Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

Bild:
<< vorherige Seite

Theaterverwaltungen zu dem unveränderlichen Satze von zwölf Pro¬
cent der Bruttoeinnahme zu bringen. Dieser Modus ist bei fast
allen Melodramen- und Vaudevilletheatern gebräuchlich. Für die
Provinz empfangen die Autoren einen bestimmten Antheil, der nach
der Art des Werkes und der Wichtigkeit der Stadt modificirt ist.
Man weiß, daß neuerdings der König von Sardinien die Rechte der
französischen Autoren auch auf seine Continentalstaaten ausgedehnt
hat. --

Von der Anzahl Autoren, welche die Literatur als solche aner¬
kennen muß, arbeiten zwanzig ungefähr auf speciellere Weise für die
Oomellie dran^ise und die anderen königlichen Theater; Alle, aus¬
genommen fünf oder sechs, haben den Melodramen- und Vaudeville¬
theatern Stücke gegeben. Früher bildeten die Schriftsteller, welche
sich dem l'IMtre kr"nhii,i8 widmeten, eine Art von Elite, welche mit
höchst wenigen Ausnahmen es verschmähte, zu den Bühnen zweiten
Ranges hinab zu steigen. Diese Aristokratie ist verschwunden; ob
zum Stutzen der Literatur, das ist sehr zu bezweifeln. Man sucht jetzt
die leichten und lucrativen Erfolge und merkt nicht, daß selbst von
diesem eines bedeutenden Geistes unwürdigen Gesichtspunkte aus man
sich verrechnet. Die Vaudevilletheater bieten für Leute, die auf hö¬
heren Bühnen sich angewöhnt haben, das Publicum und ihr eigenes
Talent zu achten, nur wenig Aussicht auf Erfolg. Man kann es
nicht oft genug wiederholen, die edlen Bestrebungen sind niemals
ohne Belohnung geblieben, und wenn es möglich wäre, das Budget
unserer bedeutendsten Dichter zu controliren, die sich bereichert haben
durch Arbeiten für die Bühnen, so würde man sehen, daß das l'mon-
tre ki-iuihins, die 0por.^ und Operi" comiijuv die solide Basis ihres
Vermögens gewesen sind.

Die Autorantheile werden im Durchschnitte auf achtmalhundert-
tausend Francs jährlich angeschlagen und zweimalhunderttausend Francs
für die Provinz, ohne noch die Nebenvortheile zu rechnen, welche wir
später erwähnen werden. Davon muß ein Abzug abgerechnet wer¬
den von zwei Procent für Paris und fünfzehn Procent für die Pro¬
vinz zu Gunsten der mit der Erhebung der Gelder beauftragten
Agenten. Diese Million, so beträchtlich auch eine solche Summe
scheinen mag, läßt für die Heerde nur einen mageren Theil übrig,
wenn die Löwen den ihrigen davon genommen haben, und viele


Theaterverwaltungen zu dem unveränderlichen Satze von zwölf Pro¬
cent der Bruttoeinnahme zu bringen. Dieser Modus ist bei fast
allen Melodramen- und Vaudevilletheatern gebräuchlich. Für die
Provinz empfangen die Autoren einen bestimmten Antheil, der nach
der Art des Werkes und der Wichtigkeit der Stadt modificirt ist.
Man weiß, daß neuerdings der König von Sardinien die Rechte der
französischen Autoren auch auf seine Continentalstaaten ausgedehnt
hat. —

Von der Anzahl Autoren, welche die Literatur als solche aner¬
kennen muß, arbeiten zwanzig ungefähr auf speciellere Weise für die
Oomellie dran^ise und die anderen königlichen Theater; Alle, aus¬
genommen fünf oder sechs, haben den Melodramen- und Vaudeville¬
theatern Stücke gegeben. Früher bildeten die Schriftsteller, welche
sich dem l'IMtre kr»nhii,i8 widmeten, eine Art von Elite, welche mit
höchst wenigen Ausnahmen es verschmähte, zu den Bühnen zweiten
Ranges hinab zu steigen. Diese Aristokratie ist verschwunden; ob
zum Stutzen der Literatur, das ist sehr zu bezweifeln. Man sucht jetzt
die leichten und lucrativen Erfolge und merkt nicht, daß selbst von
diesem eines bedeutenden Geistes unwürdigen Gesichtspunkte aus man
sich verrechnet. Die Vaudevilletheater bieten für Leute, die auf hö¬
heren Bühnen sich angewöhnt haben, das Publicum und ihr eigenes
Talent zu achten, nur wenig Aussicht auf Erfolg. Man kann es
nicht oft genug wiederholen, die edlen Bestrebungen sind niemals
ohne Belohnung geblieben, und wenn es möglich wäre, das Budget
unserer bedeutendsten Dichter zu controliren, die sich bereichert haben
durch Arbeiten für die Bühnen, so würde man sehen, daß das l'mon-
tre ki-iuihins, die 0por.^ und Operi» comiijuv die solide Basis ihres
Vermögens gewesen sind.

Die Autorantheile werden im Durchschnitte auf achtmalhundert-
tausend Francs jährlich angeschlagen und zweimalhunderttausend Francs
für die Provinz, ohne noch die Nebenvortheile zu rechnen, welche wir
später erwähnen werden. Davon muß ein Abzug abgerechnet wer¬
den von zwei Procent für Paris und fünfzehn Procent für die Pro¬
vinz zu Gunsten der mit der Erhebung der Gelder beauftragten
Agenten. Diese Million, so beträchtlich auch eine solche Summe
scheinen mag, läßt für die Heerde nur einen mageren Theil übrig,
wenn die Löwen den ihrigen davon genommen haben, und viele


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0788" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/180501"/>
            <p xml:id="ID_2034" prev="#ID_2033"> Theaterverwaltungen zu dem unveränderlichen Satze von zwölf Pro¬<lb/>
cent der Bruttoeinnahme zu bringen. Dieser Modus ist bei fast<lb/>
allen Melodramen- und Vaudevilletheatern gebräuchlich. Für die<lb/>
Provinz empfangen die Autoren einen bestimmten Antheil, der nach<lb/>
der Art des Werkes und der Wichtigkeit der Stadt modificirt ist.<lb/>
Man weiß, daß neuerdings der König von Sardinien die Rechte der<lb/>
französischen Autoren auch auf seine Continentalstaaten ausgedehnt<lb/>
hat. &#x2014;</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2035"> Von der Anzahl Autoren, welche die Literatur als solche aner¬<lb/>
kennen muß, arbeiten zwanzig ungefähr auf speciellere Weise für die<lb/>
Oomellie dran^ise und die anderen königlichen Theater; Alle, aus¬<lb/>
genommen fünf oder sechs, haben den Melodramen- und Vaudeville¬<lb/>
theatern Stücke gegeben. Früher bildeten die Schriftsteller, welche<lb/>
sich dem l'IMtre kr»nhii,i8 widmeten, eine Art von Elite, welche mit<lb/>
höchst wenigen Ausnahmen es verschmähte, zu den Bühnen zweiten<lb/>
Ranges hinab zu steigen. Diese Aristokratie ist verschwunden; ob<lb/>
zum Stutzen der Literatur, das ist sehr zu bezweifeln. Man sucht jetzt<lb/>
die leichten und lucrativen Erfolge und merkt nicht, daß selbst von<lb/>
diesem eines bedeutenden Geistes unwürdigen Gesichtspunkte aus man<lb/>
sich verrechnet. Die Vaudevilletheater bieten für Leute, die auf hö¬<lb/>
heren Bühnen sich angewöhnt haben, das Publicum und ihr eigenes<lb/>
Talent zu achten, nur wenig Aussicht auf Erfolg. Man kann es<lb/>
nicht oft genug wiederholen, die edlen Bestrebungen sind niemals<lb/>
ohne Belohnung geblieben, und wenn es möglich wäre, das Budget<lb/>
unserer bedeutendsten Dichter zu controliren, die sich bereichert haben<lb/>
durch Arbeiten für die Bühnen, so würde man sehen, daß das l'mon-<lb/>
tre ki-iuihins, die 0por.^ und Operi» comiijuv die solide Basis ihres<lb/>
Vermögens gewesen sind.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2036" next="#ID_2037"> Die Autorantheile werden im Durchschnitte auf achtmalhundert-<lb/>
tausend Francs jährlich angeschlagen und zweimalhunderttausend Francs<lb/>
für die Provinz, ohne noch die Nebenvortheile zu rechnen, welche wir<lb/>
später erwähnen werden. Davon muß ein Abzug abgerechnet wer¬<lb/>
den von zwei Procent für Paris und fünfzehn Procent für die Pro¬<lb/>
vinz zu Gunsten der mit der Erhebung der Gelder beauftragten<lb/>
Agenten. Diese Million, so beträchtlich auch eine solche Summe<lb/>
scheinen mag, läßt für die Heerde nur einen mageren Theil übrig,<lb/>
wenn die Löwen den ihrigen davon genommen haben, und viele</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0788] Theaterverwaltungen zu dem unveränderlichen Satze von zwölf Pro¬ cent der Bruttoeinnahme zu bringen. Dieser Modus ist bei fast allen Melodramen- und Vaudevilletheatern gebräuchlich. Für die Provinz empfangen die Autoren einen bestimmten Antheil, der nach der Art des Werkes und der Wichtigkeit der Stadt modificirt ist. Man weiß, daß neuerdings der König von Sardinien die Rechte der französischen Autoren auch auf seine Continentalstaaten ausgedehnt hat. — Von der Anzahl Autoren, welche die Literatur als solche aner¬ kennen muß, arbeiten zwanzig ungefähr auf speciellere Weise für die Oomellie dran^ise und die anderen königlichen Theater; Alle, aus¬ genommen fünf oder sechs, haben den Melodramen- und Vaudeville¬ theatern Stücke gegeben. Früher bildeten die Schriftsteller, welche sich dem l'IMtre kr»nhii,i8 widmeten, eine Art von Elite, welche mit höchst wenigen Ausnahmen es verschmähte, zu den Bühnen zweiten Ranges hinab zu steigen. Diese Aristokratie ist verschwunden; ob zum Stutzen der Literatur, das ist sehr zu bezweifeln. Man sucht jetzt die leichten und lucrativen Erfolge und merkt nicht, daß selbst von diesem eines bedeutenden Geistes unwürdigen Gesichtspunkte aus man sich verrechnet. Die Vaudevilletheater bieten für Leute, die auf hö¬ heren Bühnen sich angewöhnt haben, das Publicum und ihr eigenes Talent zu achten, nur wenig Aussicht auf Erfolg. Man kann es nicht oft genug wiederholen, die edlen Bestrebungen sind niemals ohne Belohnung geblieben, und wenn es möglich wäre, das Budget unserer bedeutendsten Dichter zu controliren, die sich bereichert haben durch Arbeiten für die Bühnen, so würde man sehen, daß das l'mon- tre ki-iuihins, die 0por.^ und Operi» comiijuv die solide Basis ihres Vermögens gewesen sind. Die Autorantheile werden im Durchschnitte auf achtmalhundert- tausend Francs jährlich angeschlagen und zweimalhunderttausend Francs für die Provinz, ohne noch die Nebenvortheile zu rechnen, welche wir später erwähnen werden. Davon muß ein Abzug abgerechnet wer¬ den von zwei Procent für Paris und fünfzehn Procent für die Pro¬ vinz zu Gunsten der mit der Erhebung der Gelder beauftragten Agenten. Diese Million, so beträchtlich auch eine solche Summe scheinen mag, läßt für die Heerde nur einen mageren Theil übrig, wenn die Löwen den ihrigen davon genommen haben, und viele

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/788
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/788>, abgerufen am 23.12.2024.