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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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bundestägliche Donnerkeile, wie die gegen das junge Deutschland,
eine solche Wirkung. Marggraff schrieb uns, wie sich der Leser der
Grenzboten erinnern wird , daß Heine's Reisebilder zehn Jahre nach
ihrem Erscheinen, ". 1839, in München bekannt wurden, und er
fügte noch die tröstende Bemerkung bei, daß manche Schriftsteller
darauf rechnen könnten, wenn sie in Norddeutschlands Gedächtniß
todt sind, in München wieder aufzuleben. Dann nutzt ein Bücher¬
verbot nicht nur dem Publicum, sondern auch der Regierung Nichts;
außer wenn man die Marggraff'sche Beobachtung im Auge behielte^
Jetzt müßte man jene Bücher verbieten, die in 1834 erschienen sind,
oder man sollte die diesjährigen Verbote bis 1834 jährlich einmal
von Neuem publiciren. Der neueste bairische Bannstrahl hat Bert¬
hold Auerbach's trefflichen Volkskalender "der Gevattersmann",
getroffen, von welchem sechzigtausend Exemplare gedruckt werden. Wir
fürchten aber, der Gevattersmann wird in Baiern doch nicht gelesen
werden.

-- Die Trivialität muß doch stets ihren Fliegenunrath auf die
edelsten Bilder werfen. Göthe ist bei Lebzeiten von seinen Götzen¬
dienern noch nicht genug profanirt worden. Jetzt stellen ihm die
Frankfurter ein Monument, und die Feier der Denkmalenthüllung,
die eine erhebende, erquickende, nationale hätte werden können, ist, nach
Dingelstedt's Briefen in der Allgemeinen Zeitung zu schließen, am
lautesten von Fliegenschnauz und Mückennas, von Frosch im Laub
und Grill im Gras" begangen worden. Engländer und Franzosen
werden sich an den Gelegenheitsgedichten erbauen, welche die Frank¬
furter Blätter bei dieser Gelegenheit zum Besten gaben und die nun,
sehr überflüssiger Weise, wie uns scheint, in der Augsb. Allgemeinen
angeführt und kritistrt sind. Göthe wollte das Gelegenheitsgedicht
zu Ehren bringen; vielleicht ist die Fluth von Gelegenheitsreimereien,
die sich seit Jahren über ihn ergossen hat, eine Antwort der Nemesis
darauf. Das Monument selbst findet Dingelstedt weder auf dem
rechten Platz aufgestellt, noch ganz gelungen; die Haltung der Sta¬
tue ist ausdrucksvoller in der Rauch'schen Auffassung; den Lorbeer¬
kranz trägt der Dichter in der linken Hand. Will er ihn vielleicht
irgend einem modernen Nachfolger und Ersatzmann aussetzen? Zu¬
letzt gibt Dingelstedt noch den wohlgemeinten Rath, Rednern, Denkern
und Dichtern blos Büsten in Hainen und passenden Sälen zu
widmen.




Verlag von Fr. Ludw. Hcrbist. -- Redacteur I. Kuranda-
Druck von Friedrich Andrä.

bundestägliche Donnerkeile, wie die gegen das junge Deutschland,
eine solche Wirkung. Marggraff schrieb uns, wie sich der Leser der
Grenzboten erinnern wird , daß Heine's Reisebilder zehn Jahre nach
ihrem Erscheinen, ». 1839, in München bekannt wurden, und er
fügte noch die tröstende Bemerkung bei, daß manche Schriftsteller
darauf rechnen könnten, wenn sie in Norddeutschlands Gedächtniß
todt sind, in München wieder aufzuleben. Dann nutzt ein Bücher¬
verbot nicht nur dem Publicum, sondern auch der Regierung Nichts;
außer wenn man die Marggraff'sche Beobachtung im Auge behielte^
Jetzt müßte man jene Bücher verbieten, die in 1834 erschienen sind,
oder man sollte die diesjährigen Verbote bis 1834 jährlich einmal
von Neuem publiciren. Der neueste bairische Bannstrahl hat Bert¬
hold Auerbach's trefflichen Volkskalender „der Gevattersmann",
getroffen, von welchem sechzigtausend Exemplare gedruckt werden. Wir
fürchten aber, der Gevattersmann wird in Baiern doch nicht gelesen
werden.

— Die Trivialität muß doch stets ihren Fliegenunrath auf die
edelsten Bilder werfen. Göthe ist bei Lebzeiten von seinen Götzen¬
dienern noch nicht genug profanirt worden. Jetzt stellen ihm die
Frankfurter ein Monument, und die Feier der Denkmalenthüllung,
die eine erhebende, erquickende, nationale hätte werden können, ist, nach
Dingelstedt's Briefen in der Allgemeinen Zeitung zu schließen, am
lautesten von Fliegenschnauz und Mückennas, von Frosch im Laub
und Grill im Gras" begangen worden. Engländer und Franzosen
werden sich an den Gelegenheitsgedichten erbauen, welche die Frank¬
furter Blätter bei dieser Gelegenheit zum Besten gaben und die nun,
sehr überflüssiger Weise, wie uns scheint, in der Augsb. Allgemeinen
angeführt und kritistrt sind. Göthe wollte das Gelegenheitsgedicht
zu Ehren bringen; vielleicht ist die Fluth von Gelegenheitsreimereien,
die sich seit Jahren über ihn ergossen hat, eine Antwort der Nemesis
darauf. Das Monument selbst findet Dingelstedt weder auf dem
rechten Platz aufgestellt, noch ganz gelungen; die Haltung der Sta¬
tue ist ausdrucksvoller in der Rauch'schen Auffassung; den Lorbeer¬
kranz trägt der Dichter in der linken Hand. Will er ihn vielleicht
irgend einem modernen Nachfolger und Ersatzmann aussetzen? Zu¬
letzt gibt Dingelstedt noch den wohlgemeinten Rath, Rednern, Denkern
und Dichtern blos Büsten in Hainen und passenden Sälen zu
widmen.




Verlag von Fr. Ludw. Hcrbist. — Redacteur I. Kuranda-
Druck von Friedrich Andrä.
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[0292] bundestägliche Donnerkeile, wie die gegen das junge Deutschland, eine solche Wirkung. Marggraff schrieb uns, wie sich der Leser der Grenzboten erinnern wird , daß Heine's Reisebilder zehn Jahre nach ihrem Erscheinen, ». 1839, in München bekannt wurden, und er fügte noch die tröstende Bemerkung bei, daß manche Schriftsteller darauf rechnen könnten, wenn sie in Norddeutschlands Gedächtniß todt sind, in München wieder aufzuleben. Dann nutzt ein Bücher¬ verbot nicht nur dem Publicum, sondern auch der Regierung Nichts; außer wenn man die Marggraff'sche Beobachtung im Auge behielte^ Jetzt müßte man jene Bücher verbieten, die in 1834 erschienen sind, oder man sollte die diesjährigen Verbote bis 1834 jährlich einmal von Neuem publiciren. Der neueste bairische Bannstrahl hat Bert¬ hold Auerbach's trefflichen Volkskalender „der Gevattersmann", getroffen, von welchem sechzigtausend Exemplare gedruckt werden. Wir fürchten aber, der Gevattersmann wird in Baiern doch nicht gelesen werden. — Die Trivialität muß doch stets ihren Fliegenunrath auf die edelsten Bilder werfen. Göthe ist bei Lebzeiten von seinen Götzen¬ dienern noch nicht genug profanirt worden. Jetzt stellen ihm die Frankfurter ein Monument, und die Feier der Denkmalenthüllung, die eine erhebende, erquickende, nationale hätte werden können, ist, nach Dingelstedt's Briefen in der Allgemeinen Zeitung zu schließen, am lautesten von Fliegenschnauz und Mückennas, von Frosch im Laub und Grill im Gras" begangen worden. Engländer und Franzosen werden sich an den Gelegenheitsgedichten erbauen, welche die Frank¬ furter Blätter bei dieser Gelegenheit zum Besten gaben und die nun, sehr überflüssiger Weise, wie uns scheint, in der Augsb. Allgemeinen angeführt und kritistrt sind. Göthe wollte das Gelegenheitsgedicht zu Ehren bringen; vielleicht ist die Fluth von Gelegenheitsreimereien, die sich seit Jahren über ihn ergossen hat, eine Antwort der Nemesis darauf. Das Monument selbst findet Dingelstedt weder auf dem rechten Platz aufgestellt, noch ganz gelungen; die Haltung der Sta¬ tue ist ausdrucksvoller in der Rauch'schen Auffassung; den Lorbeer¬ kranz trägt der Dichter in der linken Hand. Will er ihn vielleicht irgend einem modernen Nachfolger und Ersatzmann aussetzen? Zu¬ letzt gibt Dingelstedt noch den wohlgemeinten Rath, Rednern, Denkern und Dichtern blos Büsten in Hainen und passenden Sälen zu widmen. Verlag von Fr. Ludw. Hcrbist. — Redacteur I. Kuranda- Druck von Friedrich Andrä.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/292>, abgerufen am 05.12.2024.