Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.danke, gleichsam von oben ihm eingegeben, siel wie ein freudebringender -- Und Toni? fragte ich den Professor, der einen Augen¬ -- Ja, Toni! sagte er, und ein tiefer Seufzer entwand sich seiner Eine Thräne schien sich in dem Auge des Schachtelmanneö zu -- Ich sollte es denken, antwortete er, daß das Bild ihr glei¬ -- Und haben Sie jenes Gemälde nur aus dem Gedächtnisse -- So ist es. Es war meine liebste Erholung, mich durch die danke, gleichsam von oben ihm eingegeben, siel wie ein freudebringender — Und Toni? fragte ich den Professor, der einen Augen¬ — Ja, Toni! sagte er, und ein tiefer Seufzer entwand sich seiner Eine Thräne schien sich in dem Auge des Schachtelmanneö zu — Ich sollte es denken, antwortete er, daß das Bild ihr glei¬ — Und haben Sie jenes Gemälde nur aus dem Gedächtnisse — So ist es. Es war meine liebste Erholung, mich durch die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0107" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/181291"/> <p xml:id="ID_296" prev="#ID_295"> danke, gleichsam von oben ihm eingegeben, siel wie ein freudebringender<lb/> Lichtstrahl in die Nacht meines Daseins. Ja, jauchzte ich und fiel dem<lb/> Diener um den Hals, fort von hier, fort von dieser Unglücksstätte,<lb/> noch in dieser Nacht! — Eilig packte ich meine Sachen zusammen,<lb/> Friedrich besorgte, ohne daß eS auffallen konnte, die übrigen noth¬<lb/> wendigen Geschäfte und um zehn Uhr Abends waren wir zur Ab¬<lb/> reise gerüstet. Meiner Zrau hinterließ ich einige Zeilen des Inhalts,<lb/> daß ich verreisen und wahrscheinlich längere Zeit ausbleiben werde;<lb/> und gewiß hat sie sich bei ihren Enten und Gänsen und bei der<lb/> emsigen Sorgfalt für das Hauswesen bald und leicht über meinen<lb/> Verlust getröstet. Meinen anderen Bekannten ist meine Entsernung<lb/> auch nicht aufgefallen, da ich schon lange mich von allen zurückge¬<lb/> zogen hatte und man meine Sonderbarkeiten, wie sie sich ausdrück¬<lb/> ten, gewohnt war.</p><lb/> <p xml:id="ID_297"> — Und Toni? fragte ich den Professor, der einen Augen¬<lb/> blick still gestanden war, um frischen Athem zu schöpfen.</p><lb/> <p xml:id="ID_298"> — Ja, Toni! sagte er, und ein tiefer Seufzer entwand sich seiner<lb/> Brust, Toni, Du Liebling Aller, die Dich sahen, Du hast in meinen<lb/> Träumen mich oft erquickt mit Deinem Lächeln! Du bist mit mir<lb/> gezogen in meine Einsamkeit, obgleich ich Dich lieblos verlassen habe,!</p><lb/> <p xml:id="ID_299"> Eine Thräne schien sich in dem Auge des Schachtelmanneö zu<lb/> sammeln bei der Erinnerung an sein geliebtes Kind, und mich ergriff<lb/> unendliches Mitleid mit einem Manne, welcher durch eine seltsame<lb/> Idee so elend geworden war. Toni, sagte ich nach einigen Minu¬<lb/> ten, denn ich fühlte wohl, daß ferneres Reden über sie jetzt der beste<lb/> Trost für ihn sein werde, Toni muß ein herrliches Mädchen gewor¬<lb/> den sein, wenn sie jenem Bilde ähnlich ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_300"> — Ich sollte es denken, antwortete er, daß das Bild ihr glei¬<lb/> chen müßte, weil ich meiner Phantasie in dieser Hinsicht so ziemlich<lb/> trauen darf.</p><lb/> <p xml:id="ID_301"> — Und haben Sie jenes Gemälde nur aus dem Gedächtnisse<lb/> hervorgezaubert? fragte ich.</p><lb/> <p xml:id="ID_302" next="#ID_303"> — So ist es. Es war meine liebste Erholung, mich durch die<lb/> Kunst mit ihr in einen gewissen geistigen Rapport zu setzen und mir<lb/> dadurch Toni's Gesellschaft zu verschaffen. Und dieses Vergnügen<lb/> habe ich mir beinahe jedes Jahr bereitet. Sie können alle diese<lb/> Bilder in meinem Hause sehen, die gleichsam eine Lebensgeschichte</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0107]
danke, gleichsam von oben ihm eingegeben, siel wie ein freudebringender
Lichtstrahl in die Nacht meines Daseins. Ja, jauchzte ich und fiel dem
Diener um den Hals, fort von hier, fort von dieser Unglücksstätte,
noch in dieser Nacht! — Eilig packte ich meine Sachen zusammen,
Friedrich besorgte, ohne daß eS auffallen konnte, die übrigen noth¬
wendigen Geschäfte und um zehn Uhr Abends waren wir zur Ab¬
reise gerüstet. Meiner Zrau hinterließ ich einige Zeilen des Inhalts,
daß ich verreisen und wahrscheinlich längere Zeit ausbleiben werde;
und gewiß hat sie sich bei ihren Enten und Gänsen und bei der
emsigen Sorgfalt für das Hauswesen bald und leicht über meinen
Verlust getröstet. Meinen anderen Bekannten ist meine Entsernung
auch nicht aufgefallen, da ich schon lange mich von allen zurückge¬
zogen hatte und man meine Sonderbarkeiten, wie sie sich ausdrück¬
ten, gewohnt war.
— Und Toni? fragte ich den Professor, der einen Augen¬
blick still gestanden war, um frischen Athem zu schöpfen.
— Ja, Toni! sagte er, und ein tiefer Seufzer entwand sich seiner
Brust, Toni, Du Liebling Aller, die Dich sahen, Du hast in meinen
Träumen mich oft erquickt mit Deinem Lächeln! Du bist mit mir
gezogen in meine Einsamkeit, obgleich ich Dich lieblos verlassen habe,!
Eine Thräne schien sich in dem Auge des Schachtelmanneö zu
sammeln bei der Erinnerung an sein geliebtes Kind, und mich ergriff
unendliches Mitleid mit einem Manne, welcher durch eine seltsame
Idee so elend geworden war. Toni, sagte ich nach einigen Minu¬
ten, denn ich fühlte wohl, daß ferneres Reden über sie jetzt der beste
Trost für ihn sein werde, Toni muß ein herrliches Mädchen gewor¬
den sein, wenn sie jenem Bilde ähnlich ist.
— Ich sollte es denken, antwortete er, daß das Bild ihr glei¬
chen müßte, weil ich meiner Phantasie in dieser Hinsicht so ziemlich
trauen darf.
— Und haben Sie jenes Gemälde nur aus dem Gedächtnisse
hervorgezaubert? fragte ich.
— So ist es. Es war meine liebste Erholung, mich durch die
Kunst mit ihr in einen gewissen geistigen Rapport zu setzen und mir
dadurch Toni's Gesellschaft zu verschaffen. Und dieses Vergnügen
habe ich mir beinahe jedes Jahr bereitet. Sie können alle diese
Bilder in meinem Hause sehen, die gleichsam eine Lebensgeschichte
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