Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Batterie ab, sah dann in die Höhe und sagte einige unverständliche
Worte vor sich hin, dann trat er schnellen Trittes zu dem in tiefe
Gedanken versunkenen Major und nachdem er mit der Hand salu-
tirt hatte, sagte er: Herr Oberwachtmeister, ich bin mit Ihnen vollkom¬
men einverstanden. -- Gut, sagte der Major, aber ich glaube, lieber
Herr Hauptmann, acht Geschütze werden sich hier doch nicht anbringen
lassen, denn der Raum wäre viel zu beengt. -- Ja, Herr Obcr-
wachtmeister, das hab' ich auch gedacht, darum hab' ich den Raum
abgeschritten; aber das thut Nichts, wenn der Herr Oberwachtmeister
befehlen, man kann ja mit den Geschützen zusammenrücken. --

Der Jngenieurmajor, welcher dieses Gutachten anhörte, brach
in ein recht unartiges Lachen aus und verrieth seine ganze Unwis¬
senheit im Batteriebaue, da er mit der Bemerkung herausplatzte:
Was? Ihr Artilleristen thut nach dem Befehle Euerer Vorgesetzten
die Batterien dehnen und verengen? -- Das ist ja herrlich, das hab
ich gar nicht gewußt! Um diesem ärgerlichen Auftritt ein Ende zu
machen, trat der Feldartilleriehauptmann, der schlechtweg der lange
Martin hieß, vor, salutirte und sprach: Herr Oberstwachtmeister, ich
trete Ihrer Meinung vollkommen bei. Aber, versetzte mein Herr,
es ist ja die Frage, ob sechs oder acht Geschütze angetragen werden
sollen? -- Herr Oberstwachtmeister, sagte verlegen der lange Mar¬
tin, in diesem Falle stimme ich gehorsamst entweder für sechs oder
acht Geschütze. Der Major ward über diese vorsichtige Antwort
ärgerlich, kehrte ihm den Rücken und winkte dem Garnisvnsartillerie-
Oberlieutcnant, den man spottweise den guten Franzi hieß, zu sich
und sagte ihm: Sprechen Sie wenigstens, Herr Oberlieutenant, Ihre
Meinung unverhohlen aus. Der gute Franzi zitterte vor lauter
Aengsten, machte eine tiefe Verbeugung, salutirte und verzog zwei-
vder dreimal nach seiner Gewohnheit die unteren Lippen, öffnete den
Mund, und sprach: Herr Oberstwachtmeister, ich bin mit sechs und
acht Geschützen, mit der Pulverkammer, mit dem Depot einverstanden;
aber statt der Mauer glaube ich, wäre es besser, wenn man den
Felsen oben sprengen und einen tiefen Graben dadurch gewinnen
würde, in welchem der Feind bei einer nächtlichen Ueberrumpelung
ohne Gnade und Barmherzigkeit sich das Genicke brechen müßte.
Der Vorschlag, meinte mein Herr, wäre allerdings nicht übel, aber
bedenken Sie, Herr Oberlieutenant, was ein solches Unternehmen


Batterie ab, sah dann in die Höhe und sagte einige unverständliche
Worte vor sich hin, dann trat er schnellen Trittes zu dem in tiefe
Gedanken versunkenen Major und nachdem er mit der Hand salu-
tirt hatte, sagte er: Herr Oberwachtmeister, ich bin mit Ihnen vollkom¬
men einverstanden. — Gut, sagte der Major, aber ich glaube, lieber
Herr Hauptmann, acht Geschütze werden sich hier doch nicht anbringen
lassen, denn der Raum wäre viel zu beengt. — Ja, Herr Obcr-
wachtmeister, das hab' ich auch gedacht, darum hab' ich den Raum
abgeschritten; aber das thut Nichts, wenn der Herr Oberwachtmeister
befehlen, man kann ja mit den Geschützen zusammenrücken. —

Der Jngenieurmajor, welcher dieses Gutachten anhörte, brach
in ein recht unartiges Lachen aus und verrieth seine ganze Unwis¬
senheit im Batteriebaue, da er mit der Bemerkung herausplatzte:
Was? Ihr Artilleristen thut nach dem Befehle Euerer Vorgesetzten
die Batterien dehnen und verengen? — Das ist ja herrlich, das hab
ich gar nicht gewußt! Um diesem ärgerlichen Auftritt ein Ende zu
machen, trat der Feldartilleriehauptmann, der schlechtweg der lange
Martin hieß, vor, salutirte und sprach: Herr Oberstwachtmeister, ich
trete Ihrer Meinung vollkommen bei. Aber, versetzte mein Herr,
es ist ja die Frage, ob sechs oder acht Geschütze angetragen werden
sollen? — Herr Oberstwachtmeister, sagte verlegen der lange Mar¬
tin, in diesem Falle stimme ich gehorsamst entweder für sechs oder
acht Geschütze. Der Major ward über diese vorsichtige Antwort
ärgerlich, kehrte ihm den Rücken und winkte dem Garnisvnsartillerie-
Oberlieutcnant, den man spottweise den guten Franzi hieß, zu sich
und sagte ihm: Sprechen Sie wenigstens, Herr Oberlieutenant, Ihre
Meinung unverhohlen aus. Der gute Franzi zitterte vor lauter
Aengsten, machte eine tiefe Verbeugung, salutirte und verzog zwei-
vder dreimal nach seiner Gewohnheit die unteren Lippen, öffnete den
Mund, und sprach: Herr Oberstwachtmeister, ich bin mit sechs und
acht Geschützen, mit der Pulverkammer, mit dem Depot einverstanden;
aber statt der Mauer glaube ich, wäre es besser, wenn man den
Felsen oben sprengen und einen tiefen Graben dadurch gewinnen
würde, in welchem der Feind bei einer nächtlichen Ueberrumpelung
ohne Gnade und Barmherzigkeit sich das Genicke brechen müßte.
Der Vorschlag, meinte mein Herr, wäre allerdings nicht übel, aber
bedenken Sie, Herr Oberlieutenant, was ein solches Unternehmen


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0516" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/181075"/>
            <p xml:id="ID_1202" prev="#ID_1201"> Batterie ab, sah dann in die Höhe und sagte einige unverständliche<lb/>
Worte vor sich hin, dann trat er schnellen Trittes zu dem in tiefe<lb/>
Gedanken versunkenen Major und nachdem er mit der Hand salu-<lb/>
tirt hatte, sagte er: Herr Oberwachtmeister, ich bin mit Ihnen vollkom¬<lb/>
men einverstanden. &#x2014; Gut, sagte der Major, aber ich glaube, lieber<lb/>
Herr Hauptmann, acht Geschütze werden sich hier doch nicht anbringen<lb/>
lassen, denn der Raum wäre viel zu beengt. &#x2014; Ja, Herr Obcr-<lb/>
wachtmeister, das hab' ich auch gedacht, darum hab' ich den Raum<lb/>
abgeschritten; aber das thut Nichts, wenn der Herr Oberwachtmeister<lb/>
befehlen, man kann ja mit den Geschützen zusammenrücken. &#x2014;</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1203" next="#ID_1204"> Der Jngenieurmajor, welcher dieses Gutachten anhörte, brach<lb/>
in ein recht unartiges Lachen aus und verrieth seine ganze Unwis¬<lb/>
senheit im Batteriebaue, da er mit der Bemerkung herausplatzte:<lb/>
Was? Ihr Artilleristen thut nach dem Befehle Euerer Vorgesetzten<lb/>
die Batterien dehnen und verengen? &#x2014; Das ist ja herrlich, das hab<lb/>
ich gar nicht gewußt! Um diesem ärgerlichen Auftritt ein Ende zu<lb/>
machen, trat der Feldartilleriehauptmann, der schlechtweg der lange<lb/>
Martin hieß, vor, salutirte und sprach: Herr Oberstwachtmeister, ich<lb/>
trete Ihrer Meinung vollkommen bei. Aber, versetzte mein Herr,<lb/>
es ist ja die Frage, ob sechs oder acht Geschütze angetragen werden<lb/>
sollen? &#x2014; Herr Oberstwachtmeister, sagte verlegen der lange Mar¬<lb/>
tin, in diesem Falle stimme ich gehorsamst entweder für sechs oder<lb/>
acht Geschütze. Der Major ward über diese vorsichtige Antwort<lb/>
ärgerlich, kehrte ihm den Rücken und winkte dem Garnisvnsartillerie-<lb/>
Oberlieutcnant, den man spottweise den guten Franzi hieß, zu sich<lb/>
und sagte ihm: Sprechen Sie wenigstens, Herr Oberlieutenant, Ihre<lb/>
Meinung unverhohlen aus. Der gute Franzi zitterte vor lauter<lb/>
Aengsten, machte eine tiefe Verbeugung, salutirte und verzog zwei-<lb/>
vder dreimal nach seiner Gewohnheit die unteren Lippen, öffnete den<lb/>
Mund, und sprach: Herr Oberstwachtmeister, ich bin mit sechs und<lb/>
acht Geschützen, mit der Pulverkammer, mit dem Depot einverstanden;<lb/>
aber statt der Mauer glaube ich, wäre es besser, wenn man den<lb/>
Felsen oben sprengen und einen tiefen Graben dadurch gewinnen<lb/>
würde, in welchem der Feind bei einer nächtlichen Ueberrumpelung<lb/>
ohne Gnade und Barmherzigkeit sich das Genicke brechen müßte.<lb/>
Der Vorschlag, meinte mein Herr, wäre allerdings nicht übel, aber<lb/>
bedenken Sie, Herr Oberlieutenant, was ein solches Unternehmen</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0516] Batterie ab, sah dann in die Höhe und sagte einige unverständliche Worte vor sich hin, dann trat er schnellen Trittes zu dem in tiefe Gedanken versunkenen Major und nachdem er mit der Hand salu- tirt hatte, sagte er: Herr Oberwachtmeister, ich bin mit Ihnen vollkom¬ men einverstanden. — Gut, sagte der Major, aber ich glaube, lieber Herr Hauptmann, acht Geschütze werden sich hier doch nicht anbringen lassen, denn der Raum wäre viel zu beengt. — Ja, Herr Obcr- wachtmeister, das hab' ich auch gedacht, darum hab' ich den Raum abgeschritten; aber das thut Nichts, wenn der Herr Oberwachtmeister befehlen, man kann ja mit den Geschützen zusammenrücken. — Der Jngenieurmajor, welcher dieses Gutachten anhörte, brach in ein recht unartiges Lachen aus und verrieth seine ganze Unwis¬ senheit im Batteriebaue, da er mit der Bemerkung herausplatzte: Was? Ihr Artilleristen thut nach dem Befehle Euerer Vorgesetzten die Batterien dehnen und verengen? — Das ist ja herrlich, das hab ich gar nicht gewußt! Um diesem ärgerlichen Auftritt ein Ende zu machen, trat der Feldartilleriehauptmann, der schlechtweg der lange Martin hieß, vor, salutirte und sprach: Herr Oberstwachtmeister, ich trete Ihrer Meinung vollkommen bei. Aber, versetzte mein Herr, es ist ja die Frage, ob sechs oder acht Geschütze angetragen werden sollen? — Herr Oberstwachtmeister, sagte verlegen der lange Mar¬ tin, in diesem Falle stimme ich gehorsamst entweder für sechs oder acht Geschütze. Der Major ward über diese vorsichtige Antwort ärgerlich, kehrte ihm den Rücken und winkte dem Garnisvnsartillerie- Oberlieutcnant, den man spottweise den guten Franzi hieß, zu sich und sagte ihm: Sprechen Sie wenigstens, Herr Oberlieutenant, Ihre Meinung unverhohlen aus. Der gute Franzi zitterte vor lauter Aengsten, machte eine tiefe Verbeugung, salutirte und verzog zwei- vder dreimal nach seiner Gewohnheit die unteren Lippen, öffnete den Mund, und sprach: Herr Oberstwachtmeister, ich bin mit sechs und acht Geschützen, mit der Pulverkammer, mit dem Depot einverstanden; aber statt der Mauer glaube ich, wäre es besser, wenn man den Felsen oben sprengen und einen tiefen Graben dadurch gewinnen würde, in welchem der Feind bei einer nächtlichen Ueberrumpelung ohne Gnade und Barmherzigkeit sich das Genicke brechen müßte. Der Vorschlag, meinte mein Herr, wäre allerdings nicht übel, aber bedenken Sie, Herr Oberlieutenant, was ein solches Unternehmen

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/516
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/516>, abgerufen am 23.07.2024.