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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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Ueber die commerciellen Verhältnisse der
deutschen Stational-Literatur.



Eugen Sue's "Geheimnisse von Paris" und der noch unter der
Presse befindliche "ewige Jude" sind für den deutschen Buchhandel
in lucrativer wie in juridischer Hinsicht so außerordentliche Erschei¬
nungen geworden, daß man sie als Wendepunkte des belletristischen
Verlagsgeschäfts betrachten kann. Es drängen sich dem Sachkenner
manche nationale und commerciell-literarische Interessen zur Bespre¬
chung auf, die nicht blos den Verlagsbuchhändler und Autor, sondern
jeden Freund der nationalen Literatur und die Lesewelt überhaupt
berühren.

Auf diesem Felde fand bisher, im Vergleiche mit Frankreich und
England, von Seite der Verleger ein unbegreiflich negatives Absatz¬
verfahren statt. In jenen Ländern wird für einen Roman oder eine
Novellensammlung positiv auf einen starken Absatz gerechnet, so bald
man das Buch einmal der Herausgabe werth hält. Man macht
daher eine ansehnliche Auflage und stellt für das Exemplar einen
sehr niedrigen Preis, wodurch das Werk wenigstens den bemittelteren
Bücherfreunden als Eigenthum, und nicht blos als Lectüre zugäng¬
lich, und so in den meisten Fällen ein gutes, bei ausgezeichnetem
Stoff und Darstellungstalent auch ein glänzendes Geschäft erzielt
wird. Es gehört die Begünstigung irgend eines Romans zur Tages-
mode, und er fehlt in keinem eleganten Boudoir, während bei uns
der Enthusiasmus auch bei den Werken der Verfasserin von "God-
Wie-Castle" sich mit den Leihbibliotheken behilft und Höchsteiis die
bedeutenderen Anstalten der Art zu schnellerer geistiger Durstlöschung
zehn bis fünfzehn Eremplare anschaffen läßt. Gleichwohl dringen


Ueber die commerciellen Verhältnisse der
deutschen Stational-Literatur.



Eugen Sue's „Geheimnisse von Paris" und der noch unter der
Presse befindliche „ewige Jude" sind für den deutschen Buchhandel
in lucrativer wie in juridischer Hinsicht so außerordentliche Erschei¬
nungen geworden, daß man sie als Wendepunkte des belletristischen
Verlagsgeschäfts betrachten kann. Es drängen sich dem Sachkenner
manche nationale und commerciell-literarische Interessen zur Bespre¬
chung auf, die nicht blos den Verlagsbuchhändler und Autor, sondern
jeden Freund der nationalen Literatur und die Lesewelt überhaupt
berühren.

Auf diesem Felde fand bisher, im Vergleiche mit Frankreich und
England, von Seite der Verleger ein unbegreiflich negatives Absatz¬
verfahren statt. In jenen Ländern wird für einen Roman oder eine
Novellensammlung positiv auf einen starken Absatz gerechnet, so bald
man das Buch einmal der Herausgabe werth hält. Man macht
daher eine ansehnliche Auflage und stellt für das Exemplar einen
sehr niedrigen Preis, wodurch das Werk wenigstens den bemittelteren
Bücherfreunden als Eigenthum, und nicht blos als Lectüre zugäng¬
lich, und so in den meisten Fällen ein gutes, bei ausgezeichnetem
Stoff und Darstellungstalent auch ein glänzendes Geschäft erzielt
wird. Es gehört die Begünstigung irgend eines Romans zur Tages-
mode, und er fehlt in keinem eleganten Boudoir, während bei uns
der Enthusiasmus auch bei den Werken der Verfasserin von „God-
Wie-Castle" sich mit den Leihbibliotheken behilft und Höchsteiis die
bedeutenderen Anstalten der Art zu schnellerer geistiger Durstlöschung
zehn bis fünfzehn Eremplare anschaffen läßt. Gleichwohl dringen


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[0026] Ueber die commerciellen Verhältnisse der deutschen Stational-Literatur. Eugen Sue's „Geheimnisse von Paris" und der noch unter der Presse befindliche „ewige Jude" sind für den deutschen Buchhandel in lucrativer wie in juridischer Hinsicht so außerordentliche Erschei¬ nungen geworden, daß man sie als Wendepunkte des belletristischen Verlagsgeschäfts betrachten kann. Es drängen sich dem Sachkenner manche nationale und commerciell-literarische Interessen zur Bespre¬ chung auf, die nicht blos den Verlagsbuchhändler und Autor, sondern jeden Freund der nationalen Literatur und die Lesewelt überhaupt berühren. Auf diesem Felde fand bisher, im Vergleiche mit Frankreich und England, von Seite der Verleger ein unbegreiflich negatives Absatz¬ verfahren statt. In jenen Ländern wird für einen Roman oder eine Novellensammlung positiv auf einen starken Absatz gerechnet, so bald man das Buch einmal der Herausgabe werth hält. Man macht daher eine ansehnliche Auflage und stellt für das Exemplar einen sehr niedrigen Preis, wodurch das Werk wenigstens den bemittelteren Bücherfreunden als Eigenthum, und nicht blos als Lectüre zugäng¬ lich, und so in den meisten Fällen ein gutes, bei ausgezeichnetem Stoff und Darstellungstalent auch ein glänzendes Geschäft erzielt wird. Es gehört die Begünstigung irgend eines Romans zur Tages- mode, und er fehlt in keinem eleganten Boudoir, während bei uns der Enthusiasmus auch bei den Werken der Verfasserin von „God- Wie-Castle" sich mit den Leihbibliotheken behilft und Höchsteiis die bedeutenderen Anstalten der Art zu schnellerer geistiger Durstlöschung zehn bis fünfzehn Eremplare anschaffen läßt. Gleichwohl dringen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/26>, abgerufen am 05.12.2024.