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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

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verboten werden. Für die Prüfung muß eine Gebühr bezahlt wer¬
den, welche zwei Guineen nicht überschreiten kann und zugleich mit
der Eingabe der Abschrift zu erlegen ist. Das Verbot kann jedesmal
ausgesprochen werden, sobald der Lordkämmerer glaubt, daß es im
Interesse der guten Sitten, des Decorums oder der öffentlichen Ruhe
erheischt wird (lor edle xioserviltion ok mimnvrs, tlecorum "r
lit' tke public pe-kee); dasselbe kann absolut oder zeitweilig sein, und
alle Theater Großbritanniens oder blos einzelne betreffen. Wer ein
verbotenes Werk aufführt oder auch nur ein nicht vorgelegtes, unter-,
liegt einer Strafe, welche sich auf fünfzig Pfund Sterling belaufen
kann, und die Autorisation wird dem Theater entzogen. Unter der
Bezeichnung dramatisches Werk sind begriffen: Tragödien, Komödien,
Possen, Opern, Vaudevilles (burlett-is), Zwischenspiele, Melodramen,
Pantomimen und andere für die Bühne bestimmte Productionen, so¬
wohl in ihrem Ganzen als theilweis.

Man kann sich nicht mit den Interessen des Theaters beschäfti¬
gen, ohne sich auch um die der dramatischen Autoren zu kümmern,
welche eng damit verknüpft sind. In dieser Beziehung hatte die Ge¬
setzgebung von 1833 für das literarische Eigenthum die tadelnswür-
digste Gleichgiltigkeit gezeigt. Es war nicht nöthig, vor der Auffüh¬
rung seines Stückes vom Autor die Erlaubniß zu erwerben, noch
brauchte man ihm, wie in Frankreich, für jede Vorstellung irgend eine
Gebühr zu zahlen. Der Verfasser erhielt nur von dem Theater eine
Vergütigung, welchem er sein Manuscript überlieferte, und mit dem
er unterhandelte. Die Provincialtheater glaubten sich, u"d waren
in der That berechtigt, jedes in London schon gegebene Stück zu spie¬
len, und die Theater von London gaben jedes schon veröffentlichte
Werk, weil dasselbe in diesem Falle als allgemeines Eigenthum be¬
trachtet wurde. Um die Ausübung dieses Rechtes, wenn man so ei¬
nen wahrhaften Diebstahl nennen will, hinauszuschieben verlangte
das Theater, welches mit dem Autor unterhandelte, daß er sein Werk
nicht unter drei Monaten veröffentliche; aber gegen O'Keese hatte
das Gericht entschieden, daß eine Vorstellung auch schon als Ver¬
öffentlichung zu betrachten sei, daher bemächtigten sich während der
Vorstellung im Theater Stenographen des Stückes; ein Centralbureau
verkaufte es und es wurde überall ungehindert gegeben; ganz natür¬
lich ließen die Direktoren es an sich kommen, mit dem Autor zu un-


verboten werden. Für die Prüfung muß eine Gebühr bezahlt wer¬
den, welche zwei Guineen nicht überschreiten kann und zugleich mit
der Eingabe der Abschrift zu erlegen ist. Das Verbot kann jedesmal
ausgesprochen werden, sobald der Lordkämmerer glaubt, daß es im
Interesse der guten Sitten, des Decorums oder der öffentlichen Ruhe
erheischt wird (lor edle xioserviltion ok mimnvrs, tlecorum »r
lit' tke public pe-kee); dasselbe kann absolut oder zeitweilig sein, und
alle Theater Großbritanniens oder blos einzelne betreffen. Wer ein
verbotenes Werk aufführt oder auch nur ein nicht vorgelegtes, unter-,
liegt einer Strafe, welche sich auf fünfzig Pfund Sterling belaufen
kann, und die Autorisation wird dem Theater entzogen. Unter der
Bezeichnung dramatisches Werk sind begriffen: Tragödien, Komödien,
Possen, Opern, Vaudevilles (burlett-is), Zwischenspiele, Melodramen,
Pantomimen und andere für die Bühne bestimmte Productionen, so¬
wohl in ihrem Ganzen als theilweis.

Man kann sich nicht mit den Interessen des Theaters beschäfti¬
gen, ohne sich auch um die der dramatischen Autoren zu kümmern,
welche eng damit verknüpft sind. In dieser Beziehung hatte die Ge¬
setzgebung von 1833 für das literarische Eigenthum die tadelnswür-
digste Gleichgiltigkeit gezeigt. Es war nicht nöthig, vor der Auffüh¬
rung seines Stückes vom Autor die Erlaubniß zu erwerben, noch
brauchte man ihm, wie in Frankreich, für jede Vorstellung irgend eine
Gebühr zu zahlen. Der Verfasser erhielt nur von dem Theater eine
Vergütigung, welchem er sein Manuscript überlieferte, und mit dem
er unterhandelte. Die Provincialtheater glaubten sich, u„d waren
in der That berechtigt, jedes in London schon gegebene Stück zu spie¬
len, und die Theater von London gaben jedes schon veröffentlichte
Werk, weil dasselbe in diesem Falle als allgemeines Eigenthum be¬
trachtet wurde. Um die Ausübung dieses Rechtes, wenn man so ei¬
nen wahrhaften Diebstahl nennen will, hinauszuschieben verlangte
das Theater, welches mit dem Autor unterhandelte, daß er sein Werk
nicht unter drei Monaten veröffentliche; aber gegen O'Keese hatte
das Gericht entschieden, daß eine Vorstellung auch schon als Ver¬
öffentlichung zu betrachten sei, daher bemächtigten sich während der
Vorstellung im Theater Stenographen des Stückes; ein Centralbureau
verkaufte es und es wurde überall ungehindert gegeben; ganz natür¬
lich ließen die Direktoren es an sich kommen, mit dem Autor zu un-


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[0763] verboten werden. Für die Prüfung muß eine Gebühr bezahlt wer¬ den, welche zwei Guineen nicht überschreiten kann und zugleich mit der Eingabe der Abschrift zu erlegen ist. Das Verbot kann jedesmal ausgesprochen werden, sobald der Lordkämmerer glaubt, daß es im Interesse der guten Sitten, des Decorums oder der öffentlichen Ruhe erheischt wird (lor edle xioserviltion ok mimnvrs, tlecorum »r lit' tke public pe-kee); dasselbe kann absolut oder zeitweilig sein, und alle Theater Großbritanniens oder blos einzelne betreffen. Wer ein verbotenes Werk aufführt oder auch nur ein nicht vorgelegtes, unter-, liegt einer Strafe, welche sich auf fünfzig Pfund Sterling belaufen kann, und die Autorisation wird dem Theater entzogen. Unter der Bezeichnung dramatisches Werk sind begriffen: Tragödien, Komödien, Possen, Opern, Vaudevilles (burlett-is), Zwischenspiele, Melodramen, Pantomimen und andere für die Bühne bestimmte Productionen, so¬ wohl in ihrem Ganzen als theilweis. Man kann sich nicht mit den Interessen des Theaters beschäfti¬ gen, ohne sich auch um die der dramatischen Autoren zu kümmern, welche eng damit verknüpft sind. In dieser Beziehung hatte die Ge¬ setzgebung von 1833 für das literarische Eigenthum die tadelnswür- digste Gleichgiltigkeit gezeigt. Es war nicht nöthig, vor der Auffüh¬ rung seines Stückes vom Autor die Erlaubniß zu erwerben, noch brauchte man ihm, wie in Frankreich, für jede Vorstellung irgend eine Gebühr zu zahlen. Der Verfasser erhielt nur von dem Theater eine Vergütigung, welchem er sein Manuscript überlieferte, und mit dem er unterhandelte. Die Provincialtheater glaubten sich, u„d waren in der That berechtigt, jedes in London schon gegebene Stück zu spie¬ len, und die Theater von London gaben jedes schon veröffentlichte Werk, weil dasselbe in diesem Falle als allgemeines Eigenthum be¬ trachtet wurde. Um die Ausübung dieses Rechtes, wenn man so ei¬ nen wahrhaften Diebstahl nennen will, hinauszuschieben verlangte das Theater, welches mit dem Autor unterhandelte, daß er sein Werk nicht unter drei Monaten veröffentliche; aber gegen O'Keese hatte das Gericht entschieden, daß eine Vorstellung auch schon als Ver¬ öffentlichung zu betrachten sei, daher bemächtigten sich während der Vorstellung im Theater Stenographen des Stückes; ein Centralbureau verkaufte es und es wurde überall ungehindert gegeben; ganz natür¬ lich ließen die Direktoren es an sich kommen, mit dem Autor zu un-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/763>, abgerufen am 24.12.2024.