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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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Wasser täglich zwanzig Kreuzer, und der Commandant, der monat-
lich einhundert vierzehn Gulden C.-M. bezog, eine tägliche Zulage
von ein Gulden vierundfünfzig Kreuzer C.<M.

Sobald wir jedoch an's Land stiegen, verlor ich meine Seezu¬
lage ganz, der visitirende Commandant aber trat dann in den Ge¬
nuß täglicher Diäten von vier Gulden C.-M., dann des Quartier¬
geldes von täglichen achtundvierzig Kreuzer C.-M.; mithin bezog
derselbe, so lange seine Visitationöreise dauerte, nebst seiner Gage
hundert vierundvierzig Gulden monatlich. Um sobald als möglich
den Hauptposten zu erreichen, hielten wir uns auf den dazwischen
liegenden kleinen Filialien, wo nur Unteroffiziere oder subalterne Of¬
fiziere commandirten, nur sehr kurze Zeit auf, wo wir aber überall
auf das Beste bewirthet wurden. Außerdem wurden wir von Sta¬
tion zu Station reichlich mit Proviant versehen, der trotz der eminen¬
tester Cßkunstfertigkeit meines Commandanten nie gänzlich verzehrt
werden konnte. Die Depositvrien und sonstigen Localitäten wurden
auf diesen kleinen Posten nicht besichtigt und auch die Mannschaft
ließ man nicht ausrücken, sondern wenn der diesfcillige Postocom-
mandant etwas zu proponiren hatte, so wurde ein solcher Gegenstand
während des Mittag- oder Nachtmahls abgehandelt und^rselbe an¬
gewiesen, seine Proposition zu fassen und selbe dem Visitirenden auf
den Hauptposten zur Zusammenstellung der Hauptrelation nachzu¬
senden. Im Allgemeinen haben wir auf diesen kleinen Posten wenig
zu loben oder zu tadeln Ursache gefunden, -- das Essen war über¬
all gut und der Wein von der besten Qualität. In dem einen die¬
ser Zeughäuser hatten wir jedoch einen im Anstrich sehr herabge¬
würdigten Fensterladen bemerkt, und es wurde beschlossen, diesen An¬
strich gelegentlich herstellen zu lassen. Ferner wurde auch sür zweck¬
mäßig erkannt, daß die in selbem Zeughause neben einander gelager¬
ten zwölf- und achtzehnpfündigen Kanonen künftighin nach dem Ka¬
liber separirt und die eine Gattung links und die andere rechts im
Zeughaushofe gelegt werden sollten, um allenfallsigen Reibungen und
Zwistigkeiten unter ihnen vorzubeugen. Der eine dieser besuchten
Commandanten war ein großer dicker Mann und hatte eine magere
hübsche Frau, mit welcher derselbe nicht in der Ehe, sondern in Freund¬
schaft lebte und in dieser Freundschaft mit ihr fünf kleine Kinder er¬
zeugte. Diese zahlreiche Familie hatte ihr Schlafzimmer dem Coa-


Wasser täglich zwanzig Kreuzer, und der Commandant, der monat-
lich einhundert vierzehn Gulden C.-M. bezog, eine tägliche Zulage
von ein Gulden vierundfünfzig Kreuzer C.<M.

Sobald wir jedoch an's Land stiegen, verlor ich meine Seezu¬
lage ganz, der visitirende Commandant aber trat dann in den Ge¬
nuß täglicher Diäten von vier Gulden C.-M., dann des Quartier¬
geldes von täglichen achtundvierzig Kreuzer C.-M.; mithin bezog
derselbe, so lange seine Visitationöreise dauerte, nebst seiner Gage
hundert vierundvierzig Gulden monatlich. Um sobald als möglich
den Hauptposten zu erreichen, hielten wir uns auf den dazwischen
liegenden kleinen Filialien, wo nur Unteroffiziere oder subalterne Of¬
fiziere commandirten, nur sehr kurze Zeit auf, wo wir aber überall
auf das Beste bewirthet wurden. Außerdem wurden wir von Sta¬
tion zu Station reichlich mit Proviant versehen, der trotz der eminen¬
tester Cßkunstfertigkeit meines Commandanten nie gänzlich verzehrt
werden konnte. Die Depositvrien und sonstigen Localitäten wurden
auf diesen kleinen Posten nicht besichtigt und auch die Mannschaft
ließ man nicht ausrücken, sondern wenn der diesfcillige Postocom-
mandant etwas zu proponiren hatte, so wurde ein solcher Gegenstand
während des Mittag- oder Nachtmahls abgehandelt und^rselbe an¬
gewiesen, seine Proposition zu fassen und selbe dem Visitirenden auf
den Hauptposten zur Zusammenstellung der Hauptrelation nachzu¬
senden. Im Allgemeinen haben wir auf diesen kleinen Posten wenig
zu loben oder zu tadeln Ursache gefunden, — das Essen war über¬
all gut und der Wein von der besten Qualität. In dem einen die¬
ser Zeughäuser hatten wir jedoch einen im Anstrich sehr herabge¬
würdigten Fensterladen bemerkt, und es wurde beschlossen, diesen An¬
strich gelegentlich herstellen zu lassen. Ferner wurde auch sür zweck¬
mäßig erkannt, daß die in selbem Zeughause neben einander gelager¬
ten zwölf- und achtzehnpfündigen Kanonen künftighin nach dem Ka¬
liber separirt und die eine Gattung links und die andere rechts im
Zeughaushofe gelegt werden sollten, um allenfallsigen Reibungen und
Zwistigkeiten unter ihnen vorzubeugen. Der eine dieser besuchten
Commandanten war ein großer dicker Mann und hatte eine magere
hübsche Frau, mit welcher derselbe nicht in der Ehe, sondern in Freund¬
schaft lebte und in dieser Freundschaft mit ihr fünf kleine Kinder er¬
zeugte. Diese zahlreiche Familie hatte ihr Schlafzimmer dem Coa-


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[0503] Wasser täglich zwanzig Kreuzer, und der Commandant, der monat- lich einhundert vierzehn Gulden C.-M. bezog, eine tägliche Zulage von ein Gulden vierundfünfzig Kreuzer C.<M. Sobald wir jedoch an's Land stiegen, verlor ich meine Seezu¬ lage ganz, der visitirende Commandant aber trat dann in den Ge¬ nuß täglicher Diäten von vier Gulden C.-M., dann des Quartier¬ geldes von täglichen achtundvierzig Kreuzer C.-M.; mithin bezog derselbe, so lange seine Visitationöreise dauerte, nebst seiner Gage hundert vierundvierzig Gulden monatlich. Um sobald als möglich den Hauptposten zu erreichen, hielten wir uns auf den dazwischen liegenden kleinen Filialien, wo nur Unteroffiziere oder subalterne Of¬ fiziere commandirten, nur sehr kurze Zeit auf, wo wir aber überall auf das Beste bewirthet wurden. Außerdem wurden wir von Sta¬ tion zu Station reichlich mit Proviant versehen, der trotz der eminen¬ tester Cßkunstfertigkeit meines Commandanten nie gänzlich verzehrt werden konnte. Die Depositvrien und sonstigen Localitäten wurden auf diesen kleinen Posten nicht besichtigt und auch die Mannschaft ließ man nicht ausrücken, sondern wenn der diesfcillige Postocom- mandant etwas zu proponiren hatte, so wurde ein solcher Gegenstand während des Mittag- oder Nachtmahls abgehandelt und^rselbe an¬ gewiesen, seine Proposition zu fassen und selbe dem Visitirenden auf den Hauptposten zur Zusammenstellung der Hauptrelation nachzu¬ senden. Im Allgemeinen haben wir auf diesen kleinen Posten wenig zu loben oder zu tadeln Ursache gefunden, — das Essen war über¬ all gut und der Wein von der besten Qualität. In dem einen die¬ ser Zeughäuser hatten wir jedoch einen im Anstrich sehr herabge¬ würdigten Fensterladen bemerkt, und es wurde beschlossen, diesen An¬ strich gelegentlich herstellen zu lassen. Ferner wurde auch sür zweck¬ mäßig erkannt, daß die in selbem Zeughause neben einander gelager¬ ten zwölf- und achtzehnpfündigen Kanonen künftighin nach dem Ka¬ liber separirt und die eine Gattung links und die andere rechts im Zeughaushofe gelegt werden sollten, um allenfallsigen Reibungen und Zwistigkeiten unter ihnen vorzubeugen. Der eine dieser besuchten Commandanten war ein großer dicker Mann und hatte eine magere hübsche Frau, mit welcher derselbe nicht in der Ehe, sondern in Freund¬ schaft lebte und in dieser Freundschaft mit ihr fünf kleine Kinder er¬ zeugte. Diese zahlreiche Familie hatte ihr Schlafzimmer dem Coa-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/503>, abgerufen am 23.07.2024.