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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

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Als sich die politischen Verbindungen vermehrten, als die Clubs
nicht nur geduldet, sondern selbst von Staatsbeamten begünstigt wur¬
den, bekämpfte sie Dupin kühn und ohne Rückhalt, erklärte sie .für
unverträglich mit aller staatlichen Ordnung, und forderte energisch ihre
gänzliche Unterdrückung. Als die Arbeiter verlangten, die Zügel des
Staates mit führen zu dürfen, erklärte ihnen Dupin ohne Umschweife,
daß sie Nichts davon verständen, und schickte sie in ihre Werkstätten
zurück. Als es hieß: Friede oder Krieg? als das Fieber der Pro¬
paganda auf dem höchsten Gipfel der Kraft war, kämpfte Dupin fast
allein gegen die Enthusiasten des Tages, und nannte sie echt bür¬
gerlich Tollköpfe, die zum Kriege reizen, um Federbüsche und Epau¬
letten für sich zu gewinnen.

Dieser kräftige, zuweilen selbst herbe Widerstand gegen die Ver-
irrungen der Revolution erklärt die Mißgriffe, als deren Opfer Du¬
pin leicht am 14. Februar hätte fallen können. Nach der Zerstörung
des erzbischöflichen Palastes und der Kirche Samt Germain l'Aurer-
roiö eilte der Pöbel unter Mordgehenl nach dem Hause des muthi¬
gen Deputaten. Nur der rechtzeitigen Ankunft der Nationalgarde
gelang es, ihn zu befreien und die Annalen der Julirevolution vor
einem unauslöschlichen Flecken zu bewahren.

Während der ganzen Dauer des Ministeriums Perier unterschrieb
Dupin mit Wort und Stimme alle Handlungen der Regierung in
ihrem Kampf gegen die Parteien. Er sprach gegen die Urheber der
Unruhe,: in Lyon, Grenoble und Paris, für die Abschaffung der Erb¬
lichkeit der Paine, unterstützte das Polizeigesetz gegen die Ncfugivs
und wies, als mit allen NegierungSprincipien unverträglich, die For¬
derung der Rehabilitation und Entschädigung von Seiten der poli¬
tischen Verurtheilten unter der Restauration zurück.

Als im April endlich die Negierung ihren letzten und entschei¬
denden Sieg davongetragen hatte, nahm Dupin wieder Besitz von
seiner politischen Individualität; er glaubte jetzt, es sei Zeit, den
Opfern ein Ende zu machen, die Allsgaben zu ermäßigen, der Ueber-
schreitung des Supplementarcrediteö ein Ende zu machen und die
Kammer in ihre Verwaltungö. und Untersuchungsrechte wieder ein¬
zusetzen; er war Ministerieller gewesen und wurde jetzt Oppositions¬
mann.


Als sich die politischen Verbindungen vermehrten, als die Clubs
nicht nur geduldet, sondern selbst von Staatsbeamten begünstigt wur¬
den, bekämpfte sie Dupin kühn und ohne Rückhalt, erklärte sie .für
unverträglich mit aller staatlichen Ordnung, und forderte energisch ihre
gänzliche Unterdrückung. Als die Arbeiter verlangten, die Zügel des
Staates mit führen zu dürfen, erklärte ihnen Dupin ohne Umschweife,
daß sie Nichts davon verständen, und schickte sie in ihre Werkstätten
zurück. Als es hieß: Friede oder Krieg? als das Fieber der Pro¬
paganda auf dem höchsten Gipfel der Kraft war, kämpfte Dupin fast
allein gegen die Enthusiasten des Tages, und nannte sie echt bür¬
gerlich Tollköpfe, die zum Kriege reizen, um Federbüsche und Epau¬
letten für sich zu gewinnen.

Dieser kräftige, zuweilen selbst herbe Widerstand gegen die Ver-
irrungen der Revolution erklärt die Mißgriffe, als deren Opfer Du¬
pin leicht am 14. Februar hätte fallen können. Nach der Zerstörung
des erzbischöflichen Palastes und der Kirche Samt Germain l'Aurer-
roiö eilte der Pöbel unter Mordgehenl nach dem Hause des muthi¬
gen Deputaten. Nur der rechtzeitigen Ankunft der Nationalgarde
gelang es, ihn zu befreien und die Annalen der Julirevolution vor
einem unauslöschlichen Flecken zu bewahren.

Während der ganzen Dauer des Ministeriums Perier unterschrieb
Dupin mit Wort und Stimme alle Handlungen der Regierung in
ihrem Kampf gegen die Parteien. Er sprach gegen die Urheber der
Unruhe,: in Lyon, Grenoble und Paris, für die Abschaffung der Erb¬
lichkeit der Paine, unterstützte das Polizeigesetz gegen die Ncfugivs
und wies, als mit allen NegierungSprincipien unverträglich, die For¬
derung der Rehabilitation und Entschädigung von Seiten der poli¬
tischen Verurtheilten unter der Restauration zurück.

Als im April endlich die Negierung ihren letzten und entschei¬
denden Sieg davongetragen hatte, nahm Dupin wieder Besitz von
seiner politischen Individualität; er glaubte jetzt, es sei Zeit, den
Opfern ein Ende zu machen, die Allsgaben zu ermäßigen, der Ueber-
schreitung des Supplementarcrediteö ein Ende zu machen und die
Kammer in ihre Verwaltungö. und Untersuchungsrechte wieder ein¬
zusetzen; er war Ministerieller gewesen und wurde jetzt Oppositions¬
mann.


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[0659] Als sich die politischen Verbindungen vermehrten, als die Clubs nicht nur geduldet, sondern selbst von Staatsbeamten begünstigt wur¬ den, bekämpfte sie Dupin kühn und ohne Rückhalt, erklärte sie .für unverträglich mit aller staatlichen Ordnung, und forderte energisch ihre gänzliche Unterdrückung. Als die Arbeiter verlangten, die Zügel des Staates mit führen zu dürfen, erklärte ihnen Dupin ohne Umschweife, daß sie Nichts davon verständen, und schickte sie in ihre Werkstätten zurück. Als es hieß: Friede oder Krieg? als das Fieber der Pro¬ paganda auf dem höchsten Gipfel der Kraft war, kämpfte Dupin fast allein gegen die Enthusiasten des Tages, und nannte sie echt bür¬ gerlich Tollköpfe, die zum Kriege reizen, um Federbüsche und Epau¬ letten für sich zu gewinnen. Dieser kräftige, zuweilen selbst herbe Widerstand gegen die Ver- irrungen der Revolution erklärt die Mißgriffe, als deren Opfer Du¬ pin leicht am 14. Februar hätte fallen können. Nach der Zerstörung des erzbischöflichen Palastes und der Kirche Samt Germain l'Aurer- roiö eilte der Pöbel unter Mordgehenl nach dem Hause des muthi¬ gen Deputaten. Nur der rechtzeitigen Ankunft der Nationalgarde gelang es, ihn zu befreien und die Annalen der Julirevolution vor einem unauslöschlichen Flecken zu bewahren. Während der ganzen Dauer des Ministeriums Perier unterschrieb Dupin mit Wort und Stimme alle Handlungen der Regierung in ihrem Kampf gegen die Parteien. Er sprach gegen die Urheber der Unruhe,: in Lyon, Grenoble und Paris, für die Abschaffung der Erb¬ lichkeit der Paine, unterstützte das Polizeigesetz gegen die Ncfugivs und wies, als mit allen NegierungSprincipien unverträglich, die For¬ derung der Rehabilitation und Entschädigung von Seiten der poli¬ tischen Verurtheilten unter der Restauration zurück. Als im April endlich die Negierung ihren letzten und entschei¬ denden Sieg davongetragen hatte, nahm Dupin wieder Besitz von seiner politischen Individualität; er glaubte jetzt, es sei Zeit, den Opfern ein Ende zu machen, die Allsgaben zu ermäßigen, der Ueber- schreitung des Supplementarcrediteö ein Ende zu machen und die Kammer in ihre Verwaltungö. und Untersuchungsrechte wieder ein¬ zusetzen; er war Ministerieller gewesen und wurde jetzt Oppositions¬ mann.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/659>, abgerufen am 01.07.2024.