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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

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Censor, Geheimer Regierungsrath von Ebertz, streicht Alles unbarm¬
herzig durch und bemerkt, daß er ohne Erlaubniß der Regierung keine
Zeile drucken lassen dürfe. Ich habe die Censur-Instruction zum hun-
dertstenMale von Anfang bis zu Ende durchgelesen und kann durchaus
Nichts finden, was ihm die Berechtigung hiezu geben könnte. Also
nicht einmal die Preßunfreiheit ist frei! Wir sind gespannt, was das
Ober-Censurgericht, dem die Beschwerde über diese Willkür vorliegt,
dazu sagen wird. Da unsere Zeitungen also schweigen müssen, die
öffentliche Meinung aber über die Vorgänge im Gebirge unterrichtet
sein will, so gebe ick) Ihnen nachstehend einige Details darüber.

Der Aufstand nahm seinen Anfang am 4. Juni in dem eine
Meile von Frankenstein gelegenen Dorfe Peterswaldau. Die nächste
Veranlassung war ein Pasquill, das ein Haufen Weber vor der Woh¬
nung eines wucherischer sogenannten Fabrikanten absang. Letzterer
ließ einige der Sänger aufgreifen und sie heimlich durchprügeln. Auf
die Nachricht hiervon vergrößert sich bald die Zahl der Weber bis
auf mehrere Hundert, und wüthend fangen siWn, die Etablissements,
fünf an der Zahl, zu demoliren. Sämmtliche Bücher und Handels¬
papiere werden vernichtet, die Kasse erbrochen und das Geld vertheilt.
Am anderen Morgen wird das Zerstörungswerk fortgesetzt. Als der
Vorschlag gemacht wird, die Gebäude nicht zu demoliren, sondern
kurzweg zu verbrennen, wird angeführt, daß dann die Eigenthümer
Brandgelder erhalten würden, wahrend es jetzt nur gelte, sie ebenfalls
zu armen Leuten zu machen. Von Peterswaldau begeben sich die
Weber nach Lcmgenbielcm, wo sie ebenfalls drei Fabrik-Etablissements
zerstören. Hier kommt es zwischen ihnen und einem Detaschement
Soldaten zum Kampfe, wobei letztere den Kürzeren ziehen und zurück¬
geschlagen werden. Auch die Weber ziehen sich zurück in der Rich¬
tung nach Landshut und dem Hirschberger Thal hin. Sie sind be¬
reits auf zwölftausend angewachsen und man bemerkt mit Verwunde¬
rung, daß sie förmlich organisirt sind. Sehr wahrscheinlich hat sich
ihre Macht um das Doppelte verstärkt, denn gerade um. Landshut
herum ist die Noch und das Elend der Weber ganz bedeutend. Die
ansehnliche Militärmacht wird Don ihnen in Schach gehalten, und man
hört Nichts von neuen Angriffen. Die Sache nimmt eine sehr be¬
denkliche Wendung. Die "Aufrufe", welche an sie erlassen -werden,
fruchten Nichts. Freilich, wenn sie deutsch verstehen, müsse" sie. .ge¬
rade durch die "Aufrufe" in ihrem Vorhaben bestärkt werden.. Einer
z. B., vom Grasen Sandreczky-Sandraschütz erlassen, fängt so an:
Eben zurückgekehrt., bemerke ich Austritte, die nicht zu bemerken, ich
gefürchtet habe. -- Der gute Mann appellirt an die Liebe der /Armen
zur Grundherrschast'. Weiß Gott, woher es kommt, daß das Echo
aus dem Gebirge bis in die Straßen unserer Haupt- und Residenz¬
stadt dringt. Schon seit drei Tagen finden des Abends Aufläufe und


Censor, Geheimer Regierungsrath von Ebertz, streicht Alles unbarm¬
herzig durch und bemerkt, daß er ohne Erlaubniß der Regierung keine
Zeile drucken lassen dürfe. Ich habe die Censur-Instruction zum hun-
dertstenMale von Anfang bis zu Ende durchgelesen und kann durchaus
Nichts finden, was ihm die Berechtigung hiezu geben könnte. Also
nicht einmal die Preßunfreiheit ist frei! Wir sind gespannt, was das
Ober-Censurgericht, dem die Beschwerde über diese Willkür vorliegt,
dazu sagen wird. Da unsere Zeitungen also schweigen müssen, die
öffentliche Meinung aber über die Vorgänge im Gebirge unterrichtet
sein will, so gebe ick) Ihnen nachstehend einige Details darüber.

Der Aufstand nahm seinen Anfang am 4. Juni in dem eine
Meile von Frankenstein gelegenen Dorfe Peterswaldau. Die nächste
Veranlassung war ein Pasquill, das ein Haufen Weber vor der Woh¬
nung eines wucherischer sogenannten Fabrikanten absang. Letzterer
ließ einige der Sänger aufgreifen und sie heimlich durchprügeln. Auf
die Nachricht hiervon vergrößert sich bald die Zahl der Weber bis
auf mehrere Hundert, und wüthend fangen siWn, die Etablissements,
fünf an der Zahl, zu demoliren. Sämmtliche Bücher und Handels¬
papiere werden vernichtet, die Kasse erbrochen und das Geld vertheilt.
Am anderen Morgen wird das Zerstörungswerk fortgesetzt. Als der
Vorschlag gemacht wird, die Gebäude nicht zu demoliren, sondern
kurzweg zu verbrennen, wird angeführt, daß dann die Eigenthümer
Brandgelder erhalten würden, wahrend es jetzt nur gelte, sie ebenfalls
zu armen Leuten zu machen. Von Peterswaldau begeben sich die
Weber nach Lcmgenbielcm, wo sie ebenfalls drei Fabrik-Etablissements
zerstören. Hier kommt es zwischen ihnen und einem Detaschement
Soldaten zum Kampfe, wobei letztere den Kürzeren ziehen und zurück¬
geschlagen werden. Auch die Weber ziehen sich zurück in der Rich¬
tung nach Landshut und dem Hirschberger Thal hin. Sie sind be¬
reits auf zwölftausend angewachsen und man bemerkt mit Verwunde¬
rung, daß sie förmlich organisirt sind. Sehr wahrscheinlich hat sich
ihre Macht um das Doppelte verstärkt, denn gerade um. Landshut
herum ist die Noch und das Elend der Weber ganz bedeutend. Die
ansehnliche Militärmacht wird Don ihnen in Schach gehalten, und man
hört Nichts von neuen Angriffen. Die Sache nimmt eine sehr be¬
denkliche Wendung. Die „Aufrufe", welche an sie erlassen -werden,
fruchten Nichts. Freilich, wenn sie deutsch verstehen, müsse» sie. .ge¬
rade durch die „Aufrufe" in ihrem Vorhaben bestärkt werden.. Einer
z. B., vom Grasen Sandreczky-Sandraschütz erlassen, fängt so an:
Eben zurückgekehrt., bemerke ich Austritte, die nicht zu bemerken, ich
gefürchtet habe. — Der gute Mann appellirt an die Liebe der /Armen
zur Grundherrschast'. Weiß Gott, woher es kommt, daß das Echo
aus dem Gebirge bis in die Straßen unserer Haupt- und Residenz¬
stadt dringt. Schon seit drei Tagen finden des Abends Aufläufe und


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/798>, abgerufen am 04.12.2024.