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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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Verbrechen war der Polizei zu Ohren, gekommen. Wir können recht
wohl begreifen, daß man in Rußlan-d das Studittm polnischer Ge¬
schichte,, zumal bei jungen Pole", für ein Zeichen! geMrlicher Gefiw-
niilnig. hält. Aber wie muß es mit dem herrschenden- Geist eines Rei¬
ches, aussehen, wo- schon- der unschuldigste- Patriotismus-^ der'Patrio¬
tismus: der trauernde" Erinnerung dem Arm- des' Mittels verfällt!

- Ein- gebildeter und eleganter junger Ma" ans, einer ange¬
sehenen Dresdner Familie kam nach: Warschau- und' fan" dort so' an¬
ziehende Geselligkeit,. daß- er el" Paar Wochen bleiben, wollte. Be¬
merken, müssen wir, daß er auf einer Vergnügungsreise- begriffen war
und sich M für' Politik interessirt. hatte-. Plötzlich wurde er verhaftet.
Vierzehn Tage ungefähr saß er im Gefängniß., und zwar im schlech¬
tester Gesellschaft,, ohne sein- Vergehen zu erfahren x bis er krank wurde
und. endlich vom GefangnißaM besucht wurde. An" diesem wandte er
sich lo seiner Noch und erfuhr die Mittel und' Wege,, um- zu einem
Verhör zu gelangen. Als ihm dies- gelungen wen, hielt ihm der Po-
li-zeibeamte- einen Brief entgegen und- fragte barsch-,, ob er dir Schrift
kenne. ^ Das ist die-Schrift meiner. Mutter, antwortete der Gefan¬
gene rasch.-
x es muß> el" Brief an- mich sei", der aber nicht arlgekvm--
men- ist. -- Lesen Sif. Und. da würd" ihm den",, wie ein Grund zu
einem Prozeß auf Tod- und Leben,, ein Postscript? vorgehalten, das
nicht, er, sondern seine Mutter geschrieben!,, und- welches- weiter Nichts
sagte alsu wir lesen jetzt das Custine'sche Buch übev' Rußland), und
Du kannst Dir- denken, wie' lebhaft eS-> uns interessirt, dn- Du Dich
gerade in. den Gegenden- befindest, die- es- si" schrecklich schildert..-- Der
arme Reisende appellirre nicht- an die-Logi-k. der russischen! Polizei,, son¬
dern wußte sich durch dieselben-, etwas kostspieligen'Mittel und Wege)
die ihm da" Verhör vevschaM hatten, auch die Freiheit z" verschaffen!.
Die- Wahrheit- dieses! -tragikomische" Vorfalls ist uns von glaubwürdig
gen Personen" aus.' Dresden! mehrmals verbürgt worden:.

-- Dir wir! einmal', im Erzählen sind,, wollen M'v "och sino
Anekdote mittheilen',, dir.' eine" clous gemüthlicheren Charakter IM
Während, des Universitätsjübilaums in-Königsberg saß- bei einem-StU°-
dentencommevs unter- anderem Bürgern? ein. schon bejahrter Mann, der
ausnehmend fidel! war;! auch ein- Studirtev,. natürlich', obwohl selbst
unter den älteren Commilitonen ihn keiner kannte. Man fragte nach!
seinem Namen. Er hieß Meier. Am folgenden Tage sieht einer
der Eommevsbrüder- vom gestern seinen Freund Meier.' mit klein> König
und anderen' hohe" Herrn gehen. E-v traute seinen! Augen- nicht- "
SchMrew wollte ich-,, sagte- er zu- eine,". Kameraden, daß' das> unse-o
Meier.' von gestern- Abend istl -- Das, wollen-wir' bald herauskriegen)
antwortet', der Andere, Mit sich' im die Nähe- des. Mannes- und- ruft-


Verbrechen war der Polizei zu Ohren, gekommen. Wir können recht
wohl begreifen, daß man in Rußlan-d das Studittm polnischer Ge¬
schichte,, zumal bei jungen Pole«, für ein Zeichen! geMrlicher Gefiw-
niilnig. hält. Aber wie muß es mit dem herrschenden- Geist eines Rei¬
ches, aussehen, wo- schon- der unschuldigste- Patriotismus-^ der'Patrio¬
tismus: der trauernde« Erinnerung dem Arm- des' Mittels verfällt!

- Ein- gebildeter und eleganter junger Ma« ans, einer ange¬
sehenen Dresdner Familie kam nach: Warschau- und' fan» dort so' an¬
ziehende Geselligkeit,. daß- er el« Paar Wochen bleiben, wollte. Be¬
merken, müssen wir, daß er auf einer Vergnügungsreise- begriffen war
und sich M für' Politik interessirt. hatte-. Plötzlich wurde er verhaftet.
Vierzehn Tage ungefähr saß er im Gefängniß., und zwar im schlech¬
tester Gesellschaft,, ohne sein- Vergehen zu erfahren x bis er krank wurde
und. endlich vom GefangnißaM besucht wurde. An« diesem wandte er
sich lo seiner Noch und erfuhr die Mittel und' Wege,, um- zu einem
Verhör zu gelangen. Als ihm dies- gelungen wen, hielt ihm der Po-
li-zeibeamte- einen Brief entgegen und- fragte barsch-,, ob er dir Schrift
kenne. ^ Das ist die-Schrift meiner. Mutter, antwortete der Gefan¬
gene rasch.-
x es muß> el« Brief an- mich sei«, der aber nicht arlgekvm--
men- ist. — Lesen Sif. Und. da würd« ihm den«,, wie ein Grund zu
einem Prozeß auf Tod- und Leben,, ein Postscript? vorgehalten, das
nicht, er, sondern seine Mutter geschrieben!,, und- welches- weiter Nichts
sagte alsu wir lesen jetzt das Custine'sche Buch übev' Rußland), und
Du kannst Dir- denken, wie' lebhaft eS-> uns interessirt, dn- Du Dich
gerade in. den Gegenden- befindest, die- es- si» schrecklich schildert..— Der
arme Reisende appellirre nicht- an die-Logi-k. der russischen! Polizei,, son¬
dern wußte sich durch dieselben-, etwas kostspieligen'Mittel und Wege)
die ihm da» Verhör vevschaM hatten, auch die Freiheit z« verschaffen!.
Die- Wahrheit- dieses! -tragikomische« Vorfalls ist uns von glaubwürdig
gen Personen» aus.' Dresden! mehrmals verbürgt worden:.

— Dir wir! einmal', im Erzählen sind,, wollen M'v «och sino
Anekdote mittheilen',, dir.' eine« clous gemüthlicheren Charakter IM
Während, des Universitätsjübilaums in-Königsberg saß- bei einem-StU°-
dentencommevs unter- anderem Bürgern? ein. schon bejahrter Mann, der
ausnehmend fidel! war;! auch ein- Studirtev,. natürlich', obwohl selbst
unter den älteren Commilitonen ihn keiner kannte. Man fragte nach!
seinem Namen. Er hieß Meier. Am folgenden Tage sieht einer
der Eommevsbrüder- vom gestern seinen Freund Meier.' mit klein> König
und anderen' hohe« Herrn gehen. E-v traute seinen! Augen- nicht- "
SchMrew wollte ich-,, sagte- er zu- eine,«. Kameraden, daß' das> unse-o
Meier.' von gestern- Abend istl — Das, wollen-wir' bald herauskriegen)
antwortet', der Andere, Mit sich' im die Nähe- des. Mannes- und- ruft-


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[0194] Verbrechen war der Polizei zu Ohren, gekommen. Wir können recht wohl begreifen, daß man in Rußlan-d das Studittm polnischer Ge¬ schichte,, zumal bei jungen Pole«, für ein Zeichen! geMrlicher Gefiw- niilnig. hält. Aber wie muß es mit dem herrschenden- Geist eines Rei¬ ches, aussehen, wo- schon- der unschuldigste- Patriotismus-^ der'Patrio¬ tismus: der trauernde« Erinnerung dem Arm- des' Mittels verfällt! - Ein- gebildeter und eleganter junger Ma« ans, einer ange¬ sehenen Dresdner Familie kam nach: Warschau- und' fan» dort so' an¬ ziehende Geselligkeit,. daß- er el« Paar Wochen bleiben, wollte. Be¬ merken, müssen wir, daß er auf einer Vergnügungsreise- begriffen war und sich M für' Politik interessirt. hatte-. Plötzlich wurde er verhaftet. Vierzehn Tage ungefähr saß er im Gefängniß., und zwar im schlech¬ tester Gesellschaft,, ohne sein- Vergehen zu erfahren x bis er krank wurde und. endlich vom GefangnißaM besucht wurde. An« diesem wandte er sich lo seiner Noch und erfuhr die Mittel und' Wege,, um- zu einem Verhör zu gelangen. Als ihm dies- gelungen wen, hielt ihm der Po- li-zeibeamte- einen Brief entgegen und- fragte barsch-,, ob er dir Schrift kenne. ^ Das ist die-Schrift meiner. Mutter, antwortete der Gefan¬ gene rasch.- x es muß> el« Brief an- mich sei«, der aber nicht arlgekvm-- men- ist. — Lesen Sif. Und. da würd« ihm den«,, wie ein Grund zu einem Prozeß auf Tod- und Leben,, ein Postscript? vorgehalten, das nicht, er, sondern seine Mutter geschrieben!,, und- welches- weiter Nichts sagte alsu wir lesen jetzt das Custine'sche Buch übev' Rußland), und Du kannst Dir- denken, wie' lebhaft eS-> uns interessirt, dn- Du Dich gerade in. den Gegenden- befindest, die- es- si» schrecklich schildert..— Der arme Reisende appellirre nicht- an die-Logi-k. der russischen! Polizei,, son¬ dern wußte sich durch dieselben-, etwas kostspieligen'Mittel und Wege) die ihm da» Verhör vevschaM hatten, auch die Freiheit z« verschaffen!. Die- Wahrheit- dieses! -tragikomische« Vorfalls ist uns von glaubwürdig gen Personen» aus.' Dresden! mehrmals verbürgt worden:. — Dir wir! einmal', im Erzählen sind,, wollen M'v «och sino Anekdote mittheilen',, dir.' eine« clous gemüthlicheren Charakter IM Während, des Universitätsjübilaums in-Königsberg saß- bei einem-StU°- dentencommevs unter- anderem Bürgern? ein. schon bejahrter Mann, der ausnehmend fidel! war;! auch ein- Studirtev,. natürlich', obwohl selbst unter den älteren Commilitonen ihn keiner kannte. Man fragte nach! seinem Namen. Er hieß Meier. Am folgenden Tage sieht einer der Eommevsbrüder- vom gestern seinen Freund Meier.' mit klein> König und anderen' hohe« Herrn gehen. E-v traute seinen! Augen- nicht- " SchMrew wollte ich-,, sagte- er zu- eine,«. Kameraden, daß' das> unse-o Meier.' von gestern- Abend istl — Das, wollen-wir' bald herauskriegen) antwortet', der Andere, Mit sich' im die Nähe- des. Mannes- und- ruft-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/194>, abgerufen am 01.09.2024.