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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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Municipalbeamte wählt. Durch das berühmte Paser echt wird ein
königlicher Beschluß hier erst dann verpflichtendes Landesgesetz, wenn
ihm durch die Abgeordneten der Provinzen der Pase ertheilt ist.
Die Provinzen hatten ihr abgesondertes Finanzwesen, das, von dem
des Staats ganz unabhängig, unter der besondern Leitung einer
Rechnungskammer stand; sie entrichteten nur geringe Abgaben in der
Form von freiwilligen Geschenken, die sie nach eigner Vertheilung
und Rücksicht erhoben; weder die Zoll- noch die Stempelgesetze des
übrigen Landes waren bei ihnen zugelassen, eben so wenig verschie¬
dene im Reiche giltige Staatsmonopole, wie die des Tabaks und
Schießpulvers; die Aushebung (Quinta) für die königliche Armee
und Marine war in den Provinzen nicht zugelassen, nur an der
Landesgrenze und in den Festungen lagen königliche Truppen, im
Falle eines Kriegs aber mußten sie sich in Masse erheben, lind dann
war namentlich auch der gesammte Adel, zu dem sich übrigens fast
alle Basken zählen, wehrpflichtig. Zu diesen Freiheiten kam noch
eine Menge persönlicher Vorrechte, so durfte z. B. kein Basko-Na-
varrese vor gerichtlichem Urtheil verhaftet, keiner unter einem Um¬
stand seiner Waffen, seines Pferdes und seiner Sporen beraubt
werden. --

Mit vollem Recht bezeichnet man Navarra und die Baökischen
Provinzen (in Spanien gewöhnlich die Provinzen --a-r' ^Ko^v ge¬
nannt) als den gewerbthätigsten, bevölkertsten und reichsten Theil der
Halbinsel, der nicht blos durch die günstige Lage gegen den Conti-
nent und das Meer, und durch die freie Verfassung bevorzugt ist,
sondern durch die Sitten des Landes und den frischen, fortstrebenden
Geist seiner Bewohner sich dieser Vorzüge würdig erweist. Die Ge¬
birge, reich an Metallen, namentlich an Eisen und Kupfer, belebt
überall das thätige Treiben von Schmieden, Hochöfen, Hammerwer¬
ken und Gießereien, zu deren Betrieb Waldungen und Steinkohlen¬
gruben in Menge vorhanden sind. Fabrikate aller Art, besonders
Waffen (die hier aus alten Hufeisen von Maulthieren gegossenen
Kanonen werden als vorzüglich genannt), kurze Eisenwaaren und
Utensilien aller Art werden in großer Masse verarbeitet; die Thäler
und Ebenen, namentlich die Ebenen von Alava, sind für den Acker¬
bau höchst ergiebig und liefern vor Allem herrlichen Waizen und
Mais; die Höhen, besonders in Guivozcoa, haben herrliche Weiden


Municipalbeamte wählt. Durch das berühmte Paser echt wird ein
königlicher Beschluß hier erst dann verpflichtendes Landesgesetz, wenn
ihm durch die Abgeordneten der Provinzen der Pase ertheilt ist.
Die Provinzen hatten ihr abgesondertes Finanzwesen, das, von dem
des Staats ganz unabhängig, unter der besondern Leitung einer
Rechnungskammer stand; sie entrichteten nur geringe Abgaben in der
Form von freiwilligen Geschenken, die sie nach eigner Vertheilung
und Rücksicht erhoben; weder die Zoll- noch die Stempelgesetze des
übrigen Landes waren bei ihnen zugelassen, eben so wenig verschie¬
dene im Reiche giltige Staatsmonopole, wie die des Tabaks und
Schießpulvers; die Aushebung (Quinta) für die königliche Armee
und Marine war in den Provinzen nicht zugelassen, nur an der
Landesgrenze und in den Festungen lagen königliche Truppen, im
Falle eines Kriegs aber mußten sie sich in Masse erheben, lind dann
war namentlich auch der gesammte Adel, zu dem sich übrigens fast
alle Basken zählen, wehrpflichtig. Zu diesen Freiheiten kam noch
eine Menge persönlicher Vorrechte, so durfte z. B. kein Basko-Na-
varrese vor gerichtlichem Urtheil verhaftet, keiner unter einem Um¬
stand seiner Waffen, seines Pferdes und seiner Sporen beraubt
werden. —

Mit vollem Recht bezeichnet man Navarra und die Baökischen
Provinzen (in Spanien gewöhnlich die Provinzen --a-r' ^Ko^v ge¬
nannt) als den gewerbthätigsten, bevölkertsten und reichsten Theil der
Halbinsel, der nicht blos durch die günstige Lage gegen den Conti-
nent und das Meer, und durch die freie Verfassung bevorzugt ist,
sondern durch die Sitten des Landes und den frischen, fortstrebenden
Geist seiner Bewohner sich dieser Vorzüge würdig erweist. Die Ge¬
birge, reich an Metallen, namentlich an Eisen und Kupfer, belebt
überall das thätige Treiben von Schmieden, Hochöfen, Hammerwer¬
ken und Gießereien, zu deren Betrieb Waldungen und Steinkohlen¬
gruben in Menge vorhanden sind. Fabrikate aller Art, besonders
Waffen (die hier aus alten Hufeisen von Maulthieren gegossenen
Kanonen werden als vorzüglich genannt), kurze Eisenwaaren und
Utensilien aller Art werden in großer Masse verarbeitet; die Thäler
und Ebenen, namentlich die Ebenen von Alava, sind für den Acker¬
bau höchst ergiebig und liefern vor Allem herrlichen Waizen und
Mais; die Höhen, besonders in Guivozcoa, haben herrliche Weiden


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[0217] Municipalbeamte wählt. Durch das berühmte Paser echt wird ein königlicher Beschluß hier erst dann verpflichtendes Landesgesetz, wenn ihm durch die Abgeordneten der Provinzen der Pase ertheilt ist. Die Provinzen hatten ihr abgesondertes Finanzwesen, das, von dem des Staats ganz unabhängig, unter der besondern Leitung einer Rechnungskammer stand; sie entrichteten nur geringe Abgaben in der Form von freiwilligen Geschenken, die sie nach eigner Vertheilung und Rücksicht erhoben; weder die Zoll- noch die Stempelgesetze des übrigen Landes waren bei ihnen zugelassen, eben so wenig verschie¬ dene im Reiche giltige Staatsmonopole, wie die des Tabaks und Schießpulvers; die Aushebung (Quinta) für die königliche Armee und Marine war in den Provinzen nicht zugelassen, nur an der Landesgrenze und in den Festungen lagen königliche Truppen, im Falle eines Kriegs aber mußten sie sich in Masse erheben, lind dann war namentlich auch der gesammte Adel, zu dem sich übrigens fast alle Basken zählen, wehrpflichtig. Zu diesen Freiheiten kam noch eine Menge persönlicher Vorrechte, so durfte z. B. kein Basko-Na- varrese vor gerichtlichem Urtheil verhaftet, keiner unter einem Um¬ stand seiner Waffen, seines Pferdes und seiner Sporen beraubt werden. — Mit vollem Recht bezeichnet man Navarra und die Baökischen Provinzen (in Spanien gewöhnlich die Provinzen --a-r' ^Ko^v ge¬ nannt) als den gewerbthätigsten, bevölkertsten und reichsten Theil der Halbinsel, der nicht blos durch die günstige Lage gegen den Conti- nent und das Meer, und durch die freie Verfassung bevorzugt ist, sondern durch die Sitten des Landes und den frischen, fortstrebenden Geist seiner Bewohner sich dieser Vorzüge würdig erweist. Die Ge¬ birge, reich an Metallen, namentlich an Eisen und Kupfer, belebt überall das thätige Treiben von Schmieden, Hochöfen, Hammerwer¬ ken und Gießereien, zu deren Betrieb Waldungen und Steinkohlen¬ gruben in Menge vorhanden sind. Fabrikate aller Art, besonders Waffen (die hier aus alten Hufeisen von Maulthieren gegossenen Kanonen werden als vorzüglich genannt), kurze Eisenwaaren und Utensilien aller Art werden in großer Masse verarbeitet; die Thäler und Ebenen, namentlich die Ebenen von Alava, sind für den Acker¬ bau höchst ergiebig und liefern vor Allem herrlichen Waizen und Mais; die Höhen, besonders in Guivozcoa, haben herrliche Weiden

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/217>, abgerufen am 01.09.2024.