Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.Gute nicht lange bei uns verweilt? -- Nicht eben unbegreifllich -- Gute nicht lange bei uns verweilt? — Nicht eben unbegreifllich — <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0146" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/181330"/> <p xml:id="ID_449" prev="#ID_448" next="#ID_450"> Gute nicht lange bei uns verweilt? — Nicht eben unbegreifllich —<lb/> auch die Wissenschaft geht nach Brod! — Bis vor einiger Zeit ha¬<lb/> ben wir auch Theater hier gehabt, das uns jetzt auf einige Monate<lb/> verlassen hat, um in anderen Städten der Herzogthümer Vorstellun¬<lb/> gen zu geben, dann aber seinen eigentlichen Platz als Kieler Stadt¬<lb/> theater wieder einzunehmen. Unsere Bühne leistet, was man so un¬<lb/> gefähr von einer Bühne dritten Ranges verlangen kann, die Direc-<lb/> tion spart nicht Kosten und Mühe, und hat sich einige recht tüchtige<lb/> Mitglieder zu verschaffen gewußt. Der Charakterspieler, Herr von<lb/> Sternwaldt, würde gewiß auch an größeren Bühnen an sei¬<lb/> nem Platze sein, und die erste Sängerin, Fräulein Munk,<lb/> ist eine sehr begabte, liebliche Erscheinung. Der Musikdirektor, W.<lb/> Teile, in der Musikalischen Welt rühmlichst bekannt, hat hier eine<lb/> neue Oper zum ersten Male zur Aufführung gebracht: „Sara, oder<lb/> die Waise von Glencoe", die sich eines entschiedenen Beifalls erfreute.<lb/> Teile scheint seine so eben erst vollendete Oper eigentlich hier nur als<lb/> Probe für sich selbst aufgeführt zu haben; er wird sie gewiß bald an<lb/> größere Bühnen bringen und dort die verdiente Anerkennung finden.<lb/> — Unsere Eisenbahn aufAltona, „Christian VIII. Ostseebahn"<lb/> benannt, ist nun eröffnet und am 1^. September, als dem Geburts¬<lb/> tage ihres hohen Pathen, feierlichst eingeweiht worden. Natürlich<lb/> fehlte es bei dieser Gelegenheit nicht an officiellen Pomp aller Art,<lb/> und nahm der Prinz Statthalter, der so eben erst aus Jütland, wo¬<lb/> hin er den König begleitete, aber an mehreren Orten von den Juden,<lb/> die ihn, wie alle Dänen, bekanntlich nicht goutiren, ausgcpfissen ward,<lb/> zurückkehrte, im Namen des Königs die Huldigungen u. s. w. ent¬<lb/> gegen. Franz Baltisch, der dergleichen Gelegenheiten nicht gerne<lb/> vorbeigehen läßt, hatte zu dem Ende verschiedene, ziemlich abgeschmackte<lb/> Reimereien versaßt, die an Ehrenpforten, im Wochenblatt und an<lb/> anderen Orten paradirten. Uebrigens wollen wir den Kielern wün¬<lb/> schen, daß die großartigen Hoffnungen, die sie nun schon Jahre lang<lb/> auf diese Eisenbahn gesetzt haben, nicht in Dampf aufgehen mögen.<lb/> — In der Nähe von Hamburg starb vor Kurzem unser Landsmann,<lb/> der Dr. ^ur. Peter v. Kobbe, bekannt als Historiker und nament¬<lb/> lich durch viele juristische Schriften, indem er fast immer zu Gunsten<lb/> peinlich Angeklagter aufgetreten ist. Seine Wirksamkeit in den> Pro¬<lb/> zessen Fualdes und Fort hat ihm schon damals einen Namen ge¬<lb/> macht, besonders aber lenkte er die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich<lb/> durch sein Jnterveniren in dem bekannten Ranke'schen Criminalfall.<lb/> Ramle war schon auf dem Wege nach der Richtstätte, als ein Kö-<lb/> nigsbcfehl zur Einstellung der Erecution anlangte, den v. Kobbe, der<lb/> einen Tag vorher den Inculpaten gesprochen und sich von dessen<lb/> Wahnsinn überzeugt hatte, nach einer formten Reise unter ungemei¬<lb/> nen Anstrengungen, beim Könige selbst auszuwirken gewußt hatte.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0146]
Gute nicht lange bei uns verweilt? — Nicht eben unbegreifllich —
auch die Wissenschaft geht nach Brod! — Bis vor einiger Zeit ha¬
ben wir auch Theater hier gehabt, das uns jetzt auf einige Monate
verlassen hat, um in anderen Städten der Herzogthümer Vorstellun¬
gen zu geben, dann aber seinen eigentlichen Platz als Kieler Stadt¬
theater wieder einzunehmen. Unsere Bühne leistet, was man so un¬
gefähr von einer Bühne dritten Ranges verlangen kann, die Direc-
tion spart nicht Kosten und Mühe, und hat sich einige recht tüchtige
Mitglieder zu verschaffen gewußt. Der Charakterspieler, Herr von
Sternwaldt, würde gewiß auch an größeren Bühnen an sei¬
nem Platze sein, und die erste Sängerin, Fräulein Munk,
ist eine sehr begabte, liebliche Erscheinung. Der Musikdirektor, W.
Teile, in der Musikalischen Welt rühmlichst bekannt, hat hier eine
neue Oper zum ersten Male zur Aufführung gebracht: „Sara, oder
die Waise von Glencoe", die sich eines entschiedenen Beifalls erfreute.
Teile scheint seine so eben erst vollendete Oper eigentlich hier nur als
Probe für sich selbst aufgeführt zu haben; er wird sie gewiß bald an
größere Bühnen bringen und dort die verdiente Anerkennung finden.
— Unsere Eisenbahn aufAltona, „Christian VIII. Ostseebahn"
benannt, ist nun eröffnet und am 1^. September, als dem Geburts¬
tage ihres hohen Pathen, feierlichst eingeweiht worden. Natürlich
fehlte es bei dieser Gelegenheit nicht an officiellen Pomp aller Art,
und nahm der Prinz Statthalter, der so eben erst aus Jütland, wo¬
hin er den König begleitete, aber an mehreren Orten von den Juden,
die ihn, wie alle Dänen, bekanntlich nicht goutiren, ausgcpfissen ward,
zurückkehrte, im Namen des Königs die Huldigungen u. s. w. ent¬
gegen. Franz Baltisch, der dergleichen Gelegenheiten nicht gerne
vorbeigehen läßt, hatte zu dem Ende verschiedene, ziemlich abgeschmackte
Reimereien versaßt, die an Ehrenpforten, im Wochenblatt und an
anderen Orten paradirten. Uebrigens wollen wir den Kielern wün¬
schen, daß die großartigen Hoffnungen, die sie nun schon Jahre lang
auf diese Eisenbahn gesetzt haben, nicht in Dampf aufgehen mögen.
— In der Nähe von Hamburg starb vor Kurzem unser Landsmann,
der Dr. ^ur. Peter v. Kobbe, bekannt als Historiker und nament¬
lich durch viele juristische Schriften, indem er fast immer zu Gunsten
peinlich Angeklagter aufgetreten ist. Seine Wirksamkeit in den> Pro¬
zessen Fualdes und Fort hat ihm schon damals einen Namen ge¬
macht, besonders aber lenkte er die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich
durch sein Jnterveniren in dem bekannten Ranke'schen Criminalfall.
Ramle war schon auf dem Wege nach der Richtstätte, als ein Kö-
nigsbcfehl zur Einstellung der Erecution anlangte, den v. Kobbe, der
einen Tag vorher den Inculpaten gesprochen und sich von dessen
Wahnsinn überzeugt hatte, nach einer formten Reise unter ungemei¬
nen Anstrengungen, beim Könige selbst auszuwirken gewußt hatte.
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