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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

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der rivalisirenden Unternehmungen, das sind die drei Regeln, auf
welchen die kaiserlichen Decrete beruhen und die noch heute die ad.
ministrative Basis der Thcaterbeaufsichtigung bilden. Die Nothwen¬
digkeit der vorhergängigen Autorisation beruft die Regie¬
rung, bei der Bildung von Unternehmen einzuschreiten, um zu con-
statiren, daß der Begründer derselben die zum materiellen Erfolge
nöthigen Mittel besitze und um vermöge einer Caution Sicherheit zu
geben für die Ansprüche der als Speculanten oder Künstler bei dem
Etablissement betheiligten Personen und für die Einhaltung der Be¬
dingungen deö Privilegiums. Die Trennung der Genres, welche
jedem Theater einen speciellen Kreis des Darzustellenden zuertheilt,
bereitet dem Publicum Genüsse, welche seiner würdig sind, und ver¬
hindert entmuthigende Profanationen für Theater eines höheren Ran¬
ges. Die Beschränkung der Zahl bringt die Bühnen in Pro¬
portion mit den Bedürfnissen der Bevölkerung und schützt das Gebiet
der Künste vor dem schimpflichen Eindringen der mercantilischen Con-
currenz. Der Kaiser wollte noch mehr, er machte es sich zur edelsten
Pflicht, das Blühen der <)i'<-'-> und des It.vio," fian^-ni, zu sichern;
er betrachtete sie als National-Jnstitute, deren kostspieliger Glanz auf
Rechnung der egoistischen und kleinlichen Speculation "halten wer¬
den müsse. Er stand daher nicht an^ alle Scenen zweiten Ranges
der Oj^n, tributpflichtig zu machen, und wenn er diese Maßregel
nicht auch zu Gunsten der OkMe^i"; t>n"^i"e ausdehnte, so geschah
es nur deshalb, weil diese damals in einem Zustande merklichen
Gedeihens sich befand. Er theilte dem l'l,^-" ir-in^is und der
Os,!!,-!,, <:"imiP><; wenigstens das Eigenthum der Stücke ihres Reper¬
toires zu, und wollte, daß teilt anderes Theater von diesem Reper¬
toire Stücke entlehnen dürfe, ohne Erlaubniß der Eigenthümer und
eine Entschädigung nach gegenseitigem Übereinkommen. In Paris
wurde das Recht, Maskenbälle geben zu dürfen, der Oper allein zu-
ertheilt, und in der Provinz den approbirten Theatern.

Bei dieser Organisation combinirt sich Alles und greift in einan¬
der. Die große Oper, welche vom Staate unterhalten und von den
Theatern zweiten Ranges durch Geldabgaben unterstützt wird, steht
an der Spitze der lyrischen Theater und unter ihr die komische Oper,
welche durch ihr specielles Repertoire bereichert ist und die Opera
buffa als Anhang. Die Tragövie und hohe Komödie, welche da-


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der rivalisirenden Unternehmungen, das sind die drei Regeln, auf
welchen die kaiserlichen Decrete beruhen und die noch heute die ad.
ministrative Basis der Thcaterbeaufsichtigung bilden. Die Nothwen¬
digkeit der vorhergängigen Autorisation beruft die Regie¬
rung, bei der Bildung von Unternehmen einzuschreiten, um zu con-
statiren, daß der Begründer derselben die zum materiellen Erfolge
nöthigen Mittel besitze und um vermöge einer Caution Sicherheit zu
geben für die Ansprüche der als Speculanten oder Künstler bei dem
Etablissement betheiligten Personen und für die Einhaltung der Be¬
dingungen deö Privilegiums. Die Trennung der Genres, welche
jedem Theater einen speciellen Kreis des Darzustellenden zuertheilt,
bereitet dem Publicum Genüsse, welche seiner würdig sind, und ver¬
hindert entmuthigende Profanationen für Theater eines höheren Ran¬
ges. Die Beschränkung der Zahl bringt die Bühnen in Pro¬
portion mit den Bedürfnissen der Bevölkerung und schützt das Gebiet
der Künste vor dem schimpflichen Eindringen der mercantilischen Con-
currenz. Der Kaiser wollte noch mehr, er machte es sich zur edelsten
Pflicht, das Blühen der <)i'<-'-> und des It.vio,» fian^-ni, zu sichern;
er betrachtete sie als National-Jnstitute, deren kostspieliger Glanz auf
Rechnung der egoistischen und kleinlichen Speculation »halten wer¬
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eine Entschädigung nach gegenseitigem Übereinkommen. In Paris
wurde das Recht, Maskenbälle geben zu dürfen, der Oper allein zu-
ertheilt, und in der Provinz den approbirten Theatern.

Bei dieser Organisation combinirt sich Alles und greift in einan¬
der. Die große Oper, welche vom Staate unterhalten und von den
Theatern zweiten Ranges durch Geldabgaben unterstützt wird, steht
an der Spitze der lyrischen Theater und unter ihr die komische Oper,
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[0779] der rivalisirenden Unternehmungen, das sind die drei Regeln, auf welchen die kaiserlichen Decrete beruhen und die noch heute die ad. ministrative Basis der Thcaterbeaufsichtigung bilden. Die Nothwen¬ digkeit der vorhergängigen Autorisation beruft die Regie¬ rung, bei der Bildung von Unternehmen einzuschreiten, um zu con- statiren, daß der Begründer derselben die zum materiellen Erfolge nöthigen Mittel besitze und um vermöge einer Caution Sicherheit zu geben für die Ansprüche der als Speculanten oder Künstler bei dem Etablissement betheiligten Personen und für die Einhaltung der Be¬ dingungen deö Privilegiums. Die Trennung der Genres, welche jedem Theater einen speciellen Kreis des Darzustellenden zuertheilt, bereitet dem Publicum Genüsse, welche seiner würdig sind, und ver¬ hindert entmuthigende Profanationen für Theater eines höheren Ran¬ ges. Die Beschränkung der Zahl bringt die Bühnen in Pro¬ portion mit den Bedürfnissen der Bevölkerung und schützt das Gebiet der Künste vor dem schimpflichen Eindringen der mercantilischen Con- currenz. Der Kaiser wollte noch mehr, er machte es sich zur edelsten Pflicht, das Blühen der <)i'<-'-> und des It.vio,» fian^-ni, zu sichern; er betrachtete sie als National-Jnstitute, deren kostspieliger Glanz auf Rechnung der egoistischen und kleinlichen Speculation »halten wer¬ den müsse. Er stand daher nicht an^ alle Scenen zweiten Ranges der Oj^n, tributpflichtig zu machen, und wenn er diese Maßregel nicht auch zu Gunsten der OkMe^i«; t>n»^i«e ausdehnte, so geschah es nur deshalb, weil diese damals in einem Zustande merklichen Gedeihens sich befand. Er theilte dem l'l,^-« ir-in^is und der Os,!!,-!,, <:«imiP><; wenigstens das Eigenthum der Stücke ihres Reper¬ toires zu, und wollte, daß teilt anderes Theater von diesem Reper¬ toire Stücke entlehnen dürfe, ohne Erlaubniß der Eigenthümer und eine Entschädigung nach gegenseitigem Übereinkommen. In Paris wurde das Recht, Maskenbälle geben zu dürfen, der Oper allein zu- ertheilt, und in der Provinz den approbirten Theatern. Bei dieser Organisation combinirt sich Alles und greift in einan¬ der. Die große Oper, welche vom Staate unterhalten und von den Theatern zweiten Ranges durch Geldabgaben unterstützt wird, steht an der Spitze der lyrischen Theater und unter ihr die komische Oper, welche durch ihr specielles Repertoire bereichert ist und die Opera buffa als Anhang. Die Tragövie und hohe Komödie, welche da- 100»

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/779>, abgerufen am 01.07.2024.