ihnen Recht ist, ich bin
noch immer bei dem Kauf.

Adjutant. Wenn Sie mir, Herr Hauptmann, eine Frage
auf Ihr Ehrenwort gewissenhaft beantworten, so können Sie heute
meinen Hund noch abholen.

Vitz. Hier ist meine Hand, -- schlagen Sie ein! und nun
fragen Sie!

Adjutant. Gesetzt den Fall, ich könnte mit dem geistlichen
Herrn so frei wie mit meinem Hunde verfügen, wie viel würden
Sie mir wohl für ihn bieten? (Allgemeines Gelächter.)

Vitz (lachend.) Ich bieten? Ich mag ihn nicht geschenkt.

Mehrere Stimmen. Ich auch nicht!

In fauler i.e-L deuten ant. Ihnen geht's jetzt so, wie es dem
Kaiser erging, der dem Abte von Se. Gallen das Räthsel aufgab:
wie viel er in seinem fürstlichen Ornate werth wäre?

Geistlicher. Wie viel war er denn werth?


Vitz. Dies thun die Hunde, weil sie Thiere sind, — wären
sie Menschen, so würden die Pudel sich nicht mit Möpsen abgeben,
und ein englischer Hund würde einen Spitz gar nicht anschauen.

Garnisons-Lieutenant. Also weil die Hunde Thiere, mit?
hin unvernünftig sind, so leben sie in Eintracht und schämen sich ih¬
rer gemeinschaftlichen Abstammung nicht, und der Mensch — dieses
vernünftige Wesen, das Ebenbild Gottes, will mit Seinesgleichen
nicht unter einem Dache wohnen? — ist der Hund nicht mehr werth,
als ein Mensch?

Geistlicher. So etwas zu sagen ist schon eine Sünde.

Adjutant. Ich finde in der Behauptung meines Kameraden
weder etwas Unwahres, noch Frevelndes, — und ich will mich sei¬
ner Sünde auch theilhaftig machen und stimme ihm bei, daß der
Hund mehr werth ist, als der Mensch, und getraue mich's zu bewei¬
sen, was mein Kamerad nur als Frage aufgeworfen hat.

Geistlicher. So beweisen Sie es!

Adjutant. Unter den vielen Beweisen, die ich in petto habe,
fange ich mit Ihnen, als geistlichem Herrn, an. Der Herr Haupt¬
mann Vitz wollte mir meinen Hund vor einigen Tagen abkaufen
und mir für selben ein Jagdgewehr geben, welches ihn zwanzig
Gulden Münze gekostet hatte.

Ritz. Das ist wahr, und wenn es Ihnen Recht ist, ich bin
noch immer bei dem Kauf.

Adjutant. Wenn Sie mir, Herr Hauptmann, eine Frage
auf Ihr Ehrenwort gewissenhaft beantworten, so können Sie heute
meinen Hund noch abholen.

Vitz. Hier ist meine Hand, — schlagen Sie ein! und nun
fragen Sie!

Adjutant. Gesetzt den Fall, ich könnte mit dem geistlichen
Herrn so frei wie mit meinem Hunde verfügen, wie viel würden
Sie mir wohl für ihn bieten? (Allgemeines Gelächter.)

Vitz (lachend.) Ich bieten? Ich mag ihn nicht geschenkt.

Mehrere Stimmen. Ich auch nicht!

In fauler i.e-L deuten ant. Ihnen geht's jetzt so, wie es dem
Kaiser erging, der dem Abte von Se. Gallen das Räthsel aufgab:
wie viel er in seinem fürstlichen Ornate werth wäre?

Geistlicher. Wie viel war er denn werth?


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[0318] Vitz. Dies thun die Hunde, weil sie Thiere sind, — wären sie Menschen, so würden die Pudel sich nicht mit Möpsen abgeben, und ein englischer Hund würde einen Spitz gar nicht anschauen. Garnisons-Lieutenant. Also weil die Hunde Thiere, mit? hin unvernünftig sind, so leben sie in Eintracht und schämen sich ih¬ rer gemeinschaftlichen Abstammung nicht, und der Mensch — dieses vernünftige Wesen, das Ebenbild Gottes, will mit Seinesgleichen nicht unter einem Dache wohnen? — ist der Hund nicht mehr werth, als ein Mensch? Geistlicher. So etwas zu sagen ist schon eine Sünde. Adjutant. Ich finde in der Behauptung meines Kameraden weder etwas Unwahres, noch Frevelndes, — und ich will mich sei¬ ner Sünde auch theilhaftig machen und stimme ihm bei, daß der Hund mehr werth ist, als der Mensch, und getraue mich's zu bewei¬ sen, was mein Kamerad nur als Frage aufgeworfen hat. Geistlicher. So beweisen Sie es! Adjutant. Unter den vielen Beweisen, die ich in petto habe, fange ich mit Ihnen, als geistlichem Herrn, an. Der Herr Haupt¬ mann Vitz wollte mir meinen Hund vor einigen Tagen abkaufen und mir für selben ein Jagdgewehr geben, welches ihn zwanzig Gulden Münze gekostet hatte. Ritz. Das ist wahr, und wenn es Ihnen Recht ist, ich bin noch immer bei dem Kauf. Adjutant. Wenn Sie mir, Herr Hauptmann, eine Frage auf Ihr Ehrenwort gewissenhaft beantworten, so können Sie heute meinen Hund noch abholen. Vitz. Hier ist meine Hand, — schlagen Sie ein! und nun fragen Sie! Adjutant. Gesetzt den Fall, ich könnte mit dem geistlichen Herrn so frei wie mit meinem Hunde verfügen, wie viel würden Sie mir wohl für ihn bieten? (Allgemeines Gelächter.) Vitz (lachend.) Ich bieten? Ich mag ihn nicht geschenkt. Mehrere Stimmen. Ich auch nicht! In fauler i.e-L deuten ant. Ihnen geht's jetzt so, wie es dem Kaiser erging, der dem Abte von Se. Gallen das Räthsel aufgab: wie viel er in seinem fürstlichen Ornate werth wäre? Geistlicher. Wie viel war er denn werth?

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/318>, abgerufen am 27.07.2024.