Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

aus ihrer Mitte wählen wollen, wozu der Graf Schönborn bezeich¬
net wurde. Die Aufhebung des Frohndienstes, der sogenannten Ro-
bott, findet unter ihnen warme Fürsprecher, die dem Beispiele des
trefflichen Fürsten Fürstenberg und der anderen österreichischen Stände
folgen möchten. Daß das technische Institut Prags sammt vielen
anderen wohlthätigen und gemeinnützigen Anstalten allein von ihnen
unterhalten wird, ist eine bekannte Sache. Sie thun so viel als sie
können, das ist sehr viel; und als sie dürfen, das ist sehr we-
nig. So müssen sie, die doch selbst das Geld hergeben, über die
Verwendung jeder Summe, die mehr als fünfzig Gulden beträgt,
nach Wien berichten und von dorther die Erlaubniß und Instruction
erwarten. In der letzten Zeit verdanken wir ihnen die Einführung
der Gymnastik in Böhmen, zu welcher sie einen Lehrer, v. Stephan",
aus Berlin berufen, angestellt und zwanzig Stiftungsplätze creirt ha¬
ben , welche ihrem Willen gemäß zuerst an Schullehrer vergeben wer¬
den sollen, um die Leibesübungen auch auf dem Lande einheimisch
zu machen. Die Schulen stehen unter Privatobrigkeit. Es verdient
bemerkt zu werden, daß bei der Berathung über die Frage: ob der
neue Turnlehrer bleibend angestellt werden solle oder nicht, zwei geist¬
liche Herren und Landesprälaten die einzigen waren, die nein sag¬
ten. Der eine derselben, zugleich Domherr und vordem Gubernial-
rath in geistlichen Sachen, erklärte: dergleichen unnütze Dinge trieben
ja die Jungen auf der Straße ohne Lehrer, und der andere, ein
Studiendirector, äußerte: dergleichen zöge nur die jungen Leute von
ernsthaften Studien -- Billard, Kaffeehauögchen u. s. w., -- ab.
Demungeachtet ging der Vorschlag durch, und der Turnlehrer, der
vor Kurzem bereits eine Filialanstall gegründet hat, ist unserer Stadt
und Jugend für immer gewonnen. Graf Ledebur räumte freiwillig
Saal und Garten dafür ein. Ein neues Unternehmen, das insofern
den böhmischen Ständen angehört, als daher wahrscheinlich die grö߬
ten Geldmittel zufließen müssen, ist der Ausbau des Domes, über
den ich mir die Details für eine spätere Mittheilung vorbehalte. Er
ist genehmigt und eine Gesellschaft dafür organisirt worden; das
Werk dürfte über sechs Millionen kosten. Unsere Stadt wird täglich
reicher an Denkmalen, alten, die aufgefrischt werden, und ganz neuen.




20"

aus ihrer Mitte wählen wollen, wozu der Graf Schönborn bezeich¬
net wurde. Die Aufhebung des Frohndienstes, der sogenannten Ro-
bott, findet unter ihnen warme Fürsprecher, die dem Beispiele des
trefflichen Fürsten Fürstenberg und der anderen österreichischen Stände
folgen möchten. Daß das technische Institut Prags sammt vielen
anderen wohlthätigen und gemeinnützigen Anstalten allein von ihnen
unterhalten wird, ist eine bekannte Sache. Sie thun so viel als sie
können, das ist sehr viel; und als sie dürfen, das ist sehr we-
nig. So müssen sie, die doch selbst das Geld hergeben, über die
Verwendung jeder Summe, die mehr als fünfzig Gulden beträgt,
nach Wien berichten und von dorther die Erlaubniß und Instruction
erwarten. In der letzten Zeit verdanken wir ihnen die Einführung
der Gymnastik in Böhmen, zu welcher sie einen Lehrer, v. Stephan»,
aus Berlin berufen, angestellt und zwanzig Stiftungsplätze creirt ha¬
ben , welche ihrem Willen gemäß zuerst an Schullehrer vergeben wer¬
den sollen, um die Leibesübungen auch auf dem Lande einheimisch
zu machen. Die Schulen stehen unter Privatobrigkeit. Es verdient
bemerkt zu werden, daß bei der Berathung über die Frage: ob der
neue Turnlehrer bleibend angestellt werden solle oder nicht, zwei geist¬
liche Herren und Landesprälaten die einzigen waren, die nein sag¬
ten. Der eine derselben, zugleich Domherr und vordem Gubernial-
rath in geistlichen Sachen, erklärte: dergleichen unnütze Dinge trieben
ja die Jungen auf der Straße ohne Lehrer, und der andere, ein
Studiendirector, äußerte: dergleichen zöge nur die jungen Leute von
ernsthaften Studien — Billard, Kaffeehauögchen u. s. w., — ab.
Demungeachtet ging der Vorschlag durch, und der Turnlehrer, der
vor Kurzem bereits eine Filialanstall gegründet hat, ist unserer Stadt
und Jugend für immer gewonnen. Graf Ledebur räumte freiwillig
Saal und Garten dafür ein. Ein neues Unternehmen, das insofern
den böhmischen Ständen angehört, als daher wahrscheinlich die grö߬
ten Geldmittel zufließen müssen, ist der Ausbau des Domes, über
den ich mir die Details für eine spätere Mittheilung vorbehalte. Er
ist genehmigt und eine Gesellschaft dafür organisirt worden; das
Werk dürfte über sechs Millionen kosten. Unsere Stadt wird täglich
reicher an Denkmalen, alten, die aufgefrischt werden, und ganz neuen.




20»
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0159" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/181343"/>
            <p xml:id="ID_470" prev="#ID_469"> aus ihrer Mitte wählen wollen, wozu der Graf Schönborn bezeich¬<lb/>
net wurde. Die Aufhebung des Frohndienstes, der sogenannten Ro-<lb/>
bott, findet unter ihnen warme Fürsprecher, die dem Beispiele des<lb/>
trefflichen Fürsten Fürstenberg und der anderen österreichischen Stände<lb/>
folgen möchten. Daß das technische Institut Prags sammt vielen<lb/>
anderen wohlthätigen und gemeinnützigen Anstalten allein von ihnen<lb/>
unterhalten wird, ist eine bekannte Sache. Sie thun so viel als sie<lb/>
können, das ist sehr viel; und als sie dürfen, das ist sehr we-<lb/>
nig. So müssen sie, die doch selbst das Geld hergeben, über die<lb/>
Verwendung jeder Summe, die mehr als fünfzig Gulden beträgt,<lb/>
nach Wien berichten und von dorther die Erlaubniß und Instruction<lb/>
erwarten. In der letzten Zeit verdanken wir ihnen die Einführung<lb/>
der Gymnastik in Böhmen, zu welcher sie einen Lehrer, v. Stephan»,<lb/>
aus Berlin berufen, angestellt und zwanzig Stiftungsplätze creirt ha¬<lb/>
ben , welche ihrem Willen gemäß zuerst an Schullehrer vergeben wer¬<lb/>
den sollen, um die Leibesübungen auch auf dem Lande einheimisch<lb/>
zu machen. Die Schulen stehen unter Privatobrigkeit. Es verdient<lb/>
bemerkt zu werden, daß bei der Berathung über die Frage: ob der<lb/>
neue Turnlehrer bleibend angestellt werden solle oder nicht, zwei geist¬<lb/>
liche Herren und Landesprälaten die einzigen waren, die nein sag¬<lb/>
ten. Der eine derselben, zugleich Domherr und vordem Gubernial-<lb/>
rath in geistlichen Sachen, erklärte: dergleichen unnütze Dinge trieben<lb/>
ja die Jungen auf der Straße ohne Lehrer, und der andere, ein<lb/>
Studiendirector, äußerte: dergleichen zöge nur die jungen Leute von<lb/>
ernsthaften Studien &#x2014; Billard, Kaffeehauögchen u. s. w., &#x2014; ab.<lb/>
Demungeachtet ging der Vorschlag durch, und der Turnlehrer, der<lb/>
vor Kurzem bereits eine Filialanstall gegründet hat, ist unserer Stadt<lb/>
und Jugend für immer gewonnen. Graf Ledebur räumte freiwillig<lb/>
Saal und Garten dafür ein. Ein neues Unternehmen, das insofern<lb/>
den böhmischen Ständen angehört, als daher wahrscheinlich die grö߬<lb/>
ten Geldmittel zufließen müssen, ist der Ausbau des Domes, über<lb/>
den ich mir die Details für eine spätere Mittheilung vorbehalte. Er<lb/>
ist genehmigt und eine Gesellschaft dafür organisirt worden; das<lb/>
Werk dürfte über sechs Millionen kosten. Unsere Stadt wird täglich<lb/>
reicher an Denkmalen, alten, die aufgefrischt werden, und ganz neuen.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
            <fw type="sig" place="bottom"> 20»</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0159] aus ihrer Mitte wählen wollen, wozu der Graf Schönborn bezeich¬ net wurde. Die Aufhebung des Frohndienstes, der sogenannten Ro- bott, findet unter ihnen warme Fürsprecher, die dem Beispiele des trefflichen Fürsten Fürstenberg und der anderen österreichischen Stände folgen möchten. Daß das technische Institut Prags sammt vielen anderen wohlthätigen und gemeinnützigen Anstalten allein von ihnen unterhalten wird, ist eine bekannte Sache. Sie thun so viel als sie können, das ist sehr viel; und als sie dürfen, das ist sehr we- nig. So müssen sie, die doch selbst das Geld hergeben, über die Verwendung jeder Summe, die mehr als fünfzig Gulden beträgt, nach Wien berichten und von dorther die Erlaubniß und Instruction erwarten. In der letzten Zeit verdanken wir ihnen die Einführung der Gymnastik in Böhmen, zu welcher sie einen Lehrer, v. Stephan», aus Berlin berufen, angestellt und zwanzig Stiftungsplätze creirt ha¬ ben , welche ihrem Willen gemäß zuerst an Schullehrer vergeben wer¬ den sollen, um die Leibesübungen auch auf dem Lande einheimisch zu machen. Die Schulen stehen unter Privatobrigkeit. Es verdient bemerkt zu werden, daß bei der Berathung über die Frage: ob der neue Turnlehrer bleibend angestellt werden solle oder nicht, zwei geist¬ liche Herren und Landesprälaten die einzigen waren, die nein sag¬ ten. Der eine derselben, zugleich Domherr und vordem Gubernial- rath in geistlichen Sachen, erklärte: dergleichen unnütze Dinge trieben ja die Jungen auf der Straße ohne Lehrer, und der andere, ein Studiendirector, äußerte: dergleichen zöge nur die jungen Leute von ernsthaften Studien — Billard, Kaffeehauögchen u. s. w., — ab. Demungeachtet ging der Vorschlag durch, und der Turnlehrer, der vor Kurzem bereits eine Filialanstall gegründet hat, ist unserer Stadt und Jugend für immer gewonnen. Graf Ledebur räumte freiwillig Saal und Garten dafür ein. Ein neues Unternehmen, das insofern den böhmischen Ständen angehört, als daher wahrscheinlich die grö߬ ten Geldmittel zufließen müssen, ist der Ausbau des Domes, über den ich mir die Details für eine spätere Mittheilung vorbehalte. Er ist genehmigt und eine Gesellschaft dafür organisirt worden; das Werk dürfte über sechs Millionen kosten. Unsere Stadt wird täglich reicher an Denkmalen, alten, die aufgefrischt werden, und ganz neuen. 20»

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/159
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/159>, abgerufen am 01.09.2024.