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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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Schlosser, der Geschichtschreiber. ^



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Eine allgemeine Geschichte, welche der Kenner mit gutem
Gewissen hätte empfehlen können, fehlte bisher unserer Literatur. Der
Geschichtschreiber mußte verlegen werden, wenn ihn Jemand fragte
(und das ist wohl jedem Historiker oft genug begegnet), welches all¬
gemeine Geschichtsbuch er denn zur Anschaffung empfehle. Das Pub-
licum und der Haufe derer, welche, ohne historische Studien gemacht
zu haben, Geschichte lehren, behalf sich mit zwei Werken, die, in ei¬
ner Menge von Auflagen verbreitet, längst veraltet sind, den Dar¬
stellungen Becker's und Rotteck's. K. F. Becker unternahm es
am Ende des vorigen Jahrhunderts, die Jugend mit dem Gange der
Begebenheiten auf eine angenehme Art bekannt zu machen. Er wollte
keine Skizze entwerfen, sondern ihr mit einer ausführlichen Erzählung
nützlich werden. Er hatte eine ziemlich umfassende Kenntniß unserer
Literatur und selbst einige Bekanntschaft mit den Quellen, dabei ver¬
stand er, das Anziehende und zugleich Wichtige aus der Geschichte
des Stoffes geschickt herauszuheben und in einem leichten, ansprechen¬
den Tone zu erzählen. So besaß er alle Eigenschaften, um ein gu¬
tes Buch für die Jugend zu schreiben, und sein Werk verdiente den
großen Beifall, den es sogleich fand. Neun Bände hatte er beendigt,
als er starb, den !!>. März I8V6, erst neununddreißig Jahre alt.
Weltmann, ein gewandter Darsteller, übernahm die Fortsetzung des
schon in zweiter Auflage erschienenen Werks und die Ausmerzung
von Fehlern bei den neuen Ausgaben. Als man sah, wie allgemein
dieses Buch Eingang fand, und als man den Bildungsstand des
Volkes in Erwägung zog, glaubte man, daß sich für Erwachsene
eigne, was den Kindern zur Kost bestimmt war, und verwischte in
unglücklichen Ueberarbeitungen von Lo'bell und Duncker den naiven
Ton Becker'S. Die Becker'sche Weltgeschichte ist, wie sie jetzt vorliegt,


Grmzvoten 1844. II. 2L"
Schlosser, der Geschichtschreiber. ^



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Eine allgemeine Geschichte, welche der Kenner mit gutem
Gewissen hätte empfehlen können, fehlte bisher unserer Literatur. Der
Geschichtschreiber mußte verlegen werden, wenn ihn Jemand fragte
(und das ist wohl jedem Historiker oft genug begegnet), welches all¬
gemeine Geschichtsbuch er denn zur Anschaffung empfehle. Das Pub-
licum und der Haufe derer, welche, ohne historische Studien gemacht
zu haben, Geschichte lehren, behalf sich mit zwei Werken, die, in ei¬
ner Menge von Auflagen verbreitet, längst veraltet sind, den Dar¬
stellungen Becker's und Rotteck's. K. F. Becker unternahm es
am Ende des vorigen Jahrhunderts, die Jugend mit dem Gange der
Begebenheiten auf eine angenehme Art bekannt zu machen. Er wollte
keine Skizze entwerfen, sondern ihr mit einer ausführlichen Erzählung
nützlich werden. Er hatte eine ziemlich umfassende Kenntniß unserer
Literatur und selbst einige Bekanntschaft mit den Quellen, dabei ver¬
stand er, das Anziehende und zugleich Wichtige aus der Geschichte
des Stoffes geschickt herauszuheben und in einem leichten, ansprechen¬
den Tone zu erzählen. So besaß er alle Eigenschaften, um ein gu¬
tes Buch für die Jugend zu schreiben, und sein Werk verdiente den
großen Beifall, den es sogleich fand. Neun Bände hatte er beendigt,
als er starb, den !!>. März I8V6, erst neununddreißig Jahre alt.
Weltmann, ein gewandter Darsteller, übernahm die Fortsetzung des
schon in zweiter Auflage erschienenen Werks und die Ausmerzung
von Fehlern bei den neuen Ausgaben. Als man sah, wie allgemein
dieses Buch Eingang fand, und als man den Bildungsstand des
Volkes in Erwägung zog, glaubte man, daß sich für Erwachsene
eigne, was den Kindern zur Kost bestimmt war, und verwischte in
unglücklichen Ueberarbeitungen von Lo'bell und Duncker den naiven
Ton Becker'S. Die Becker'sche Weltgeschichte ist, wie sie jetzt vorliegt,


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[0197] Schlosser, der Geschichtschreiber. ^ - Eine allgemeine Geschichte, welche der Kenner mit gutem Gewissen hätte empfehlen können, fehlte bisher unserer Literatur. Der Geschichtschreiber mußte verlegen werden, wenn ihn Jemand fragte (und das ist wohl jedem Historiker oft genug begegnet), welches all¬ gemeine Geschichtsbuch er denn zur Anschaffung empfehle. Das Pub- licum und der Haufe derer, welche, ohne historische Studien gemacht zu haben, Geschichte lehren, behalf sich mit zwei Werken, die, in ei¬ ner Menge von Auflagen verbreitet, längst veraltet sind, den Dar¬ stellungen Becker's und Rotteck's. K. F. Becker unternahm es am Ende des vorigen Jahrhunderts, die Jugend mit dem Gange der Begebenheiten auf eine angenehme Art bekannt zu machen. Er wollte keine Skizze entwerfen, sondern ihr mit einer ausführlichen Erzählung nützlich werden. Er hatte eine ziemlich umfassende Kenntniß unserer Literatur und selbst einige Bekanntschaft mit den Quellen, dabei ver¬ stand er, das Anziehende und zugleich Wichtige aus der Geschichte des Stoffes geschickt herauszuheben und in einem leichten, ansprechen¬ den Tone zu erzählen. So besaß er alle Eigenschaften, um ein gu¬ tes Buch für die Jugend zu schreiben, und sein Werk verdiente den großen Beifall, den es sogleich fand. Neun Bände hatte er beendigt, als er starb, den !!>. März I8V6, erst neununddreißig Jahre alt. Weltmann, ein gewandter Darsteller, übernahm die Fortsetzung des schon in zweiter Auflage erschienenen Werks und die Ausmerzung von Fehlern bei den neuen Ausgaben. Als man sah, wie allgemein dieses Buch Eingang fand, und als man den Bildungsstand des Volkes in Erwägung zog, glaubte man, daß sich für Erwachsene eigne, was den Kindern zur Kost bestimmt war, und verwischte in unglücklichen Ueberarbeitungen von Lo'bell und Duncker den naiven Ton Becker'S. Die Becker'sche Weltgeschichte ist, wie sie jetzt vorliegt, Grmzvoten 1844. II. 2L»

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/197>, abgerufen am 05.12.2024.