Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.Bahn, zu erbauen, abgelehnt hat. Es würde dadurch die hiesige Börse Justus. Bahn, zu erbauen, abgelehnt hat. Es würde dadurch die hiesige Börse Justus. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0098" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/180657"/> <p xml:id="ID_218" prev="#ID_217"> Bahn, zu erbauen, abgelehnt hat. Es würde dadurch die hiesige Börse<lb/> nur in noch größere Verwickelungen gekommen sein, und bei den au¬<lb/> ßerordentlichen Terrainschwierigkeiten Würtembergs werden die dortigen<lb/> Eisenbahnen sehr bedeutende Kosten und in den ersten zehn Jahren<lb/> gewiß auch eben so bedeutende Einbußen den Unternehmern verursa¬<lb/> chen. Nun sind zwar unsere süddeutschen Freunde durch den Zoll¬<lb/> verein daran gewöhnt worden, daß wir norddeutsche durch Versteue¬<lb/> rung des französischen Weins, den wir trinken und sie nicht, so wie<lb/> durch den Mehrverbrauch von Kaffee und Zucker, einen Theil ihrer<lb/> Staatsausgaben tragen, wie wir ihnen auch ihre Grenzsestungen bauen<lb/> helfen, während wir die unserigen an der russischen und polnischen<lb/> Grenze allein bauen müssen; aber es wäre doch in der That etwas zu<lb/> viel, wenn wir nun auch ihre theueren Eisenbahnen mit unserem Gelde<lb/> bezahlten. Recht naiv waren die Artikel, die von Stuttgart aus über<lb/> diesen Gegenstand in der Augsburger Allgemeinen Zeitung erschienen.<lb/> Denn so sehr wir auch damit übereinstimmen, daß es besser sei, wenn<lb/> der Staat und nicht die Privatspeculation den Bau der Eisenbahnen<lb/> übernimmt, so haben wir doch über das Geschrei lächeln müssen, wel¬<lb/> ches Jene darüber erhoben, daß sich einige „Wucherer" erboten hat¬<lb/> ten, ihr Geld in würtembergischen Eisenbahnen anzulegen. Die abscheu¬<lb/> lichen Wucherer! — An der in diesem Jahre hier bedeutend verminderten<lb/> Baulust merkt man es recht, daß sich die Speculation mit ihren<lb/> Kapitalien einem anderen Gegenstande zugewendet hat. Inzwischen<lb/> laßt der König die von ihm begonnenen Bauten mit Eifer fortsetzen,<lb/> so daß wenigstens unter dieser Art von Arbeitern keine Noth herrscht,<lb/> während freilich auch in unseren Baumwollenfabriken und Kattun-<lb/> druckereien, eben so, wie in Schlesien und Böhmen, mancher Arbeiter<lb/> feiert. Inzwischen fürchtet man doch nicht, daß es hier zu ähnlichen<lb/> Excessen kommen werde, wie in Petcrswaldau, Langcnbielau und Prag,<lb/> da vorauszusehen ist, die Regierung werde nach den gemachten Er¬<lb/> fahrungen die Fabrikanten in dem Bestreben, ihre Arbeiter zu beschäf¬<lb/> tigen, so viel als möglich unterstützen. — Unserem Marinemaler, Pro¬<lb/> fessor Krause, dem es im vorigen Jahre gelungen, auf der Reimer-<lb/> schen Gemäldeauction einen schönen Murillo, den „barmherzigen Sa¬<lb/> mariter" herauszufinden und für wenige Thaler zu erstehen, verdanken<lb/> wir jetzt auch den Besitz eines der ausgezeichnetsten Bilder des alten<lb/> niederländischen Malers Ferdinand Voll, nämlich seiner „Sängerin<lb/> Vincentina", die Krause einem Privatmann in Königsberg für tau¬<lb/> send Thaler abkaufte, und die für jede Bildergalerie mindestens den<lb/> dreifachen Werth hat.</p><lb/> <note type="byline"> Justus.</note><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0098]
Bahn, zu erbauen, abgelehnt hat. Es würde dadurch die hiesige Börse
nur in noch größere Verwickelungen gekommen sein, und bei den au¬
ßerordentlichen Terrainschwierigkeiten Würtembergs werden die dortigen
Eisenbahnen sehr bedeutende Kosten und in den ersten zehn Jahren
gewiß auch eben so bedeutende Einbußen den Unternehmern verursa¬
chen. Nun sind zwar unsere süddeutschen Freunde durch den Zoll¬
verein daran gewöhnt worden, daß wir norddeutsche durch Versteue¬
rung des französischen Weins, den wir trinken und sie nicht, so wie
durch den Mehrverbrauch von Kaffee und Zucker, einen Theil ihrer
Staatsausgaben tragen, wie wir ihnen auch ihre Grenzsestungen bauen
helfen, während wir die unserigen an der russischen und polnischen
Grenze allein bauen müssen; aber es wäre doch in der That etwas zu
viel, wenn wir nun auch ihre theueren Eisenbahnen mit unserem Gelde
bezahlten. Recht naiv waren die Artikel, die von Stuttgart aus über
diesen Gegenstand in der Augsburger Allgemeinen Zeitung erschienen.
Denn so sehr wir auch damit übereinstimmen, daß es besser sei, wenn
der Staat und nicht die Privatspeculation den Bau der Eisenbahnen
übernimmt, so haben wir doch über das Geschrei lächeln müssen, wel¬
ches Jene darüber erhoben, daß sich einige „Wucherer" erboten hat¬
ten, ihr Geld in würtembergischen Eisenbahnen anzulegen. Die abscheu¬
lichen Wucherer! — An der in diesem Jahre hier bedeutend verminderten
Baulust merkt man es recht, daß sich die Speculation mit ihren
Kapitalien einem anderen Gegenstande zugewendet hat. Inzwischen
laßt der König die von ihm begonnenen Bauten mit Eifer fortsetzen,
so daß wenigstens unter dieser Art von Arbeitern keine Noth herrscht,
während freilich auch in unseren Baumwollenfabriken und Kattun-
druckereien, eben so, wie in Schlesien und Böhmen, mancher Arbeiter
feiert. Inzwischen fürchtet man doch nicht, daß es hier zu ähnlichen
Excessen kommen werde, wie in Petcrswaldau, Langcnbielau und Prag,
da vorauszusehen ist, die Regierung werde nach den gemachten Er¬
fahrungen die Fabrikanten in dem Bestreben, ihre Arbeiter zu beschäf¬
tigen, so viel als möglich unterstützen. — Unserem Marinemaler, Pro¬
fessor Krause, dem es im vorigen Jahre gelungen, auf der Reimer-
schen Gemäldeauction einen schönen Murillo, den „barmherzigen Sa¬
mariter" herauszufinden und für wenige Thaler zu erstehen, verdanken
wir jetzt auch den Besitz eines der ausgezeichnetsten Bilder des alten
niederländischen Malers Ferdinand Voll, nämlich seiner „Sängerin
Vincentina", die Krause einem Privatmann in Königsberg für tau¬
send Thaler abkaufte, und die für jede Bildergalerie mindestens den
dreifachen Werth hat.
Justus.
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