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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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Aus den individuellen Eigenschaften der Artillerie-GarnisonS-
Bewohner könnte man schließen, daß diese Garnisonen einen unter¬
geordneten Zweck haben müßten, daß der vorkommende Dienst keine
physischen Kräfte erfordere, und daß der Wirkungskreis der Offiziere
von der Art sein müsse, daß daran gar Nichts liegen könne, ob die¬
selben moralisch oder unmoralisch, bornirt oder gebildet seien.

Den österreichischen Artillerie-Garnisonen liegt in Friedenszeiten
nicht nur die Erzeugung aller Waffengattungen sammt Zugehör, der
Munition, der Laffetirung u. s. w. ob, sondern sie sind die Depots,
worin die Hauptkriegs-Materialien und derlei Gegenstände aufbe¬
wahrt und admimstrirt werden. Sowohl die Erzeugung als die
Conservation dieser kostspieligen Gegenstände erfordert ein sachverstän¬
diges Aufsichtspersonale, und wo Sachkenntniß nicht unumgänglich
nöthig ist, ist doch jederzeit gesunder Menschenverstand, Gedächtniß
und Genauigkeit unerläßlich. Zur Inspicirung eines Holzdepots
braucht man freilich leinen gediegenen Artillerie-Offizier; denn die
Stücke abzählen, ab- und zuschreiben, das wird wohl Jeder treffen,
der zählen und schreiben kann. Aber Munitions-Erzeugung und
Zeugsarbeiten leiten, Geschütz und Munition untersuchen, zweck¬
mäßige Depositirungen, die genaue Kenntniß des erforderlichen Ma¬
terials, dieses sind die wesentlichen Eigenschaften eines Artillcrie-
Garnisons-Offiziers, wenn er seine Pflichten erfüllen und seinem
Stande Ehre machen will. Daß man in einem Districte immer
einige Individuen findet, die eine oder die andere Eigenschaft besitzen,
ist freilich wahr, daß aber die meisten nur zum Holzschlichten, zum
Kugelputzen und zu Werkstatt-Inspektionen mit Beigabe eines oder
zweier Feuerwerker verwendet werden können, ist auch wahr.

Wenn sich daher in Loco acht Offiziere befinden, so pflegt die
Eintheili ng folgendermaßen zu sein. Der älteste Offizier ist krank,
der zweite ist mit einem Zimmermeister im Holzschlag, weil er fünf
hcirathsfertige Töchter besitzt und Diäten bezieht, übrigens vom Holze
keine Kenntnisse besitzt. Diese Commandirung dauert der Diäten
wegen drei Monate und trägt s-is et not'-is alle Jahre zwei-
hundertfunfzig Fi. C.-M. Der Dritte ist mit einem Feuerwerker
beim Kugelputzen angestellt. Der Vierte hat alle Holzdepots zu in-
spiciren, wobei ihm zwei Feuerwerker assistiren. Der Fünfte hat mit
einem Hauptmann und Feuerwerker den Gewehrsaal in Ordnung zu


Aus den individuellen Eigenschaften der Artillerie-GarnisonS-
Bewohner könnte man schließen, daß diese Garnisonen einen unter¬
geordneten Zweck haben müßten, daß der vorkommende Dienst keine
physischen Kräfte erfordere, und daß der Wirkungskreis der Offiziere
von der Art sein müsse, daß daran gar Nichts liegen könne, ob die¬
selben moralisch oder unmoralisch, bornirt oder gebildet seien.

Den österreichischen Artillerie-Garnisonen liegt in Friedenszeiten
nicht nur die Erzeugung aller Waffengattungen sammt Zugehör, der
Munition, der Laffetirung u. s. w. ob, sondern sie sind die Depots,
worin die Hauptkriegs-Materialien und derlei Gegenstände aufbe¬
wahrt und admimstrirt werden. Sowohl die Erzeugung als die
Conservation dieser kostspieligen Gegenstände erfordert ein sachverstän¬
diges Aufsichtspersonale, und wo Sachkenntniß nicht unumgänglich
nöthig ist, ist doch jederzeit gesunder Menschenverstand, Gedächtniß
und Genauigkeit unerläßlich. Zur Inspicirung eines Holzdepots
braucht man freilich leinen gediegenen Artillerie-Offizier; denn die
Stücke abzählen, ab- und zuschreiben, das wird wohl Jeder treffen,
der zählen und schreiben kann. Aber Munitions-Erzeugung und
Zeugsarbeiten leiten, Geschütz und Munition untersuchen, zweck¬
mäßige Depositirungen, die genaue Kenntniß des erforderlichen Ma¬
terials, dieses sind die wesentlichen Eigenschaften eines Artillcrie-
Garnisons-Offiziers, wenn er seine Pflichten erfüllen und seinem
Stande Ehre machen will. Daß man in einem Districte immer
einige Individuen findet, die eine oder die andere Eigenschaft besitzen,
ist freilich wahr, daß aber die meisten nur zum Holzschlichten, zum
Kugelputzen und zu Werkstatt-Inspektionen mit Beigabe eines oder
zweier Feuerwerker verwendet werden können, ist auch wahr.

Wenn sich daher in Loco acht Offiziere befinden, so pflegt die
Eintheili ng folgendermaßen zu sein. Der älteste Offizier ist krank,
der zweite ist mit einem Zimmermeister im Holzschlag, weil er fünf
hcirathsfertige Töchter besitzt und Diäten bezieht, übrigens vom Holze
keine Kenntnisse besitzt. Diese Commandirung dauert der Diäten
wegen drei Monate und trägt s-is et not'-is alle Jahre zwei-
hundertfunfzig Fi. C.-M. Der Dritte ist mit einem Feuerwerker
beim Kugelputzen angestellt. Der Vierte hat alle Holzdepots zu in-
spiciren, wobei ihm zwei Feuerwerker assistiren. Der Fünfte hat mit
einem Hauptmann und Feuerwerker den Gewehrsaal in Ordnung zu


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[0464] Aus den individuellen Eigenschaften der Artillerie-GarnisonS- Bewohner könnte man schließen, daß diese Garnisonen einen unter¬ geordneten Zweck haben müßten, daß der vorkommende Dienst keine physischen Kräfte erfordere, und daß der Wirkungskreis der Offiziere von der Art sein müsse, daß daran gar Nichts liegen könne, ob die¬ selben moralisch oder unmoralisch, bornirt oder gebildet seien. Den österreichischen Artillerie-Garnisonen liegt in Friedenszeiten nicht nur die Erzeugung aller Waffengattungen sammt Zugehör, der Munition, der Laffetirung u. s. w. ob, sondern sie sind die Depots, worin die Hauptkriegs-Materialien und derlei Gegenstände aufbe¬ wahrt und admimstrirt werden. Sowohl die Erzeugung als die Conservation dieser kostspieligen Gegenstände erfordert ein sachverstän¬ diges Aufsichtspersonale, und wo Sachkenntniß nicht unumgänglich nöthig ist, ist doch jederzeit gesunder Menschenverstand, Gedächtniß und Genauigkeit unerläßlich. Zur Inspicirung eines Holzdepots braucht man freilich leinen gediegenen Artillerie-Offizier; denn die Stücke abzählen, ab- und zuschreiben, das wird wohl Jeder treffen, der zählen und schreiben kann. Aber Munitions-Erzeugung und Zeugsarbeiten leiten, Geschütz und Munition untersuchen, zweck¬ mäßige Depositirungen, die genaue Kenntniß des erforderlichen Ma¬ terials, dieses sind die wesentlichen Eigenschaften eines Artillcrie- Garnisons-Offiziers, wenn er seine Pflichten erfüllen und seinem Stande Ehre machen will. Daß man in einem Districte immer einige Individuen findet, die eine oder die andere Eigenschaft besitzen, ist freilich wahr, daß aber die meisten nur zum Holzschlichten, zum Kugelputzen und zu Werkstatt-Inspektionen mit Beigabe eines oder zweier Feuerwerker verwendet werden können, ist auch wahr. Wenn sich daher in Loco acht Offiziere befinden, so pflegt die Eintheili ng folgendermaßen zu sein. Der älteste Offizier ist krank, der zweite ist mit einem Zimmermeister im Holzschlag, weil er fünf hcirathsfertige Töchter besitzt und Diäten bezieht, übrigens vom Holze keine Kenntnisse besitzt. Diese Commandirung dauert der Diäten wegen drei Monate und trägt s-is et not'-is alle Jahre zwei- hundertfunfzig Fi. C.-M. Der Dritte ist mit einem Feuerwerker beim Kugelputzen angestellt. Der Vierte hat alle Holzdepots zu in- spiciren, wobei ihm zwei Feuerwerker assistiren. Der Fünfte hat mit einem Hauptmann und Feuerwerker den Gewehrsaal in Ordnung zu

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/464>, abgerufen am 01.07.2024.