Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.drücken, weil er von vornherein schon etwas verschroben gehalten ist; -- Wieder gehen nächstens zwei junge Dichter aus Oesterreich -- Wenn man nicht so viel Esprit, Geschmack und Wissenschaft drücken, weil er von vornherein schon etwas verschroben gehalten ist; — Wieder gehen nächstens zwei junge Dichter aus Oesterreich — Wenn man nicht so viel Esprit, Geschmack und Wissenschaft <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0240" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/181424"/> <p xml:id="ID_653" prev="#ID_652"> drücken, weil er von vornherein schon etwas verschroben gehalten ist;<lb/> eben so wenig die thatenheischende, stelzenhaft spartanische, hysterische<lb/> Dame von Adel, die ihn aus Liebe haßt. Vortrefflich sind einige<lb/> Schlachtgemälde, aber auch nicht grade als Gemälde deutsch-französi¬<lb/> scher Schlachten. Von politischer Bedeutung ist die Novelle nur in<lb/> ihrer Zeichnung der vornehmen Gesellschaft, und Sternberg schwingt<lb/> da oft die Geißel mit großer Aufrichtigkeit und noch größerem Geschick;<lb/> jene würde ihm mancher „Gcsiimungsschriftsteller" nicht zutrauen, in<lb/> diesem kaum einer ihm gleich kommen. Von dem demokratischen<lb/> Geist, der sich damals entwickelte, ist hier wenig zu spüren, wohl<lb/> aber sehen wir den Umschwung in den Ansichten des kleinlauter ge¬<lb/> wordenen Adels. Eine sehr geistreiche Episode, die König nicht er¬<lb/> wähnt, ist der Briefwechsel zwischen der pietistischen Krüdener und<lb/> einem wüsten Junker, den sie bekehren will. So ist Jena und Leipzig<lb/> eine Sammlung schöner Episoden und origineller Partien, im Rahmen<lb/> einer historischen Novelle. — Wie Sternberg viel von seiner Virtuo¬<lb/> sität verliert, wenn er die Rococozeit und die aristokratischen Kreise<lb/> verläßt, so wird König auf dem Salonparket immer in etwas ver¬<lb/> legene Stellung kommen. Sein neuestes Buch „Veronica" enthält<lb/> viel -Feingedachtes, warm Durchgeführtes, aber auch viel Störendes.<lb/> Die wiederbekehrte, von Jesuiten zum Wahnsinn getriebene Gräfin<lb/> ist sehr wirksam, aber ist sie auch poetisch? Die übrigen Figuren<lb/> sind dafür um so anziehender. Wir wünschen König für seine No¬<lb/> vellen einen Kritiker, wie er selbst ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_654"> — Wieder gehen nächstens zwei junge Dichter aus Oesterreich<lb/> unter Segel auf das große Meer der deutschen Literatur. Beide sind<lb/> aus Böhmen und vertreten in schöner Weise die deutsche Poesie in<lb/> dem halbslavischen Lande. Wir verweisen auf die dritte Nummer im<lb/> I. Semester der Grenzboten dieses Jahres (über „deutsche Literatur<lb/> in Böhmen"), wo wir ihrer gedachten. Alfred Meißner's Gedichte,<lb/> die durch edlen Schwung und sinnige Zartheit oft überraschend sind,<lb/> werden bei Reclam in Leipzig erscheinen. Hartmann's Dichtungen<lb/> erscheinen bei I. I. Weber. Reiche Anschauung und gemüthstiese<lb/> Auffassung von Zeit und Welt sind ihnen besonders nachzurühmen.</p><lb/> <p xml:id="ID_655" next="#ID_656"> — Wenn man nicht so viel Esprit, Geschmack und Wissenschaft<lb/> in Bewegung setzen, wenn man nicht über so viel glänzende und ele¬<lb/> gante Federn gebieten kann, wie Cotta's AugSb. Allgemeine, so muß<lb/> man gar nicht allgemeine Zeitung sein. Denn so große Organe<lb/> sind bei uns nicht möglich ohne Abhängigkeit von der einen oder an¬<lb/> dern Großmacht; (Oesterreich ist beschränkender, Preußen launischer,<lb/> wie die Leipziger Allgemeine empfunden) und diese Blöße zu bedecken,<lb/> braucht man viel Sinn- und lehrreiche Arabesken, viel Tapeten mit</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0240]
drücken, weil er von vornherein schon etwas verschroben gehalten ist;
eben so wenig die thatenheischende, stelzenhaft spartanische, hysterische
Dame von Adel, die ihn aus Liebe haßt. Vortrefflich sind einige
Schlachtgemälde, aber auch nicht grade als Gemälde deutsch-französi¬
scher Schlachten. Von politischer Bedeutung ist die Novelle nur in
ihrer Zeichnung der vornehmen Gesellschaft, und Sternberg schwingt
da oft die Geißel mit großer Aufrichtigkeit und noch größerem Geschick;
jene würde ihm mancher „Gcsiimungsschriftsteller" nicht zutrauen, in
diesem kaum einer ihm gleich kommen. Von dem demokratischen
Geist, der sich damals entwickelte, ist hier wenig zu spüren, wohl
aber sehen wir den Umschwung in den Ansichten des kleinlauter ge¬
wordenen Adels. Eine sehr geistreiche Episode, die König nicht er¬
wähnt, ist der Briefwechsel zwischen der pietistischen Krüdener und
einem wüsten Junker, den sie bekehren will. So ist Jena und Leipzig
eine Sammlung schöner Episoden und origineller Partien, im Rahmen
einer historischen Novelle. — Wie Sternberg viel von seiner Virtuo¬
sität verliert, wenn er die Rococozeit und die aristokratischen Kreise
verläßt, so wird König auf dem Salonparket immer in etwas ver¬
legene Stellung kommen. Sein neuestes Buch „Veronica" enthält
viel -Feingedachtes, warm Durchgeführtes, aber auch viel Störendes.
Die wiederbekehrte, von Jesuiten zum Wahnsinn getriebene Gräfin
ist sehr wirksam, aber ist sie auch poetisch? Die übrigen Figuren
sind dafür um so anziehender. Wir wünschen König für seine No¬
vellen einen Kritiker, wie er selbst ist.
— Wieder gehen nächstens zwei junge Dichter aus Oesterreich
unter Segel auf das große Meer der deutschen Literatur. Beide sind
aus Böhmen und vertreten in schöner Weise die deutsche Poesie in
dem halbslavischen Lande. Wir verweisen auf die dritte Nummer im
I. Semester der Grenzboten dieses Jahres (über „deutsche Literatur
in Böhmen"), wo wir ihrer gedachten. Alfred Meißner's Gedichte,
die durch edlen Schwung und sinnige Zartheit oft überraschend sind,
werden bei Reclam in Leipzig erscheinen. Hartmann's Dichtungen
erscheinen bei I. I. Weber. Reiche Anschauung und gemüthstiese
Auffassung von Zeit und Welt sind ihnen besonders nachzurühmen.
— Wenn man nicht so viel Esprit, Geschmack und Wissenschaft
in Bewegung setzen, wenn man nicht über so viel glänzende und ele¬
gante Federn gebieten kann, wie Cotta's AugSb. Allgemeine, so muß
man gar nicht allgemeine Zeitung sein. Denn so große Organe
sind bei uns nicht möglich ohne Abhängigkeit von der einen oder an¬
dern Großmacht; (Oesterreich ist beschränkender, Preußen launischer,
wie die Leipziger Allgemeine empfunden) und diese Blöße zu bedecken,
braucht man viel Sinn- und lehrreiche Arabesken, viel Tapeten mit
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