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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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Die deutsche Verfasserin aber will die französische Pikanterie mit
hochdeutschen Jdeenschwung und die Blasirtheit der conversationellen
Welt mit modernen Tendenzen amalgamtren. Poetische Seelen find nicht
so charakterlos; höhere weibliche Naturen sind, namentlich im Ent¬
behren, einer Charakterfestigkeit fähig, welche selbst die männliche
überragt. Eine Lydia aber, die ihrem Lothar gegenüber so kleinlich
handeln kann, wird nachher keine Weltschmerzlerin, außer in der
spöttischen Bedeutung des Wortes. Das "Hieroglyphische" dieser
Lydia liegt lediglich in ihrer Unnatur. -- Lothar ist, ganz im Ge-
gensatze zur Heldin, in ein idealisch-sentimentales Licht gestellt; Fried¬
rich, seine Mutter und Sivry, ein Jndustrieritter, freilich sehr ge¬
wöhnliche Figuren, sind am wahrsten gehalten.




GrtNjKotw "84". ii.2S

Die deutsche Verfasserin aber will die französische Pikanterie mit
hochdeutschen Jdeenschwung und die Blasirtheit der conversationellen
Welt mit modernen Tendenzen amalgamtren. Poetische Seelen find nicht
so charakterlos; höhere weibliche Naturen sind, namentlich im Ent¬
behren, einer Charakterfestigkeit fähig, welche selbst die männliche
überragt. Eine Lydia aber, die ihrem Lothar gegenüber so kleinlich
handeln kann, wird nachher keine Weltschmerzlerin, außer in der
spöttischen Bedeutung des Wortes. Das „Hieroglyphische" dieser
Lydia liegt lediglich in ihrer Unnatur. — Lothar ist, ganz im Ge-
gensatze zur Heldin, in ein idealisch-sentimentales Licht gestellt; Fried¬
rich, seine Mutter und Sivry, ein Jndustrieritter, freilich sehr ge¬
wöhnliche Figuren, sind am wahrsten gehalten.




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[0229] Die deutsche Verfasserin aber will die französische Pikanterie mit hochdeutschen Jdeenschwung und die Blasirtheit der conversationellen Welt mit modernen Tendenzen amalgamtren. Poetische Seelen find nicht so charakterlos; höhere weibliche Naturen sind, namentlich im Ent¬ behren, einer Charakterfestigkeit fähig, welche selbst die männliche überragt. Eine Lydia aber, die ihrem Lothar gegenüber so kleinlich handeln kann, wird nachher keine Weltschmerzlerin, außer in der spöttischen Bedeutung des Wortes. Das „Hieroglyphische" dieser Lydia liegt lediglich in ihrer Unnatur. — Lothar ist, ganz im Ge- gensatze zur Heldin, in ein idealisch-sentimentales Licht gestellt; Fried¬ rich, seine Mutter und Sivry, ein Jndustrieritter, freilich sehr ge¬ wöhnliche Figuren, sind am wahrsten gehalten. GrtNjKotw »84«. ii.2S

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/229>, abgerufen am 05.12.2024.