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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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-- Die hohen Herrn, die bei jedem journalistischen Mückenstich
gleich über Preßsrechheit schreien, sollten sich doch an den Schriftstellern
ein Beispiel nehmen, die oft eben so viel und noch mehr von ihrem
Lieblingskind: Presse zu leiden haben und doch nicht murren. Ein
Journalist, namentlich ein liberaler, kann nicht genug über seinen
guten Ruf wachen. Man beobachtet ihn, als wäre er eine reizende
junge Wittwe. Denn die häufigen Metamorphosen, die mit Boscoschcr
Geschwindigkeit aus Nachtwandlern Hofräthe machen, haben dem Arg¬
wohn einige Argusaugen mehr gegeben. Kaum war Eduard Dukter
einige Wochen in Wien, so beeilte sich das Gerücht, ihn, so wie Schu-
stlka, in der Staatskanzlei anzustellen und zum Concipisten, Hvfse-
cretar in. avanciren zu lassen, Gottlob, Dukter ist gerettet! Er Ist
noch bei Zeiten nach Darmstadt zurückgereist, er wird weder Hoscon-
cipist noch Minister, sondern bleibt Redacteur des "Vaterland".

-- Entgegnung. In einem der letzten Hefte der "Grenz-
boten" werde ich in eine über die literarischen Verdienste der Frau
v. Bacheracht dort begonnene Fehde verwickelt und für einen in der
"Jllustrirten Zeitung" (Nro. 47, vom 18. Mai d. I.) erschienenen
Aufsatz über diese Schriftstellerin -- verantwortlich gemacht. Weit
entfernt, die Autorschaft jenes Artikels läugnen zu wollen, frage ich
nur -- mit directer Berufung an Hitzig, Schellwitz und die Allgem.
Preßzcitung -- in wie fern Jemand wegen einer subjectiven An¬
sicht von Büchern und Autoren, die nur als solche sich darstellt, in
der ernsthaften Bedeutung des Wortes, verantwortlich gemacht wer¬
den kann? -- Ich denke, die ausgesprochene Ansicht von literarischen
Dingen wird höchstens literarischen Widerspruch hervorrufen können
und fo das vielleicht nöthige Gegengewicht finden. Was ich über die
bezüglichen Werke und deren Verfasserin Lobendes gesagt, stimmt übri¬
gens mit viel gewichtigeren Urtheilen, als das meinige, die in den
geachteten Zeitschriften zu finden waren, überein. Protestiren muß
ich noch gegen die neulich in den "Grenzboten" ausgesprochene Be¬
hauptung, ich hätte diese Dame in der "Jllustrirten Zeitung" neben
oder gar über George Sand gestellt. Diese Rüge war rein aus der
Luft gegriffen. In Bezug auf eine solche unstatthafte Parallele wurde
Nichts als die Verwandtschaft der Grundidee berührt, welche zwischen
dem Roman "Leone Leoni" der Sand und dem "Falkenberg" von
Therese obwaltet, und die der Kritik nicht entgangen war.


Jos> Mendelssohn.


Verlag von Fr. Lndw. .Herbig. -- Redacteur Z, Kacailix"-
Druck von Friedrich Andrä.

— Die hohen Herrn, die bei jedem journalistischen Mückenstich
gleich über Preßsrechheit schreien, sollten sich doch an den Schriftstellern
ein Beispiel nehmen, die oft eben so viel und noch mehr von ihrem
Lieblingskind: Presse zu leiden haben und doch nicht murren. Ein
Journalist, namentlich ein liberaler, kann nicht genug über seinen
guten Ruf wachen. Man beobachtet ihn, als wäre er eine reizende
junge Wittwe. Denn die häufigen Metamorphosen, die mit Boscoschcr
Geschwindigkeit aus Nachtwandlern Hofräthe machen, haben dem Arg¬
wohn einige Argusaugen mehr gegeben. Kaum war Eduard Dukter
einige Wochen in Wien, so beeilte sich das Gerücht, ihn, so wie Schu-
stlka, in der Staatskanzlei anzustellen und zum Concipisten, Hvfse-
cretar in. avanciren zu lassen, Gottlob, Dukter ist gerettet! Er Ist
noch bei Zeiten nach Darmstadt zurückgereist, er wird weder Hoscon-
cipist noch Minister, sondern bleibt Redacteur des „Vaterland".

— Entgegnung. In einem der letzten Hefte der „Grenz-
boten" werde ich in eine über die literarischen Verdienste der Frau
v. Bacheracht dort begonnene Fehde verwickelt und für einen in der
„Jllustrirten Zeitung" (Nro. 47, vom 18. Mai d. I.) erschienenen
Aufsatz über diese Schriftstellerin — verantwortlich gemacht. Weit
entfernt, die Autorschaft jenes Artikels läugnen zu wollen, frage ich
nur — mit directer Berufung an Hitzig, Schellwitz und die Allgem.
Preßzcitung — in wie fern Jemand wegen einer subjectiven An¬
sicht von Büchern und Autoren, die nur als solche sich darstellt, in
der ernsthaften Bedeutung des Wortes, verantwortlich gemacht wer¬
den kann? — Ich denke, die ausgesprochene Ansicht von literarischen
Dingen wird höchstens literarischen Widerspruch hervorrufen können
und fo das vielleicht nöthige Gegengewicht finden. Was ich über die
bezüglichen Werke und deren Verfasserin Lobendes gesagt, stimmt übri¬
gens mit viel gewichtigeren Urtheilen, als das meinige, die in den
geachteten Zeitschriften zu finden waren, überein. Protestiren muß
ich noch gegen die neulich in den „Grenzboten" ausgesprochene Be¬
hauptung, ich hätte diese Dame in der „Jllustrirten Zeitung" neben
oder gar über George Sand gestellt. Diese Rüge war rein aus der
Luft gegriffen. In Bezug auf eine solche unstatthafte Parallele wurde
Nichts als die Verwandtschaft der Grundidee berührt, welche zwischen
dem Roman „Leone Leoni" der Sand und dem „Falkenberg" von
Therese obwaltet, und die der Kritik nicht entgangen war.


Jos> Mendelssohn.


Verlag von Fr. Lndw. .Herbig. — Redacteur Z, Kacailix»-
Druck von Friedrich Andrä.
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[0196] — Die hohen Herrn, die bei jedem journalistischen Mückenstich gleich über Preßsrechheit schreien, sollten sich doch an den Schriftstellern ein Beispiel nehmen, die oft eben so viel und noch mehr von ihrem Lieblingskind: Presse zu leiden haben und doch nicht murren. Ein Journalist, namentlich ein liberaler, kann nicht genug über seinen guten Ruf wachen. Man beobachtet ihn, als wäre er eine reizende junge Wittwe. Denn die häufigen Metamorphosen, die mit Boscoschcr Geschwindigkeit aus Nachtwandlern Hofräthe machen, haben dem Arg¬ wohn einige Argusaugen mehr gegeben. Kaum war Eduard Dukter einige Wochen in Wien, so beeilte sich das Gerücht, ihn, so wie Schu- stlka, in der Staatskanzlei anzustellen und zum Concipisten, Hvfse- cretar in. avanciren zu lassen, Gottlob, Dukter ist gerettet! Er Ist noch bei Zeiten nach Darmstadt zurückgereist, er wird weder Hoscon- cipist noch Minister, sondern bleibt Redacteur des „Vaterland". — Entgegnung. In einem der letzten Hefte der „Grenz- boten" werde ich in eine über die literarischen Verdienste der Frau v. Bacheracht dort begonnene Fehde verwickelt und für einen in der „Jllustrirten Zeitung" (Nro. 47, vom 18. Mai d. I.) erschienenen Aufsatz über diese Schriftstellerin — verantwortlich gemacht. Weit entfernt, die Autorschaft jenes Artikels läugnen zu wollen, frage ich nur — mit directer Berufung an Hitzig, Schellwitz und die Allgem. Preßzcitung — in wie fern Jemand wegen einer subjectiven An¬ sicht von Büchern und Autoren, die nur als solche sich darstellt, in der ernsthaften Bedeutung des Wortes, verantwortlich gemacht wer¬ den kann? — Ich denke, die ausgesprochene Ansicht von literarischen Dingen wird höchstens literarischen Widerspruch hervorrufen können und fo das vielleicht nöthige Gegengewicht finden. Was ich über die bezüglichen Werke und deren Verfasserin Lobendes gesagt, stimmt übri¬ gens mit viel gewichtigeren Urtheilen, als das meinige, die in den geachteten Zeitschriften zu finden waren, überein. Protestiren muß ich noch gegen die neulich in den „Grenzboten" ausgesprochene Be¬ hauptung, ich hätte diese Dame in der „Jllustrirten Zeitung" neben oder gar über George Sand gestellt. Diese Rüge war rein aus der Luft gegriffen. In Bezug auf eine solche unstatthafte Parallele wurde Nichts als die Verwandtschaft der Grundidee berührt, welche zwischen dem Roman „Leone Leoni" der Sand und dem „Falkenberg" von Therese obwaltet, und die der Kritik nicht entgangen war. Jos> Mendelssohn. Verlag von Fr. Lndw. .Herbig. — Redacteur Z, Kacailix»- Druck von Friedrich Andrä.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/196>, abgerufen am 01.09.2024.