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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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Auf diesen Point habe ich ihn bereits gebracht, und wenn Sie mei¬
nen Plan mit Klugheit verfolgen, so werden Sie einen dem Staate
gefährlichen Menschen vernichten, der in mancher Hinsicht vieles
Unheil stiften würde. -- Sobald ein subaltern-Offizier den Wu¬
cherern preisgegeben und für keine Unterstützung von seinen Vorgesetz¬
ten zu hoffen, von Seiten seiner Kameraden keine Hilfe zu erlangen
und er überall dccreditirt ist, dann ist er auch unwiederbringlich verlo¬
ren. Man kann ihm dann Alles als Fehler anrechnen! Jeder Ver¬
such sein Gemüth zu erheitern, kann ihm dann ohne Gefahr als
Sünde angerechnet und hohem Orts angezeigt werden. -- Spielt
er Whist eines Tages, -- ist er ein Spieler! -- Geht er alle Tage
in's Wirthshaus, -- ein D^baucheur! -- Trifft man ihn einmal
gut aufgelegt, -- ein Trinker! -- Begegnet man ihm mit einem
Mädchen, -- ein ausschweifender Mensch! u. s. w. und Alles die¬
ses mit Recht; denn woher kämen seine Schulden? Er wird hier¬
über nicht gefragt, es geschieht ja Alles amtlich und geheimnißvoll,
und sollte er wirklich seine Keckheit so weit treiben, einstens die vom k. k.
Hofkriegsrathe erlassene wohlmeinende Verordnung: "daß jedem Offizier
dessen Fehler bei Verfassung der Conduitenliste vorgelesen werden
sollen," zu seinem Vortheil zu citiren, so kann man ja auf vielfache
Art sich dieserhalb verwahren. Erstens man kann gesprächsweise ihm
sagen: Herr Lieutenant, gestern waren Sie recht lustig, -- Sie ha¬
ben sich prächtig mit dem Mädchen oder mit der Karte unterhalten!
Zweitens, man kann ihm beim Rapport, oder bei einer andern Gele¬
genheit gutmüthig und lächelnd sagen: Sie haben heute einen Schnaps
getrunken! Dieses kann er bei einer dienstlichen Aufforderung nachher
nicht läugnen. mithin ist er gewarnt worden und die hofkriegSräth
liebe Verordnung wurde gewissenhaft erfüllt. --

"Trachten Sie, lieber Freund, auch seinen Burschen zu gewinnen,
ohne sich Preis zu geben, damit Sie ihn wo möglich auf frischer
That in seinen Verlegenheiten ertappen, und ich stehe Ihnen gut
dafür, Sie werden ihn loswerden, -- loswerden zu Ihrem Besten,
denn er ist Feind, ein außerordentlicher Feind aller Concubinate!"




Auf diesen Point habe ich ihn bereits gebracht, und wenn Sie mei¬
nen Plan mit Klugheit verfolgen, so werden Sie einen dem Staate
gefährlichen Menschen vernichten, der in mancher Hinsicht vieles
Unheil stiften würde. — Sobald ein subaltern-Offizier den Wu¬
cherern preisgegeben und für keine Unterstützung von seinen Vorgesetz¬
ten zu hoffen, von Seiten seiner Kameraden keine Hilfe zu erlangen
und er überall dccreditirt ist, dann ist er auch unwiederbringlich verlo¬
ren. Man kann ihm dann Alles als Fehler anrechnen! Jeder Ver¬
such sein Gemüth zu erheitern, kann ihm dann ohne Gefahr als
Sünde angerechnet und hohem Orts angezeigt werden. — Spielt
er Whist eines Tages, — ist er ein Spieler! — Geht er alle Tage
in's Wirthshaus, — ein D^baucheur! — Trifft man ihn einmal
gut aufgelegt, — ein Trinker! — Begegnet man ihm mit einem
Mädchen, — ein ausschweifender Mensch! u. s. w. und Alles die¬
ses mit Recht; denn woher kämen seine Schulden? Er wird hier¬
über nicht gefragt, es geschieht ja Alles amtlich und geheimnißvoll,
und sollte er wirklich seine Keckheit so weit treiben, einstens die vom k. k.
Hofkriegsrathe erlassene wohlmeinende Verordnung: „daß jedem Offizier
dessen Fehler bei Verfassung der Conduitenliste vorgelesen werden
sollen," zu seinem Vortheil zu citiren, so kann man ja auf vielfache
Art sich dieserhalb verwahren. Erstens man kann gesprächsweise ihm
sagen: Herr Lieutenant, gestern waren Sie recht lustig, — Sie ha¬
ben sich prächtig mit dem Mädchen oder mit der Karte unterhalten!
Zweitens, man kann ihm beim Rapport, oder bei einer andern Gele¬
genheit gutmüthig und lächelnd sagen: Sie haben heute einen Schnaps
getrunken! Dieses kann er bei einer dienstlichen Aufforderung nachher
nicht läugnen. mithin ist er gewarnt worden und die hofkriegSräth
liebe Verordnung wurde gewissenhaft erfüllt. —

„Trachten Sie, lieber Freund, auch seinen Burschen zu gewinnen,
ohne sich Preis zu geben, damit Sie ihn wo möglich auf frischer
That in seinen Verlegenheiten ertappen, und ich stehe Ihnen gut
dafür, Sie werden ihn loswerden, — loswerden zu Ihrem Besten,
denn er ist Feind, ein außerordentlicher Feind aller Concubinate!"




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[0605] Auf diesen Point habe ich ihn bereits gebracht, und wenn Sie mei¬ nen Plan mit Klugheit verfolgen, so werden Sie einen dem Staate gefährlichen Menschen vernichten, der in mancher Hinsicht vieles Unheil stiften würde. — Sobald ein subaltern-Offizier den Wu¬ cherern preisgegeben und für keine Unterstützung von seinen Vorgesetz¬ ten zu hoffen, von Seiten seiner Kameraden keine Hilfe zu erlangen und er überall dccreditirt ist, dann ist er auch unwiederbringlich verlo¬ ren. Man kann ihm dann Alles als Fehler anrechnen! Jeder Ver¬ such sein Gemüth zu erheitern, kann ihm dann ohne Gefahr als Sünde angerechnet und hohem Orts angezeigt werden. — Spielt er Whist eines Tages, — ist er ein Spieler! — Geht er alle Tage in's Wirthshaus, — ein D^baucheur! — Trifft man ihn einmal gut aufgelegt, — ein Trinker! — Begegnet man ihm mit einem Mädchen, — ein ausschweifender Mensch! u. s. w. und Alles die¬ ses mit Recht; denn woher kämen seine Schulden? Er wird hier¬ über nicht gefragt, es geschieht ja Alles amtlich und geheimnißvoll, und sollte er wirklich seine Keckheit so weit treiben, einstens die vom k. k. Hofkriegsrathe erlassene wohlmeinende Verordnung: „daß jedem Offizier dessen Fehler bei Verfassung der Conduitenliste vorgelesen werden sollen," zu seinem Vortheil zu citiren, so kann man ja auf vielfache Art sich dieserhalb verwahren. Erstens man kann gesprächsweise ihm sagen: Herr Lieutenant, gestern waren Sie recht lustig, — Sie ha¬ ben sich prächtig mit dem Mädchen oder mit der Karte unterhalten! Zweitens, man kann ihm beim Rapport, oder bei einer andern Gele¬ genheit gutmüthig und lächelnd sagen: Sie haben heute einen Schnaps getrunken! Dieses kann er bei einer dienstlichen Aufforderung nachher nicht läugnen. mithin ist er gewarnt worden und die hofkriegSräth liebe Verordnung wurde gewissenhaft erfüllt. — „Trachten Sie, lieber Freund, auch seinen Burschen zu gewinnen, ohne sich Preis zu geben, damit Sie ihn wo möglich auf frischer That in seinen Verlegenheiten ertappen, und ich stehe Ihnen gut dafür, Sie werden ihn loswerden, — loswerden zu Ihrem Besten, denn er ist Feind, ein außerordentlicher Feind aller Concubinate!"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/605>, abgerufen am 03.07.2024.