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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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manu für zwölftausend Franken abzukaufen. Es wäre eine gute Lehre;
eine kleine Lection wird auch, bei der vielsingcrigen Concurrenz und
dem schwachen Appetit, den im Ganzen das Publicum zeigt, nicht
ausbleiben. Davon abgesehen aber, welche Komik, welche köstliche
Narrheiten und Absurditäten bringt dieser Mit err-uit in unser trüb¬
selig ernstes und grämlich langweiliges Leben! Der Rattenfänger
konnte unter den Kindern von Hameln keinen so allerliebsten Aufruhr
hervorbringen, wie jener in dem ganzen Heer und Troß der freien deut¬
schen Presse hervorruft. -- So eben erfahren wir, daß in einer hie¬
sigen Druckerei eine Extraausgabe des "ewigen Juden" für alte
Leute, nämlich mit sehr großen, soliden Buchstaben veranstaltet wird,
so daß man sie bequem ohne Brille wird lesen können. Das ist ein¬
mal vernünftig. Warum sollte auch blos die junge Generation die
Segnungen des modernen Geistes genießen? Ist es nicht schön und
rührend, daß nun auch Großväter und Großmütterchen mit zitternden
Fingern nach der erquickenden Pariser Postille greifen und mit blöden
Augen in das neue Morgenroth gucken, ohne die altmodische Brille
auf die Nase zu setzen? Konnte sich das antike Sparta, kann sich das
patriarchalische China einer zarteren Rücksicht für das Alter rühmen?
Nur möchten wir, daß darum die Kindheit nicht vergessen wird; es
wäre gewiß eine lohnende Speculation, den ewigen Juden extra für
die buchstabirende Jugend herauszugeben, mit bescheidenen Illustratio¬
nen natürlich, die ja in unserer Zeit so beliebt sind, um die Wißbegier
des kindlichen Publicums zu reizen; zugleich würde diese buchsta¬
birende Jugend sich spielend einen guten deutschen Styl angewöhnen,
denn die Uebung im Uebersetzen hat bei uns die Weschvs und an¬
dern Stylisten in Masse hervorgebracht. Da fällt uns aber noch eine
Speculation ein, auf die ein oder der andere deutsche Buchhändler
gewiß reflectiren wird. Wie wäre es, wenn man den ewigen Juden,
in ein verständliches Judendeutsch übertragen, mit hebräischen Lettern
gedruckt, herausgäbe! In der nächsten Michaelismesse würde man
an den polnischen Juden, die nach Leipzig kommen, reißende Abneh¬
mer finden. Denn ist der ewige Jude nicht gewissermaßen auch ein
Jude? Und was für einer! Ein recht alter und orthodoxer, der
ihre Sympathien im höchsten Grade erwerben muß. Man brauchte
nicht einmal bis zur Messe zu warten, sondern könnte einige tausend
Exemplare sogleich über die Grenze schmuggeln, besonders unter die
russischen Grenzjuden, die ohnehin eines Trostes bedürfen und, wenn
sie die Leiden Morok's und des von den Bestien zerrissenen Pferdes
lasen, gewiß die russische Knute für Bagatelle halten würden. --
Genug, wir sind nicht undankbar gegen Sue und seinen jun orr-tut;
es ist ein guter, censurfähiger Stoff, wie er Einem nicht alle Tage
geboten wird. Wir wünschten nur, daß Paris jedes Jahr, wenn


manu für zwölftausend Franken abzukaufen. Es wäre eine gute Lehre;
eine kleine Lection wird auch, bei der vielsingcrigen Concurrenz und
dem schwachen Appetit, den im Ganzen das Publicum zeigt, nicht
ausbleiben. Davon abgesehen aber, welche Komik, welche köstliche
Narrheiten und Absurditäten bringt dieser Mit err-uit in unser trüb¬
selig ernstes und grämlich langweiliges Leben! Der Rattenfänger
konnte unter den Kindern von Hameln keinen so allerliebsten Aufruhr
hervorbringen, wie jener in dem ganzen Heer und Troß der freien deut¬
schen Presse hervorruft. — So eben erfahren wir, daß in einer hie¬
sigen Druckerei eine Extraausgabe des „ewigen Juden" für alte
Leute, nämlich mit sehr großen, soliden Buchstaben veranstaltet wird,
so daß man sie bequem ohne Brille wird lesen können. Das ist ein¬
mal vernünftig. Warum sollte auch blos die junge Generation die
Segnungen des modernen Geistes genießen? Ist es nicht schön und
rührend, daß nun auch Großväter und Großmütterchen mit zitternden
Fingern nach der erquickenden Pariser Postille greifen und mit blöden
Augen in das neue Morgenroth gucken, ohne die altmodische Brille
auf die Nase zu setzen? Konnte sich das antike Sparta, kann sich das
patriarchalische China einer zarteren Rücksicht für das Alter rühmen?
Nur möchten wir, daß darum die Kindheit nicht vergessen wird; es
wäre gewiß eine lohnende Speculation, den ewigen Juden extra für
die buchstabirende Jugend herauszugeben, mit bescheidenen Illustratio¬
nen natürlich, die ja in unserer Zeit so beliebt sind, um die Wißbegier
des kindlichen Publicums zu reizen; zugleich würde diese buchsta¬
birende Jugend sich spielend einen guten deutschen Styl angewöhnen,
denn die Uebung im Uebersetzen hat bei uns die Weschvs und an¬
dern Stylisten in Masse hervorgebracht. Da fällt uns aber noch eine
Speculation ein, auf die ein oder der andere deutsche Buchhändler
gewiß reflectiren wird. Wie wäre es, wenn man den ewigen Juden,
in ein verständliches Judendeutsch übertragen, mit hebräischen Lettern
gedruckt, herausgäbe! In der nächsten Michaelismesse würde man
an den polnischen Juden, die nach Leipzig kommen, reißende Abneh¬
mer finden. Denn ist der ewige Jude nicht gewissermaßen auch ein
Jude? Und was für einer! Ein recht alter und orthodoxer, der
ihre Sympathien im höchsten Grade erwerben muß. Man brauchte
nicht einmal bis zur Messe zu warten, sondern könnte einige tausend
Exemplare sogleich über die Grenze schmuggeln, besonders unter die
russischen Grenzjuden, die ohnehin eines Trostes bedürfen und, wenn
sie die Leiden Morok's und des von den Bestien zerrissenen Pferdes
lasen, gewiß die russische Knute für Bagatelle halten würden. —
Genug, wir sind nicht undankbar gegen Sue und seinen jun orr-tut;
es ist ein guter, censurfähiger Stoff, wie er Einem nicht alle Tage
geboten wird. Wir wünschten nur, daß Paris jedes Jahr, wenn


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/246>, abgerufen am 23.12.2024.