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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

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"Lenz ist's," betete der Engel,
"Du aber ruhest noch immer
Im Winterschlafe müßiger Gefühle?
Die Spieluhr der Schöpfung,
Die lange stille gestanden,
singt wiederum
Ihr rauschend Halleluja
Und nennet die Geschöpfe
Melodisch bei ihren Namen.
Und Du vernähmest den Ruf nicht?
O sieh den Abend an!
Der Weltgeist spricht:
Genug für heute!
'
Die Sonne sagts ihm nach,
Es legt der Tag
Die Arbeit aus der Hand,
Es nimmt das Herz
Die Sonntagskleider um
Und naht dem Schönen und dem Große"
Mit Ahnung und Anerkennung.
Sich selbst genügt es,
Als that' es eine Wohlthat.
Nie scheint Dir lockender das Lebe",
Nie fühlst Du Dich würdiger, zu sterbe".
Du möchtest hinaus
In die offene Welt
Und träumest doch stundenlang
Vor einem Rosenbusche.
Der Haß
Schließt Waffenstillstand mit der, Liebe,
Der Glaube mit dem Zweifel,
Und ihre stolzen Monologe spricht
Die Unsterblichkeit,
Und über alle Dämme,
Die zwischen Menschen und Menschen
Das Leben warf,
Schlägt Poesie

„Lenz ist's," betete der Engel,
„Du aber ruhest noch immer
Im Winterschlafe müßiger Gefühle?
Die Spieluhr der Schöpfung,
Die lange stille gestanden,
singt wiederum
Ihr rauschend Halleluja
Und nennet die Geschöpfe
Melodisch bei ihren Namen.
Und Du vernähmest den Ruf nicht?
O sieh den Abend an!
Der Weltgeist spricht:
Genug für heute!
'
Die Sonne sagts ihm nach,
Es legt der Tag
Die Arbeit aus der Hand,
Es nimmt das Herz
Die Sonntagskleider um
Und naht dem Schönen und dem Große»
Mit Ahnung und Anerkennung.
Sich selbst genügt es,
Als that' es eine Wohlthat.
Nie scheint Dir lockender das Lebe»,
Nie fühlst Du Dich würdiger, zu sterbe».
Du möchtest hinaus
In die offene Welt
Und träumest doch stundenlang
Vor einem Rosenbusche.
Der Haß
Schließt Waffenstillstand mit der, Liebe,
Der Glaube mit dem Zweifel,
Und ihre stolzen Monologe spricht
Die Unsterblichkeit,
Und über alle Dämme,
Die zwischen Menschen und Menschen
Das Leben warf,
Schlägt Poesie

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[0624] „Lenz ist's," betete der Engel, „Du aber ruhest noch immer Im Winterschlafe müßiger Gefühle? Die Spieluhr der Schöpfung, Die lange stille gestanden, singt wiederum Ihr rauschend Halleluja Und nennet die Geschöpfe Melodisch bei ihren Namen. Und Du vernähmest den Ruf nicht? O sieh den Abend an! Der Weltgeist spricht: Genug für heute! ' Die Sonne sagts ihm nach, Es legt der Tag Die Arbeit aus der Hand, Es nimmt das Herz Die Sonntagskleider um Und naht dem Schönen und dem Große» Mit Ahnung und Anerkennung. Sich selbst genügt es, Als that' es eine Wohlthat. Nie scheint Dir lockender das Lebe», Nie fühlst Du Dich würdiger, zu sterbe». Du möchtest hinaus In die offene Welt Und träumest doch stundenlang Vor einem Rosenbusche. Der Haß Schließt Waffenstillstand mit der, Liebe, Der Glaube mit dem Zweifel, Und ihre stolzen Monologe spricht Die Unsterblichkeit, Und über alle Dämme, Die zwischen Menschen und Menschen Das Leben warf, Schlägt Poesie

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/624>, abgerufen am 29.06.2024.