Fenster, winkte ihm mit üppig weißer Hand und lockte ihn mit schwellender Lippe. Nun wurve es dem Jüngling drinnen zu heiß, er ging hinaus und stürzte sich in den Strudel von Wein und Lust und Abenteuern. Allein er genoß nicht wie ein trunkener Silcnos, sondern mit flammendem Freudcnauge durchdrang er Alles und gab es wieder, gerade so, wie er es gesehen hatte. Darum glühen und blühen seine Gesänge ursprünglich frisch; da ist von Gemachtem, von Hinzugefügtem keine Spur. Man thut den Bellmann'schen Liedern noch Eintrag, wenn man sie mit den kleinen feinen Bildern der Holländer vergleicht, wo die Maler das winzige Jnsect, den Verlor¬ nen Wassertropfen und den Staubfleck der Natur abgelauscht haben. Hier ist doch immer nur Copie der Wirklichkeit, dort aber ist die Wirklichkeit selbst. Bellmann gab seinen Poesien jedesmal die Me¬ lodie, welche dazu paßt, wie Quellengeriesel zu einer wollüstigen Mainacht; Tert und Musik entstanden im nämlichen Augenblick, beide waren improvisirt, und er sang die Lieder zur Guitarre.
So zogen seine blühenden Worte auf der Töne Flügel durch Skandinavien hin, sie prägten sich tief in die Gemüther, und jede hübsche Dirne trällerte sie nach. Die Mädchen mochten das dreist, denn in welch wüste Kloaken sie sich auch oft perlorcn, die Sittlich¬ keit wurde nie verletzt. -- Gustav III. konnte ein so begabter Mensch, wie Bcllmann, nicht unbeachtet vorübergehen, und er wurde sein Günstling. Der König ließ ihn als Secretär bei der Staatölottcrie anstellen, doch Bcllmann taugte schlecht zum Rechenmeister, und ge¬ gen die Hälfte des Gehaltes trat er seinen Posten einem Anderen ab. Nun fühlte sich der Poet unabhängig und sorgenfrei; er lebte an dem reichen, lüsternen Hofe, und sein Genius schaffte fortdauernd neuen Liederklang. Das sind wahre Volksweisen, verständlich für jedes Kind, einfach und klar, und dabei immer sangbar, immer me¬ lodisch. In der Karrikatur, im Spott- und Weinlicde ruht seine ei¬ gentliche Kraft, und König Gustav hat ihn den schwedischen Anakreon genannt. Seine poetischen Bilder führen uns in Spelunken, zeigen uns das üppige Treiben jener Zeit und reißen unaufhaltsam mit sich fort zu bacchantischem Taumel. Aber auch ernst, tief wehmüthig konnte Bellmann sein, das beweist er genugsam in seinem Buche: "Gedanken an Frau Hallmann's Grab (1764)."
Ueberhaupt befaß er eine ganz eigene, wandelbare Natur, und
Fenster, winkte ihm mit üppig weißer Hand und lockte ihn mit schwellender Lippe. Nun wurve es dem Jüngling drinnen zu heiß, er ging hinaus und stürzte sich in den Strudel von Wein und Lust und Abenteuern. Allein er genoß nicht wie ein trunkener Silcnos, sondern mit flammendem Freudcnauge durchdrang er Alles und gab es wieder, gerade so, wie er es gesehen hatte. Darum glühen und blühen seine Gesänge ursprünglich frisch; da ist von Gemachtem, von Hinzugefügtem keine Spur. Man thut den Bellmann'schen Liedern noch Eintrag, wenn man sie mit den kleinen feinen Bildern der Holländer vergleicht, wo die Maler das winzige Jnsect, den Verlor¬ nen Wassertropfen und den Staubfleck der Natur abgelauscht haben. Hier ist doch immer nur Copie der Wirklichkeit, dort aber ist die Wirklichkeit selbst. Bellmann gab seinen Poesien jedesmal die Me¬ lodie, welche dazu paßt, wie Quellengeriesel zu einer wollüstigen Mainacht; Tert und Musik entstanden im nämlichen Augenblick, beide waren improvisirt, und er sang die Lieder zur Guitarre.
So zogen seine blühenden Worte auf der Töne Flügel durch Skandinavien hin, sie prägten sich tief in die Gemüther, und jede hübsche Dirne trällerte sie nach. Die Mädchen mochten das dreist, denn in welch wüste Kloaken sie sich auch oft perlorcn, die Sittlich¬ keit wurde nie verletzt. — Gustav III. konnte ein so begabter Mensch, wie Bcllmann, nicht unbeachtet vorübergehen, und er wurde sein Günstling. Der König ließ ihn als Secretär bei der Staatölottcrie anstellen, doch Bcllmann taugte schlecht zum Rechenmeister, und ge¬ gen die Hälfte des Gehaltes trat er seinen Posten einem Anderen ab. Nun fühlte sich der Poet unabhängig und sorgenfrei; er lebte an dem reichen, lüsternen Hofe, und sein Genius schaffte fortdauernd neuen Liederklang. Das sind wahre Volksweisen, verständlich für jedes Kind, einfach und klar, und dabei immer sangbar, immer me¬ lodisch. In der Karrikatur, im Spott- und Weinlicde ruht seine ei¬ gentliche Kraft, und König Gustav hat ihn den schwedischen Anakreon genannt. Seine poetischen Bilder führen uns in Spelunken, zeigen uns das üppige Treiben jener Zeit und reißen unaufhaltsam mit sich fort zu bacchantischem Taumel. Aber auch ernst, tief wehmüthig konnte Bellmann sein, das beweist er genugsam in seinem Buche: „Gedanken an Frau Hallmann's Grab (1764)."
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Fenster, winkte ihm mit üppig weißer Hand und lockte ihn mit
schwellender Lippe. Nun wurve es dem Jüngling drinnen zu heiß,
er ging hinaus und stürzte sich in den Strudel von Wein und Lust
und Abenteuern. Allein er genoß nicht wie ein trunkener Silcnos,
sondern mit flammendem Freudcnauge durchdrang er Alles und gab
es wieder, gerade so, wie er es gesehen hatte. Darum glühen und
blühen seine Gesänge ursprünglich frisch; da ist von Gemachtem, von
Hinzugefügtem keine Spur. Man thut den Bellmann'schen Liedern
noch Eintrag, wenn man sie mit den kleinen feinen Bildern der
Holländer vergleicht, wo die Maler das winzige Jnsect, den Verlor¬
nen Wassertropfen und den Staubfleck der Natur abgelauscht haben.
Hier ist doch immer nur Copie der Wirklichkeit, dort aber ist die
Wirklichkeit selbst. Bellmann gab seinen Poesien jedesmal die Me¬
lodie, welche dazu paßt, wie Quellengeriesel zu einer wollüstigen
Mainacht; Tert und Musik entstanden im nämlichen Augenblick, beide
waren improvisirt, und er sang die Lieder zur Guitarre.
So zogen seine blühenden Worte auf der Töne Flügel durch
Skandinavien hin, sie prägten sich tief in die Gemüther, und jede
hübsche Dirne trällerte sie nach. Die Mädchen mochten das dreist,
denn in welch wüste Kloaken sie sich auch oft perlorcn, die Sittlich¬
keit wurde nie verletzt. — Gustav III. konnte ein so begabter Mensch,
wie Bcllmann, nicht unbeachtet vorübergehen, und er wurde sein
Günstling. Der König ließ ihn als Secretär bei der Staatölottcrie
anstellen, doch Bcllmann taugte schlecht zum Rechenmeister, und ge¬
gen die Hälfte des Gehaltes trat er seinen Posten einem Anderen ab.
Nun fühlte sich der Poet unabhängig und sorgenfrei; er lebte an
dem reichen, lüsternen Hofe, und sein Genius schaffte fortdauernd
neuen Liederklang. Das sind wahre Volksweisen, verständlich für
jedes Kind, einfach und klar, und dabei immer sangbar, immer me¬
lodisch. In der Karrikatur, im Spott- und Weinlicde ruht seine ei¬
gentliche Kraft, und König Gustav hat ihn den schwedischen Anakreon
genannt. Seine poetischen Bilder führen uns in Spelunken, zeigen
uns das üppige Treiben jener Zeit und reißen unaufhaltsam mit sich
fort zu bacchantischem Taumel. Aber auch ernst, tief wehmüthig
konnte Bellmann sein, das beweist er genugsam in seinem Buche:
„Gedanken an Frau Hallmann's Grab (1764)."
Ueberhaupt befaß er eine ganz eigene, wandelbare Natur, und
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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/678>, abgerufen am 23.12.2024.
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