Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

digkeit erreicht hatte, deren sie sich heute erfreut. Erst unter Karl Vl.,
dem Vater der Kaiserin Maria Theresia, wo sich der von Frank¬
reich überkommene Geist moderner Verwaltungstheorien auch in Oe¬
sterreich Geltung verschaffte, gestaltete sich ein eigentliches Centralisa¬
tionsorgan für den Staatshaushalt, wie es das Militärwesen bereits
im Hofkriegsrathe besaß. Doch blieb diese Finanzcentralstelle noch
immer in Abhängigkeit von der Hofkanzlei, die der politischen Lan-
desverwaltung vorsteht, und welche nach den damals gegebenen Be¬
griffen und Umständen an Wichtigkeit überwog. Die neueste Zeit
und vorzüglich die wachsende Last des Schuldenwesens, das in Folge
der fünfundzwanzigjährigen Kriege gegen den revolutionären Westen
überHand genommen, vervollständigte die Selbständigkeit der Finanz¬
behörde, da ein Cabinetsschreiben vom 30. April 1816 die bisher
bestandene Creditshofeommission, Banko-Hof--Deputation und Com-
merzhofstelle in eine abgesonderte Hofstelle vereinigte, deren Wirkungs¬
kreis bald alle übrigen überragte in ähnlicher Fortbildung, als die
Geldaristokratie erstarkte und die Banquiers anfingen, politische Per¬
sonen zu werden.

Alles, was Fabriken und Industrie, Handel und Münzwesen
betrifft, die Deckung des Staatsbcdarfes, die Verzinsung und Tilgung
der Staatsschulden, die Abschließung neuer Anlehen, die Administra¬
tion der Staatsgüter, die Hebung der Regalien, Gefälle, der Mauth
und des Zolles, -- gehört eben so gut zum Ressort der Hofkammer,
die seither auch, weil sie alle Provinzen ohne Unterschied umfaßt,
die allgemeine Hofkammer heißt, als die Eintreibung der indirecten
Steuern und der Taren jeder Art, das Tabakmonopol, das Stem-
pelgefälle, das Lottowesen, die Bemessung und Verleihung von Pen¬
sionen, so wie der Gnadengehalte, in so fern diese nicht von der
Entscheidung des Staatsrathes abhängen und die betreffenden Ent¬
schließungen nicht unmittelbar aus dem geheimen Cabinet deS Kai¬
sers herabgelangen; allein auch da noch ist nur in der Hauptsache
entschieden und eine provisorische Ziffer ausgeworfen, welche die Hof¬
kammer sodann nach ihrem eigenen Crmessen modificiren, entweder
erhöhen oder herabsetzen kann, so daß wohl die Verleihung einer
kaiserlichen Gnade an sich einzig von dem Willen der Majestät, des¬
sen Organ der Staatsrath bildet, abhängig ist, der Betrag aber,
wenn die Sache eine Geldangelegenheit, wieder gänzlich der Beur-


digkeit erreicht hatte, deren sie sich heute erfreut. Erst unter Karl Vl.,
dem Vater der Kaiserin Maria Theresia, wo sich der von Frank¬
reich überkommene Geist moderner Verwaltungstheorien auch in Oe¬
sterreich Geltung verschaffte, gestaltete sich ein eigentliches Centralisa¬
tionsorgan für den Staatshaushalt, wie es das Militärwesen bereits
im Hofkriegsrathe besaß. Doch blieb diese Finanzcentralstelle noch
immer in Abhängigkeit von der Hofkanzlei, die der politischen Lan-
desverwaltung vorsteht, und welche nach den damals gegebenen Be¬
griffen und Umständen an Wichtigkeit überwog. Die neueste Zeit
und vorzüglich die wachsende Last des Schuldenwesens, das in Folge
der fünfundzwanzigjährigen Kriege gegen den revolutionären Westen
überHand genommen, vervollständigte die Selbständigkeit der Finanz¬
behörde, da ein Cabinetsschreiben vom 30. April 1816 die bisher
bestandene Creditshofeommission, Banko-Hof--Deputation und Com-
merzhofstelle in eine abgesonderte Hofstelle vereinigte, deren Wirkungs¬
kreis bald alle übrigen überragte in ähnlicher Fortbildung, als die
Geldaristokratie erstarkte und die Banquiers anfingen, politische Per¬
sonen zu werden.

Alles, was Fabriken und Industrie, Handel und Münzwesen
betrifft, die Deckung des Staatsbcdarfes, die Verzinsung und Tilgung
der Staatsschulden, die Abschließung neuer Anlehen, die Administra¬
tion der Staatsgüter, die Hebung der Regalien, Gefälle, der Mauth
und des Zolles, — gehört eben so gut zum Ressort der Hofkammer,
die seither auch, weil sie alle Provinzen ohne Unterschied umfaßt,
die allgemeine Hofkammer heißt, als die Eintreibung der indirecten
Steuern und der Taren jeder Art, das Tabakmonopol, das Stem-
pelgefälle, das Lottowesen, die Bemessung und Verleihung von Pen¬
sionen, so wie der Gnadengehalte, in so fern diese nicht von der
Entscheidung des Staatsrathes abhängen und die betreffenden Ent¬
schließungen nicht unmittelbar aus dem geheimen Cabinet deS Kai¬
sers herabgelangen; allein auch da noch ist nur in der Hauptsache
entschieden und eine provisorische Ziffer ausgeworfen, welche die Hof¬
kammer sodann nach ihrem eigenen Crmessen modificiren, entweder
erhöhen oder herabsetzen kann, so daß wohl die Verleihung einer
kaiserlichen Gnade an sich einzig von dem Willen der Majestät, des¬
sen Organ der Staatsrath bildet, abhängig ist, der Betrag aber,
wenn die Sache eine Geldangelegenheit, wieder gänzlich der Beur-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0165" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/180724"/>
          <p xml:id="ID_381" prev="#ID_380"> digkeit erreicht hatte, deren sie sich heute erfreut. Erst unter Karl Vl.,<lb/>
dem Vater der Kaiserin Maria Theresia, wo sich der von Frank¬<lb/>
reich überkommene Geist moderner Verwaltungstheorien auch in Oe¬<lb/>
sterreich Geltung verschaffte, gestaltete sich ein eigentliches Centralisa¬<lb/>
tionsorgan für den Staatshaushalt, wie es das Militärwesen bereits<lb/>
im Hofkriegsrathe besaß. Doch blieb diese Finanzcentralstelle noch<lb/>
immer in Abhängigkeit von der Hofkanzlei, die der politischen Lan-<lb/>
desverwaltung vorsteht, und welche nach den damals gegebenen Be¬<lb/>
griffen und Umständen an Wichtigkeit überwog. Die neueste Zeit<lb/>
und vorzüglich die wachsende Last des Schuldenwesens, das in Folge<lb/>
der fünfundzwanzigjährigen Kriege gegen den revolutionären Westen<lb/>
überHand genommen, vervollständigte die Selbständigkeit der Finanz¬<lb/>
behörde, da ein Cabinetsschreiben vom 30. April 1816 die bisher<lb/>
bestandene Creditshofeommission, Banko-Hof--Deputation und Com-<lb/>
merzhofstelle in eine abgesonderte Hofstelle vereinigte, deren Wirkungs¬<lb/>
kreis bald alle übrigen überragte in ähnlicher Fortbildung, als die<lb/>
Geldaristokratie erstarkte und die Banquiers anfingen, politische Per¬<lb/>
sonen zu werden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_382" next="#ID_383"> Alles, was Fabriken und Industrie, Handel und Münzwesen<lb/>
betrifft, die Deckung des Staatsbcdarfes, die Verzinsung und Tilgung<lb/>
der Staatsschulden, die Abschließung neuer Anlehen, die Administra¬<lb/>
tion der Staatsgüter, die Hebung der Regalien, Gefälle, der Mauth<lb/>
und des Zolles, &#x2014; gehört eben so gut zum Ressort der Hofkammer,<lb/>
die seither auch, weil sie alle Provinzen ohne Unterschied umfaßt,<lb/>
die allgemeine Hofkammer heißt, als die Eintreibung der indirecten<lb/>
Steuern und der Taren jeder Art, das Tabakmonopol, das Stem-<lb/>
pelgefälle, das Lottowesen, die Bemessung und Verleihung von Pen¬<lb/>
sionen, so wie der Gnadengehalte, in so fern diese nicht von der<lb/>
Entscheidung des Staatsrathes abhängen und die betreffenden Ent¬<lb/>
schließungen nicht unmittelbar aus dem geheimen Cabinet deS Kai¬<lb/>
sers herabgelangen; allein auch da noch ist nur in der Hauptsache<lb/>
entschieden und eine provisorische Ziffer ausgeworfen, welche die Hof¬<lb/>
kammer sodann nach ihrem eigenen Crmessen modificiren, entweder<lb/>
erhöhen oder herabsetzen kann, so daß wohl die Verleihung einer<lb/>
kaiserlichen Gnade an sich einzig von dem Willen der Majestät, des¬<lb/>
sen Organ der Staatsrath bildet, abhängig ist, der Betrag aber,<lb/>
wenn die Sache eine Geldangelegenheit, wieder gänzlich der Beur-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0165] digkeit erreicht hatte, deren sie sich heute erfreut. Erst unter Karl Vl., dem Vater der Kaiserin Maria Theresia, wo sich der von Frank¬ reich überkommene Geist moderner Verwaltungstheorien auch in Oe¬ sterreich Geltung verschaffte, gestaltete sich ein eigentliches Centralisa¬ tionsorgan für den Staatshaushalt, wie es das Militärwesen bereits im Hofkriegsrathe besaß. Doch blieb diese Finanzcentralstelle noch immer in Abhängigkeit von der Hofkanzlei, die der politischen Lan- desverwaltung vorsteht, und welche nach den damals gegebenen Be¬ griffen und Umständen an Wichtigkeit überwog. Die neueste Zeit und vorzüglich die wachsende Last des Schuldenwesens, das in Folge der fünfundzwanzigjährigen Kriege gegen den revolutionären Westen überHand genommen, vervollständigte die Selbständigkeit der Finanz¬ behörde, da ein Cabinetsschreiben vom 30. April 1816 die bisher bestandene Creditshofeommission, Banko-Hof--Deputation und Com- merzhofstelle in eine abgesonderte Hofstelle vereinigte, deren Wirkungs¬ kreis bald alle übrigen überragte in ähnlicher Fortbildung, als die Geldaristokratie erstarkte und die Banquiers anfingen, politische Per¬ sonen zu werden. Alles, was Fabriken und Industrie, Handel und Münzwesen betrifft, die Deckung des Staatsbcdarfes, die Verzinsung und Tilgung der Staatsschulden, die Abschließung neuer Anlehen, die Administra¬ tion der Staatsgüter, die Hebung der Regalien, Gefälle, der Mauth und des Zolles, — gehört eben so gut zum Ressort der Hofkammer, die seither auch, weil sie alle Provinzen ohne Unterschied umfaßt, die allgemeine Hofkammer heißt, als die Eintreibung der indirecten Steuern und der Taren jeder Art, das Tabakmonopol, das Stem- pelgefälle, das Lottowesen, die Bemessung und Verleihung von Pen¬ sionen, so wie der Gnadengehalte, in so fern diese nicht von der Entscheidung des Staatsrathes abhängen und die betreffenden Ent¬ schließungen nicht unmittelbar aus dem geheimen Cabinet deS Kai¬ sers herabgelangen; allein auch da noch ist nur in der Hauptsache entschieden und eine provisorische Ziffer ausgeworfen, welche die Hof¬ kammer sodann nach ihrem eigenen Crmessen modificiren, entweder erhöhen oder herabsetzen kann, so daß wohl die Verleihung einer kaiserlichen Gnade an sich einzig von dem Willen der Majestät, des¬ sen Organ der Staatsrath bildet, abhängig ist, der Betrag aber, wenn die Sache eine Geldangelegenheit, wieder gänzlich der Beur-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/165
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/165>, abgerufen am 22.12.2024.