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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

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Motesens Ihnen einsandte, hatte er den pikanten Spaß nicht verges¬
sen sollen, daß der Darsteller der Titelrolle Laroche die Maske seines
Chefs i. e. des Herrn v. Holbein angenommen hatte, was viele Leute,
als es bekannt wurde, in's Theater lockte. Herr von Holbein war
übrigens Mann von Geist genug, den Spaß hinzunehmen.


Rainer. -
III.
Aus Kö l u.
Musikfest.

Hin und wieder ist in öffentlichen Blättern von unerquicklichen
Streitigkeiten die Rede gewesen, die unserem jüngst hier gefeierten
niederrheinischen Musikfeste vorangingen. Es hat aber meines Wis¬
sens kein Blatt Näheres davon berichtet, obgleich diese Vorgange zur
Beurtheilung hiesiger künstlerischer Zustände nicht ohne Interesse sind.
Wer bei unseren früheren und bei anderen großen Musikfesten gewe¬
sen, wird beobachtet haben, daß die Frauenchöre in der Regel vor den
Männerchören auf eine die Wirkung sehr beeinträchtigende Art zurückge¬
drängt wurden. Man hatte nicht vermocht, zur Herstellung eines
harmonischen Verhältnisses Einleitungen zu treffen. Die Direktion
des letzten Musikfestes trat aber diesem großen Mißverhältnisse vom
Haus aus entgegen. Sie setzte nämlich fest, daß von Kölner Sän¬
gern und Sängerinnen nur die Mitglieder der zwei Hauptinftitute
für gemischten Chor, der Singakademie unter Weber und des städ¬
tischen Gesangvereines unter H. Dorn, außer den zur Comitvwahl
erschienenen fünfunddreißig Wählern Antheil nehmen dürften. Der
Vortheile, die dieses Princip gewährte, waren viele. Man bekam ei¬
nen wohlgeübten Kern von Sängern und hielt eine Legion bloßer
Psingstsänger und sogenannter verkannter Talente mit allen von ihnen
zu erwartenden Störungen ab. Da die Mehrzahl des tüchtigen Män¬
nergesangvereins auch bei jenen Instituten wirkt, so wurde hier Nichts
verloren; die gleichzeitig von der Theilnahme als Ganzes ausgeschlos¬
sene Liedertafel aber ist künstlerisch von geringer Bedeutung, sie lebt
mehr für Unterhaltung. Leider hat aber die nur dankenswerthe und
im Interesse der wahren Verherrlichung des Musikfestes getroffene
Veranstaltung, in welcher die Direction von den Comites der übri¬
gen Vereinsstädte mit Erfolg unterstützt wurde, gerade hier in Köln
nicht die allgemeine Anerkennung gefunden, die kein Einsichtiger ihr
versagen kann. Namentlich hat gerade der Mannergesangverein eine
Art Opposition als Ganzes gemacht und Manchem den schönen Fest¬
genuß vergällt. So erfreulich das in gleich oppositionellen Sinne in
Deutz von ihm veranstaltete Morgen-Freiconcert war, bei dem sechzig


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Motesens Ihnen einsandte, hatte er den pikanten Spaß nicht verges¬
sen sollen, daß der Darsteller der Titelrolle Laroche die Maske seines
Chefs i. e. des Herrn v. Holbein angenommen hatte, was viele Leute,
als es bekannt wurde, in's Theater lockte. Herr von Holbein war
übrigens Mann von Geist genug, den Spaß hinzunehmen.


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III.
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Musikfest.

Hin und wieder ist in öffentlichen Blättern von unerquicklichen
Streitigkeiten die Rede gewesen, die unserem jüngst hier gefeierten
niederrheinischen Musikfeste vorangingen. Es hat aber meines Wis¬
sens kein Blatt Näheres davon berichtet, obgleich diese Vorgange zur
Beurtheilung hiesiger künstlerischer Zustände nicht ohne Interesse sind.
Wer bei unseren früheren und bei anderen großen Musikfesten gewe¬
sen, wird beobachtet haben, daß die Frauenchöre in der Regel vor den
Männerchören auf eine die Wirkung sehr beeinträchtigende Art zurückge¬
drängt wurden. Man hatte nicht vermocht, zur Herstellung eines
harmonischen Verhältnisses Einleitungen zu treffen. Die Direktion
des letzten Musikfestes trat aber diesem großen Mißverhältnisse vom
Haus aus entgegen. Sie setzte nämlich fest, daß von Kölner Sän¬
gern und Sängerinnen nur die Mitglieder der zwei Hauptinftitute
für gemischten Chor, der Singakademie unter Weber und des städ¬
tischen Gesangvereines unter H. Dorn, außer den zur Comitvwahl
erschienenen fünfunddreißig Wählern Antheil nehmen dürften. Der
Vortheile, die dieses Princip gewährte, waren viele. Man bekam ei¬
nen wohlgeübten Kern von Sängern und hielt eine Legion bloßer
Psingstsänger und sogenannter verkannter Talente mit allen von ihnen
zu erwartenden Störungen ab. Da die Mehrzahl des tüchtigen Män¬
nergesangvereins auch bei jenen Instituten wirkt, so wurde hier Nichts
verloren; die gleichzeitig von der Theilnahme als Ganzes ausgeschlos¬
sene Liedertafel aber ist künstlerisch von geringer Bedeutung, sie lebt
mehr für Unterhaltung. Leider hat aber die nur dankenswerthe und
im Interesse der wahren Verherrlichung des Musikfestes getroffene
Veranstaltung, in welcher die Direction von den Comites der übri¬
gen Vereinsstädte mit Erfolg unterstützt wurde, gerade hier in Köln
nicht die allgemeine Anerkennung gefunden, die kein Einsichtiger ihr
versagen kann. Namentlich hat gerade der Mannergesangverein eine
Art Opposition als Ganzes gemacht und Manchem den schönen Fest¬
genuß vergällt. So erfreulich das in gleich oppositionellen Sinne in
Deutz von ihm veranstaltete Morgen-Freiconcert war, bei dem sechzig


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[0803] Motesens Ihnen einsandte, hatte er den pikanten Spaß nicht verges¬ sen sollen, daß der Darsteller der Titelrolle Laroche die Maske seines Chefs i. e. des Herrn v. Holbein angenommen hatte, was viele Leute, als es bekannt wurde, in's Theater lockte. Herr von Holbein war übrigens Mann von Geist genug, den Spaß hinzunehmen. Rainer. - III. Aus Kö l u. Musikfest. Hin und wieder ist in öffentlichen Blättern von unerquicklichen Streitigkeiten die Rede gewesen, die unserem jüngst hier gefeierten niederrheinischen Musikfeste vorangingen. Es hat aber meines Wis¬ sens kein Blatt Näheres davon berichtet, obgleich diese Vorgange zur Beurtheilung hiesiger künstlerischer Zustände nicht ohne Interesse sind. Wer bei unseren früheren und bei anderen großen Musikfesten gewe¬ sen, wird beobachtet haben, daß die Frauenchöre in der Regel vor den Männerchören auf eine die Wirkung sehr beeinträchtigende Art zurückge¬ drängt wurden. Man hatte nicht vermocht, zur Herstellung eines harmonischen Verhältnisses Einleitungen zu treffen. Die Direktion des letzten Musikfestes trat aber diesem großen Mißverhältnisse vom Haus aus entgegen. Sie setzte nämlich fest, daß von Kölner Sän¬ gern und Sängerinnen nur die Mitglieder der zwei Hauptinftitute für gemischten Chor, der Singakademie unter Weber und des städ¬ tischen Gesangvereines unter H. Dorn, außer den zur Comitvwahl erschienenen fünfunddreißig Wählern Antheil nehmen dürften. Der Vortheile, die dieses Princip gewährte, waren viele. Man bekam ei¬ nen wohlgeübten Kern von Sängern und hielt eine Legion bloßer Psingstsänger und sogenannter verkannter Talente mit allen von ihnen zu erwartenden Störungen ab. Da die Mehrzahl des tüchtigen Män¬ nergesangvereins auch bei jenen Instituten wirkt, so wurde hier Nichts verloren; die gleichzeitig von der Theilnahme als Ganzes ausgeschlos¬ sene Liedertafel aber ist künstlerisch von geringer Bedeutung, sie lebt mehr für Unterhaltung. Leider hat aber die nur dankenswerthe und im Interesse der wahren Verherrlichung des Musikfestes getroffene Veranstaltung, in welcher die Direction von den Comites der übri¬ gen Vereinsstädte mit Erfolg unterstützt wurde, gerade hier in Köln nicht die allgemeine Anerkennung gefunden, die kein Einsichtiger ihr versagen kann. Namentlich hat gerade der Mannergesangverein eine Art Opposition als Ganzes gemacht und Manchem den schönen Fest¬ genuß vergällt. So erfreulich das in gleich oppositionellen Sinne in Deutz von ihm veranstaltete Morgen-Freiconcert war, bei dem sechzig 103 »

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/803>, abgerufen am 22.12.2024.