Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.Aber wenn man das Ufer erreicht hat, wenn den Einheimischen liebe Die Schweden vergaßen mich jedoch selbst in der Freude nicht; Wenn ich nun den Versuch mache, meinem freundlichen Leser Wo der Stocksund zum ersten Male genannt wird, das ist eine Aber wenn man das Ufer erreicht hat, wenn den Einheimischen liebe Die Schweden vergaßen mich jedoch selbst in der Freude nicht; Wenn ich nun den Versuch mache, meinem freundlichen Leser Wo der Stocksund zum ersten Male genannt wird, das ist eine <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0263" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/180822"/> <p xml:id="ID_606" prev="#ID_605"> Aber wenn man das Ufer erreicht hat, wenn den Einheimischen liebe<lb/> Angehörige entgcgenjauchzen, dann wird jene Empfindung des Fremde<lb/> seins so mächtig, daß man sich ihrer nicht erwehren kann.</p><lb/> <p xml:id="ID_607"> Die Schweden vergaßen mich jedoch selbst in der Freude nicht;<lb/> von allen Seiten tönten mir gastliche Einladungen in'S Ohr, ich<lb/> nahm Abschied und wollte gehen. Da fiel mein Blick auf Maria.<lb/> Sie sah todtenblaß aus, man horte es dem Athem an, wie heftig<lb/> ihr Herz schlug, und sie konnte sich kaum aufrecht erhalten. Auch ihr<lb/> war kein Befreundeter entgegengekommen; ein Arbeitsmann trug ihr<lb/> kleines Gepäck, und so wollte sie zu den schwer beleidigten Eltern,<lb/> wollte sie um Wiederaufnahme bitten. Ich drückte ihr theilnehmend<lb/> die Hand zum Lebewohl, und eine Thräne glänzte in Maria's blauem<lb/> Auge. Dann ging sie links, ich rechts über den Hafendamm.</p><lb/> <p xml:id="ID_608"> Wenn ich nun den Versuch mache, meinem freundlichen Leser<lb/> Stockholm's Bild zu zeichnen, so möge er kein breites Panorama,<lb/> sondern nur eine leicht hingeworfene Skizze erwarten. — In jenen Tagen,<lb/> auf welche die Sonne der Geschichte wenige einzelne Strahlen durch<lb/> die grauen Nebelwolken wirft, hatte der Mälar einen doppelten Aus¬<lb/> fluß in die See und formte dabei eine Insel, welche später den Na¬<lb/> men „Stockholm" erhielt. Sand- und Felsenboden ragten in der<lb/> Runde empor, von dichten Baumgruppen umwachsen. Es war das<lb/> ein Aufenthalt, wie ihn Seeräuber nur wünschen können, denn nahte<lb/> vom Meere ein Schiff, so bogen sie wie ein Sturmwind hinter den<lb/> Felsenecken hervor, plünderten es und waren eben so schnell wieder<lb/> im undurchdringlichen Labyrinth der Scheeren verschwunden.</p><lb/> <p xml:id="ID_609" next="#ID_610"> Wo der Stocksund zum ersten Male genannt wird, das ist eine<lb/> interessante Historie, vie erzählt werden muß. Zu Upsala wohnte<lb/> König Agne, aus dem Fürstenstamme der Ynglingar. Er war ein<lb/> tapferer Mann, mochte nicht müßig daheim sitzen, sondern lag be¬<lb/> ständig zur See, die kühnsten Wikingerzüge unternehmend. Einmal,<lb/> im Sommer, fuhr er zu den Finnen, verheerte ihr Land, erschlug den<lb/> König Froste und nahm dessen schöne Tochter, welche Skjalf hieß,<lb/> als gute Beute mit nach Haus. Bei Stocksund landet- er, um dort<lb/> im grünen Walde seine Hochzeit mit Skjalf zu feiern, und auf ihre<lb/> Bitte bewilligte er, daß an dem Festtage zugleich das Graböl für<lb/> ihren Vater getrunken wurde. König Agne trug eine prächtige Hals-<lb/> kette von Gold. Ein Ahnherr hatte seiner Gattin dieselbe einst zum</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0263]
Aber wenn man das Ufer erreicht hat, wenn den Einheimischen liebe
Angehörige entgcgenjauchzen, dann wird jene Empfindung des Fremde
seins so mächtig, daß man sich ihrer nicht erwehren kann.
Die Schweden vergaßen mich jedoch selbst in der Freude nicht;
von allen Seiten tönten mir gastliche Einladungen in'S Ohr, ich
nahm Abschied und wollte gehen. Da fiel mein Blick auf Maria.
Sie sah todtenblaß aus, man horte es dem Athem an, wie heftig
ihr Herz schlug, und sie konnte sich kaum aufrecht erhalten. Auch ihr
war kein Befreundeter entgegengekommen; ein Arbeitsmann trug ihr
kleines Gepäck, und so wollte sie zu den schwer beleidigten Eltern,
wollte sie um Wiederaufnahme bitten. Ich drückte ihr theilnehmend
die Hand zum Lebewohl, und eine Thräne glänzte in Maria's blauem
Auge. Dann ging sie links, ich rechts über den Hafendamm.
Wenn ich nun den Versuch mache, meinem freundlichen Leser
Stockholm's Bild zu zeichnen, so möge er kein breites Panorama,
sondern nur eine leicht hingeworfene Skizze erwarten. — In jenen Tagen,
auf welche die Sonne der Geschichte wenige einzelne Strahlen durch
die grauen Nebelwolken wirft, hatte der Mälar einen doppelten Aus¬
fluß in die See und formte dabei eine Insel, welche später den Na¬
men „Stockholm" erhielt. Sand- und Felsenboden ragten in der
Runde empor, von dichten Baumgruppen umwachsen. Es war das
ein Aufenthalt, wie ihn Seeräuber nur wünschen können, denn nahte
vom Meere ein Schiff, so bogen sie wie ein Sturmwind hinter den
Felsenecken hervor, plünderten es und waren eben so schnell wieder
im undurchdringlichen Labyrinth der Scheeren verschwunden.
Wo der Stocksund zum ersten Male genannt wird, das ist eine
interessante Historie, vie erzählt werden muß. Zu Upsala wohnte
König Agne, aus dem Fürstenstamme der Ynglingar. Er war ein
tapferer Mann, mochte nicht müßig daheim sitzen, sondern lag be¬
ständig zur See, die kühnsten Wikingerzüge unternehmend. Einmal,
im Sommer, fuhr er zu den Finnen, verheerte ihr Land, erschlug den
König Froste und nahm dessen schöne Tochter, welche Skjalf hieß,
als gute Beute mit nach Haus. Bei Stocksund landet- er, um dort
im grünen Walde seine Hochzeit mit Skjalf zu feiern, und auf ihre
Bitte bewilligte er, daß an dem Festtage zugleich das Graböl für
ihren Vater getrunken wurde. König Agne trug eine prächtige Hals-
kette von Gold. Ein Ahnherr hatte seiner Gattin dieselbe einst zum
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