dire, zurückzubringen, damit eine Reise an den Rhein und in die Schweiz zu verbinden und doch in vier Wochen bereits wieder zurück zu sein. Auf die Angaben ihrer Reisen und deren Dauer soll man sich übrigens nicht sehr verlassen können. Noch im vorigen Früh¬ jahr hat sie einen Verwandten nur bis Mailand begleiten weiter, weder Wäsche noch Kleidungsstücke mitgenommen und ihre Rückkehr auf den sechsten Tag anberaumt, während sie, einmal im Zuge, sich bis Neapel verirrt und erst nach sechs Monaten wieder zum Vor¬ schein gekommen ist.
Was übrigens den jungen Grafen Camerata anbetrifft, so scheint mir nicht, als ob die Resultate seiner Erziehung glänzende sein wür¬ den, vielmehr ist diese selbst unter der obersten Leitung einer doch immer extravaganten Mutter eine ziemlich verfehlte. Seit seinem sechsten Jahre in der Schweiz bald dieser bald jener Pensionsanstalt übergeben, dann in Italien und jetzt in Frankreich mögen wohl be¬ reits mehr Systeme an ihm herum gearbeitet haben, als zu seinem wahren Heil förderlich sind und das alte deutsche Sprichwort "viele Köche verderben den Brei," wird sich auch an ihm bewahrheiten. Von Herzen erschien er mir äußerst gut und in seiner Denkungsart rechtlich) eine solidere Bildung würde auch den Mangel.an Genie besser ausgeglichen haben.
Seinem wohl überlegten Rückreise-Plan folgend, begab sich Ihr gehorsamer Diener, der nicht zu den ercentrischen Touristen zu zäh¬ len ist, darauf von Villa-Elisa zuerst nach Trieft und von da nach Venedig, welche beiden Städte er bereits vor sechszehn Jahren schon ein Mal gesehen und in seiner Erinnerung wieder aufzufrischen Ver¬ langen trug.
In Trieft fand ich den alten Handels- und Hafenlärm, doch auch viele neue Vergrößerungen und Verschönerungen. Nur wehte leider die kalte Bora, der Regen strömte, und auf den Höhen war Alles mit Schnee bedeckt. In Venedig war das Wetter aber zum Glück wieder besser geworden. Diese einst so prachtvolle und dann so heruntergekommene Stadt hat sich, seit sie zum Freihafen erklärt, wurde, doch etwas wieder in die Höhe geschwungen. Die Marmor¬ paläste sehen nicht mehr ganz so melancholisch aus, da nicht so viele mehr unbewohnt stehen, und ihr Werth ist auf's Neue einigermaßen
dire, zurückzubringen, damit eine Reise an den Rhein und in die Schweiz zu verbinden und doch in vier Wochen bereits wieder zurück zu sein. Auf die Angaben ihrer Reisen und deren Dauer soll man sich übrigens nicht sehr verlassen können. Noch im vorigen Früh¬ jahr hat sie einen Verwandten nur bis Mailand begleiten weiter, weder Wäsche noch Kleidungsstücke mitgenommen und ihre Rückkehr auf den sechsten Tag anberaumt, während sie, einmal im Zuge, sich bis Neapel verirrt und erst nach sechs Monaten wieder zum Vor¬ schein gekommen ist.
Was übrigens den jungen Grafen Camerata anbetrifft, so scheint mir nicht, als ob die Resultate seiner Erziehung glänzende sein wür¬ den, vielmehr ist diese selbst unter der obersten Leitung einer doch immer extravaganten Mutter eine ziemlich verfehlte. Seit seinem sechsten Jahre in der Schweiz bald dieser bald jener Pensionsanstalt übergeben, dann in Italien und jetzt in Frankreich mögen wohl be¬ reits mehr Systeme an ihm herum gearbeitet haben, als zu seinem wahren Heil förderlich sind und das alte deutsche Sprichwort „viele Köche verderben den Brei," wird sich auch an ihm bewahrheiten. Von Herzen erschien er mir äußerst gut und in seiner Denkungsart rechtlich) eine solidere Bildung würde auch den Mangel.an Genie besser ausgeglichen haben.
Seinem wohl überlegten Rückreise-Plan folgend, begab sich Ihr gehorsamer Diener, der nicht zu den ercentrischen Touristen zu zäh¬ len ist, darauf von Villa-Elisa zuerst nach Trieft und von da nach Venedig, welche beiden Städte er bereits vor sechszehn Jahren schon ein Mal gesehen und in seiner Erinnerung wieder aufzufrischen Ver¬ langen trug.
In Trieft fand ich den alten Handels- und Hafenlärm, doch auch viele neue Vergrößerungen und Verschönerungen. Nur wehte leider die kalte Bora, der Regen strömte, und auf den Höhen war Alles mit Schnee bedeckt. In Venedig war das Wetter aber zum Glück wieder besser geworden. Diese einst so prachtvolle und dann so heruntergekommene Stadt hat sich, seit sie zum Freihafen erklärt, wurde, doch etwas wieder in die Höhe geschwungen. Die Marmor¬ paläste sehen nicht mehr ganz so melancholisch aus, da nicht so viele mehr unbewohnt stehen, und ihr Werth ist auf's Neue einigermaßen
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zu sein. Auf die Angaben ihrer Reisen und deren Dauer soll man
sich übrigens nicht sehr verlassen können. Noch im vorigen Früh¬
jahr hat sie einen Verwandten nur bis Mailand begleiten weiter,
weder Wäsche noch Kleidungsstücke mitgenommen und ihre Rückkehr
auf den sechsten Tag anberaumt, während sie, einmal im Zuge, sich
bis Neapel verirrt und erst nach sechs Monaten wieder zum Vor¬
schein gekommen ist.
Was übrigens den jungen Grafen Camerata anbetrifft, so scheint
mir nicht, als ob die Resultate seiner Erziehung glänzende sein wür¬
den, vielmehr ist diese selbst unter der obersten Leitung einer doch
immer extravaganten Mutter eine ziemlich verfehlte. Seit seinem
sechsten Jahre in der Schweiz bald dieser bald jener Pensionsanstalt
übergeben, dann in Italien und jetzt in Frankreich mögen wohl be¬
reits mehr Systeme an ihm herum gearbeitet haben, als zu seinem
wahren Heil förderlich sind und das alte deutsche Sprichwort „viele
Köche verderben den Brei," wird sich auch an ihm bewahrheiten.
Von Herzen erschien er mir äußerst gut und in seiner Denkungsart
rechtlich) eine solidere Bildung würde auch den Mangel.an Genie
besser ausgeglichen haben.
Seinem wohl überlegten Rückreise-Plan folgend, begab sich Ihr
gehorsamer Diener, der nicht zu den ercentrischen Touristen zu zäh¬
len ist, darauf von Villa-Elisa zuerst nach Trieft und von da nach
Venedig, welche beiden Städte er bereits vor sechszehn Jahren schon
ein Mal gesehen und in seiner Erinnerung wieder aufzufrischen Ver¬
langen trug.
In Trieft fand ich den alten Handels- und Hafenlärm, doch
auch viele neue Vergrößerungen und Verschönerungen. Nur wehte
leider die kalte Bora, der Regen strömte, und auf den Höhen war
Alles mit Schnee bedeckt. In Venedig war das Wetter aber zum
Glück wieder besser geworden. Diese einst so prachtvolle und dann
so heruntergekommene Stadt hat sich, seit sie zum Freihafen erklärt,
wurde, doch etwas wieder in die Höhe geschwungen. Die Marmor¬
paläste sehen nicht mehr ganz so melancholisch aus, da nicht so viele
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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/88>, abgerufen am 09.01.2025.
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