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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

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1840 hatten die unter den Theilnehmern, deren mehr als eintausend
siebenhundert sind, gesammelten Subseriptionen, die Bälle, Benefice-
vorstellungen ein Kapital von vierundneunzig tausend zweihundert
und sechzig Francs gebildet, das zum Theil zum Ankauf einer Rente
von dreitausend Francs verwendet wurde. Monatliche Unterstützun¬
gen werden den bedürftigen Künstlern ertheilt, und vom Alter ge¬
beugten Greisen Pensionen ausgesetzt. Obgleich die Gesellschaft erst
seit wenigen Jahren besteht, ist sie doch schon sehr bedeutend gewor¬
den, und das Wachsen ihrer Einnahmen wird ihr erlauben, ihre
wohlthuende Thätigkeit immer weiter auszudehnen. Sie hat Anspruch
ans den Schutz der Regierung und auf die Sympathie Aller.

Die dramatischen Künstler bilden sich in verschiedenen Schulen :
ein Theil, seit ihrer frühesten Jugend bei den Provinzialtruppen en-
gagirt, widmen sich frühzeitig bei ihren Familien der Ausübung ei¬
ner Kunst, welche für die meisten Nichts als ein schweres unfrucht¬
bares Handwerk sein soll. Andere gehen auf Kindertheater und
spielen Rollen, welche sie nicht immer verstehen. Eine bestimmte
Anzahl geht aus dem Conservatorium hervor, der vom Staate er¬
richteten Pflanzschule für Musiker und Künstler. Das Conservatoire,
ursprünglich eine bloße Gesangschule, wurde durch Beschluß vom 3.
Januar 1784 gestiftet. Am darauf folgenden ersten April wurde es
in dem Hütel der Menüs Plaisirs des Königs im Faubourg Pois-
sonie-rc eröffnet. 1786 wurde auf Vorschlag des Barons de Breteuil
eine Declamationsklassc hinzugefügt und Mol" anvertraut. Der Zweck
derselben war, Schauspieler für die großen Theater zu bilden, man
hielt es daher für nothwendig, ihre literarische Befähigung zu ent¬
wickeln: ein Lehrstuhl für französische Sprache, Geschichte und Geo¬
graphie wurde errichtet. Dies Etablissement, welches durch die Revolution
vernichtet worden war, wurde den 18. Brumaire des Jahres II. un¬
ter dem Namen Institut n-allem-"! wieder aufgenommen und den 16.
Thermidor des Jahres 111. als ^onserv-deuil-v >Je aufn,"" reorga
nisirt. Der Kaiser interessirte sich dafür und fetzte 18V6 jährliche
Preise aus, 1809 erweiterte er den Unterrichtskreis, öffentliche Vor¬
stellungen wurden von den Schülern gegeben, die Zahl der Lehrstühle
vermehrte sich: Dugazon, Monvcl, Dazincourt, Lafon nahmen die¬
selben ein; Talma und Fleury bildeten den Ausschuß zur Beaufsich¬
tigung. Das Decret von Moskau errichtete achtzehn Schülerstellen


1840 hatten die unter den Theilnehmern, deren mehr als eintausend
siebenhundert sind, gesammelten Subseriptionen, die Bälle, Benefice-
vorstellungen ein Kapital von vierundneunzig tausend zweihundert
und sechzig Francs gebildet, das zum Theil zum Ankauf einer Rente
von dreitausend Francs verwendet wurde. Monatliche Unterstützun¬
gen werden den bedürftigen Künstlern ertheilt, und vom Alter ge¬
beugten Greisen Pensionen ausgesetzt. Obgleich die Gesellschaft erst
seit wenigen Jahren besteht, ist sie doch schon sehr bedeutend gewor¬
den, und das Wachsen ihrer Einnahmen wird ihr erlauben, ihre
wohlthuende Thätigkeit immer weiter auszudehnen. Sie hat Anspruch
ans den Schutz der Regierung und auf die Sympathie Aller.

Die dramatischen Künstler bilden sich in verschiedenen Schulen :
ein Theil, seit ihrer frühesten Jugend bei den Provinzialtruppen en-
gagirt, widmen sich frühzeitig bei ihren Familien der Ausübung ei¬
ner Kunst, welche für die meisten Nichts als ein schweres unfrucht¬
bares Handwerk sein soll. Andere gehen auf Kindertheater und
spielen Rollen, welche sie nicht immer verstehen. Eine bestimmte
Anzahl geht aus dem Conservatorium hervor, der vom Staate er¬
richteten Pflanzschule für Musiker und Künstler. Das Conservatoire,
ursprünglich eine bloße Gesangschule, wurde durch Beschluß vom 3.
Januar 1784 gestiftet. Am darauf folgenden ersten April wurde es
in dem Hütel der Menüs Plaisirs des Königs im Faubourg Pois-
sonie-rc eröffnet. 1786 wurde auf Vorschlag des Barons de Breteuil
eine Declamationsklassc hinzugefügt und Mol« anvertraut. Der Zweck
derselben war, Schauspieler für die großen Theater zu bilden, man
hielt es daher für nothwendig, ihre literarische Befähigung zu ent¬
wickeln: ein Lehrstuhl für französische Sprache, Geschichte und Geo¬
graphie wurde errichtet. Dies Etablissement, welches durch die Revolution
vernichtet worden war, wurde den 18. Brumaire des Jahres II. un¬
ter dem Namen Institut n-allem-»! wieder aufgenommen und den 16.
Thermidor des Jahres 111. als ^onserv-deuil-v >Je aufn,»« reorga
nisirt. Der Kaiser interessirte sich dafür und fetzte 18V6 jährliche
Preise aus, 1809 erweiterte er den Unterrichtskreis, öffentliche Vor¬
stellungen wurden von den Schülern gegeben, die Zahl der Lehrstühle
vermehrte sich: Dugazon, Monvcl, Dazincourt, Lafon nahmen die¬
selben ein; Talma und Fleury bildeten den Ausschuß zur Beaufsich¬
tigung. Das Decret von Moskau errichtete achtzehn Schülerstellen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/791>, abgerufen am 01.07.2024.