Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.mein Stammhäusel haben. In Wien war ich täglich im Domini< Der gute Fränzl. Ich bin wieder täglich zu Treporti ge¬ gangen, als ich in Venedig war, weil ich ein Biertrinker bin und dort lauter Deutsche zusammenkomme!,. Da hat's Andere gegeben, die Jahre lang in Venedig waren, wenn man sie aber gefragt hat, wo ein gutes Bier ist, das haben sie nicht gewußt. Dagegen sind sie alle Monate in's Arsenal, in i>!tu,2/.c" änciUo gegangen und mit dem Wegweiser von Venedig in der Hand aus einem Palast in den anderen herumgelaufen, und haben dumme Bilder oder Mar¬ morstücke betrachtet, als wenn sie hätten ein Stück davon abbeißen wollen, -- haben über Hals und Kopf das Wälsche Tag und Nacht studirt und auf Ja und Nein waren sie in Böhmen! -- Was ha¬ ben sie hernach von ihrem Wälschen gehabt? Ich habe in den zwan¬ zig Jahren, wo ich in Italien war, alle Jahre ein Wort gelernt, und jetzt bin ich drei Jahre von dort, und kann von all den zwan¬ zig Wörtern noch die einzigen vier Worte: äanari, n:me, ol"o und i-estil, und mit diesen traue ich mir ganz Italien durchzureisen, ohne Anstand zu finden. Herr Joseph. Es ist doch gut, wenn man mit den Leuten plaudern kann. Wie ich in den Befreiungskriegen in Frankreich war, da hat es mir sehr viel geholfen, daß ich das Französische gekannt Die . Frauenzimmer, die haben mich meistens verstanden! (Alle lachen.) Ich hab mir Alles aufgeschrieben, was ich schon gekonnt habe; aber im Rückmarsch muß mir Jemand das Bucht gestohlen haben, und da habe ich Alles wieder vergessen. Der lange Martin. Ich weiß nicht einmal, ob es recht ist. wenn Jemand diese Sprache lernt; denn nachdem die Franzosen un¬ sere Feinde immer waren, sind und es bleiben werden, so ist es doch immer ein Bischen verdächtig, wenn man ihre Sprache lernt, und im Kriege finden sich gewiß Leute genug, die dann Spione machen. mein Stammhäusel haben. In Wien war ich täglich im Domini< Der gute Fränzl. Ich bin wieder täglich zu Treporti ge¬ gangen, als ich in Venedig war, weil ich ein Biertrinker bin und dort lauter Deutsche zusammenkomme!,. Da hat's Andere gegeben, die Jahre lang in Venedig waren, wenn man sie aber gefragt hat, wo ein gutes Bier ist, das haben sie nicht gewußt. Dagegen sind sie alle Monate in's Arsenal, in i>!tu,2/.c» änciUo gegangen und mit dem Wegweiser von Venedig in der Hand aus einem Palast in den anderen herumgelaufen, und haben dumme Bilder oder Mar¬ morstücke betrachtet, als wenn sie hätten ein Stück davon abbeißen wollen, — haben über Hals und Kopf das Wälsche Tag und Nacht studirt und auf Ja und Nein waren sie in Böhmen! — Was ha¬ ben sie hernach von ihrem Wälschen gehabt? Ich habe in den zwan¬ zig Jahren, wo ich in Italien war, alle Jahre ein Wort gelernt, und jetzt bin ich drei Jahre von dort, und kann von all den zwan¬ zig Wörtern noch die einzigen vier Worte: äanari, n:me, ol»o und i-estil, und mit diesen traue ich mir ganz Italien durchzureisen, ohne Anstand zu finden. Herr Joseph. Es ist doch gut, wenn man mit den Leuten plaudern kann. Wie ich in den Befreiungskriegen in Frankreich war, da hat es mir sehr viel geholfen, daß ich das Französische gekannt Die . Frauenzimmer, die haben mich meistens verstanden! (Alle lachen.) Ich hab mir Alles aufgeschrieben, was ich schon gekonnt habe; aber im Rückmarsch muß mir Jemand das Bucht gestohlen haben, und da habe ich Alles wieder vergessen. Der lange Martin. Ich weiß nicht einmal, ob es recht ist. wenn Jemand diese Sprache lernt; denn nachdem die Franzosen un¬ sere Feinde immer waren, sind und es bleiben werden, so ist es doch immer ein Bischen verdächtig, wenn man ihre Sprache lernt, und im Kriege finden sich gewiß Leute genug, die dann Spione machen. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0610" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/181169"/> <p xml:id="ID_1526" prev="#ID_1525" next="#ID_1527"> mein Stammhäusel haben. In Wien war ich täglich im Domini<<lb/> canerkeller, in Brünn bei den drei Juden, in Ollmütz beim Goliath,<lb/> in Prag auf der Kleinseiten beim Jäger, in Grätz beim Sandwirth,<lb/> in Pesth beim weißen Schiff, in Peterwardein beim weißen Ochsen,<lb/> in Verona im Husarenkellcr, in Mantua bei der Faschin auf dem<lb/> Paoloplatz, oder beim Pudel, —in Brescia bei der Lucietta, und in<lb/> Mailand beim steinernen Tisch. —</p><lb/> <note type="speaker"> Der gute Fränzl. Ich bin wieder täglich zu Treporti ge¬<lb/> gangen, als ich in Venedig war, weil ich ein Biertrinker bin und<lb/> dort lauter Deutsche zusammenkomme!,. Da hat's Andere gegeben,<lb/> die Jahre lang in Venedig waren, wenn man sie aber gefragt hat,<lb/> wo ein gutes Bier ist, das haben sie nicht gewußt. Dagegen sind<lb/> sie alle Monate in's Arsenal, in i>!tu,2/.c» änciUo gegangen und mit<lb/> dem Wegweiser von Venedig in der Hand aus einem Palast in<lb/> den anderen herumgelaufen, und haben dumme Bilder oder Mar¬<lb/> morstücke betrachtet, als wenn sie hätten ein Stück davon abbeißen<lb/> wollen, — haben über Hals und Kopf das Wälsche Tag und Nacht<lb/> studirt und auf Ja und Nein waren sie in Böhmen! — Was ha¬<lb/> ben sie hernach von ihrem Wälschen gehabt? Ich habe in den zwan¬<lb/> zig Jahren, wo ich in Italien war, alle Jahre ein Wort gelernt,<lb/> und jetzt bin ich drei Jahre von dort, und kann von all den zwan¬<lb/> zig Wörtern noch die einzigen vier Worte: äanari, n:me, ol»o und<lb/> i-estil, und mit diesen traue ich mir ganz Italien durchzureisen, ohne<lb/> Anstand zu finden.</note><lb/> <note type="speaker"> Herr Joseph. Es ist doch gut, wenn man mit den Leuten<lb/> plaudern kann. Wie ich in den Befreiungskriegen in Frankreich war, da<lb/> hat es mir sehr viel geholfen, daß ich das Französische gekannt Die<lb/><stage> .<lb/> (Alle lachen.)</stage> Frauenzimmer, die haben mich meistens verstanden!<lb/> Ich hab mir Alles aufgeschrieben, was ich schon gekonnt habe; aber<lb/> im Rückmarsch muß mir Jemand das Bucht gestohlen haben, und<lb/> da habe ich Alles wieder vergessen.</note><lb/> <note type="speaker"> Der lange Martin. Ich weiß nicht einmal, ob es recht ist.<lb/> wenn Jemand diese Sprache lernt; denn nachdem die Franzosen un¬<lb/> sere Feinde immer waren, sind und es bleiben werden, so ist es doch<lb/> immer ein Bischen verdächtig, wenn man ihre Sprache lernt, und<lb/> im Kriege finden sich gewiß Leute genug, die dann Spione machen.</note><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0610]
mein Stammhäusel haben. In Wien war ich täglich im Domini<
canerkeller, in Brünn bei den drei Juden, in Ollmütz beim Goliath,
in Prag auf der Kleinseiten beim Jäger, in Grätz beim Sandwirth,
in Pesth beim weißen Schiff, in Peterwardein beim weißen Ochsen,
in Verona im Husarenkellcr, in Mantua bei der Faschin auf dem
Paoloplatz, oder beim Pudel, —in Brescia bei der Lucietta, und in
Mailand beim steinernen Tisch. —
Der gute Fränzl. Ich bin wieder täglich zu Treporti ge¬
gangen, als ich in Venedig war, weil ich ein Biertrinker bin und
dort lauter Deutsche zusammenkomme!,. Da hat's Andere gegeben,
die Jahre lang in Venedig waren, wenn man sie aber gefragt hat,
wo ein gutes Bier ist, das haben sie nicht gewußt. Dagegen sind
sie alle Monate in's Arsenal, in i>!tu,2/.c» änciUo gegangen und mit
dem Wegweiser von Venedig in der Hand aus einem Palast in
den anderen herumgelaufen, und haben dumme Bilder oder Mar¬
morstücke betrachtet, als wenn sie hätten ein Stück davon abbeißen
wollen, — haben über Hals und Kopf das Wälsche Tag und Nacht
studirt und auf Ja und Nein waren sie in Böhmen! — Was ha¬
ben sie hernach von ihrem Wälschen gehabt? Ich habe in den zwan¬
zig Jahren, wo ich in Italien war, alle Jahre ein Wort gelernt,
und jetzt bin ich drei Jahre von dort, und kann von all den zwan¬
zig Wörtern noch die einzigen vier Worte: äanari, n:me, ol»o und
i-estil, und mit diesen traue ich mir ganz Italien durchzureisen, ohne
Anstand zu finden.
Herr Joseph. Es ist doch gut, wenn man mit den Leuten
plaudern kann. Wie ich in den Befreiungskriegen in Frankreich war, da
hat es mir sehr viel geholfen, daß ich das Französische gekannt Die
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(Alle lachen.) Frauenzimmer, die haben mich meistens verstanden!
Ich hab mir Alles aufgeschrieben, was ich schon gekonnt habe; aber
im Rückmarsch muß mir Jemand das Bucht gestohlen haben, und
da habe ich Alles wieder vergessen.
Der lange Martin. Ich weiß nicht einmal, ob es recht ist.
wenn Jemand diese Sprache lernt; denn nachdem die Franzosen un¬
sere Feinde immer waren, sind und es bleiben werden, so ist es doch
immer ein Bischen verdächtig, wenn man ihre Sprache lernt, und
im Kriege finden sich gewiß Leute genug, die dann Spione machen.
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