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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

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und mit seinem Sohn und dein Grasen. Es kommt auch die Mut¬
ter, es kommt auch der Bursche, den unser Vater zuvor singen

gehört.
-- O Jesu, Du mein Gott! Ist mein Sohn mit dem Grafen
'

im Wagen? ruft die Mutter.
- Ist es denn wahr? Mein Bruder beim Grasen im Wagen?

ruft der Bursche.
Aber der Vater ist betäubt, er kann das Wunder nicht fassen
kann noch nicht reden, lehnt mit der Schulter am Baum und sieht

nach, den Hut feurig über dem Ohr.
Dämmerung sinkt allmälig über die Landschaft. Man kehrt
lärmend, fragend, unter Ausrufungen zurück. -- Ju der Stube erst

geht der Vater rasch auf undneder.
-- Mutter, Kinder, Leuteln. wie ihr da seid, laßt mich! Laßt
mich! 's ist anders! Mir war nicht so! Nun versteh' res, was man
sein kann, was man werden kann, wie weit man's bringt, wenn
man das Rechte wird. Pfarrer, Richter, kein Mensch hätt' nur be¬
wiesen, was mein Sohn ist und kann. Versteht einen Vater, ^s
könnte mir geschehen jetzt, daß ich mich selbst nicht mehr kenne Laßt,
laßt eine Weile. Wenn ich anfange, so auf- und abzugehn, so lMg
wie jetzt, wenn ich tromml' an den Fenstern, hinausstürm' in den
Garten und wieder zurück, und dabei rede Kluges und Alles -- so
versteht einen Vater. Was thut nicht ein Vater um einen jolchen
Wer?...

ohn?Wer hat einen solchen? Wer hatenen
So wirkt eine blinde Ehrfurcht vor dem Grafen auf die Ge
müther. Nach diesem Vorfalle wär' jeder Stand, jede Beschäftigun
die sein Sohn gewählt hätte, unserm Vater willkommen und hcül
Die Auszeichnung, welche seinem Sohne von Seite des Grafen z
Theil wird, macht sein Vertrauen, seine Hoffnungen, seine Vaterfreu
unsäglich. Und wirklich, wenn man den Vorfall erwägt und d
Ansichten, die Gesinnungen, die Lebensweise des Grasen, seine b
zur feinsten Raffinerie gesteigerte Sorgfalt für seine angeborenen
tel und Würden, darin er so weit geht, daß er es den Beamten s
ner Besitzungen zur hohen Bedingung macht, die Unverletzlichkeit s
nes gräflichen Ansehens dem Volk in vie tiefste Seele zu pflanze
so muß ein außerordentlicher Grund diese Auszeichnung herbeigefü


und mit seinem Sohn und dein Grasen. Es kommt auch die Mut¬
ter, es kommt auch der Bursche, den unser Vater zuvor singen

gehört.
— O Jesu, Du mein Gott! Ist mein Sohn mit dem Grafen
'

im Wagen? ruft die Mutter.
- Ist es denn wahr? Mein Bruder beim Grasen im Wagen?

ruft der Bursche.
Aber der Vater ist betäubt, er kann das Wunder nicht fassen
kann noch nicht reden, lehnt mit der Schulter am Baum und sieht

nach, den Hut feurig über dem Ohr.
Dämmerung sinkt allmälig über die Landschaft. Man kehrt
lärmend, fragend, unter Ausrufungen zurück. — Ju der Stube erst

geht der Vater rasch auf undneder.
— Mutter, Kinder, Leuteln. wie ihr da seid, laßt mich! Laßt
mich! 's ist anders! Mir war nicht so! Nun versteh' res, was man
sein kann, was man werden kann, wie weit man's bringt, wenn
man das Rechte wird. Pfarrer, Richter, kein Mensch hätt' nur be¬
wiesen, was mein Sohn ist und kann. Versteht einen Vater, ^s
könnte mir geschehen jetzt, daß ich mich selbst nicht mehr kenne Laßt,
laßt eine Weile. Wenn ich anfange, so auf- und abzugehn, so lMg
wie jetzt, wenn ich tromml' an den Fenstern, hinausstürm' in den
Garten und wieder zurück, und dabei rede Kluges und Alles — so
versteht einen Vater. Was thut nicht ein Vater um einen jolchen
Wer?...

ohn?Wer hat einen solchen? Wer hatenen
So wirkt eine blinde Ehrfurcht vor dem Grafen auf die Ge
müther. Nach diesem Vorfalle wär' jeder Stand, jede Beschäftigun
die sein Sohn gewählt hätte, unserm Vater willkommen und hcül
Die Auszeichnung, welche seinem Sohne von Seite des Grafen z
Theil wird, macht sein Vertrauen, seine Hoffnungen, seine Vaterfreu
unsäglich. Und wirklich, wenn man den Vorfall erwägt und d
Ansichten, die Gesinnungen, die Lebensweise des Grasen, seine b
zur feinsten Raffinerie gesteigerte Sorgfalt für seine angeborenen
tel und Würden, darin er so weit geht, daß er es den Beamten s
ner Besitzungen zur hohen Bedingung macht, die Unverletzlichkeit s
nes gräflichen Ansehens dem Volk in vie tiefste Seele zu pflanze
so muß ein außerordentlicher Grund diese Auszeichnung herbeigefü


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[0051] und mit seinem Sohn und dein Grasen. Es kommt auch die Mut¬ ter, es kommt auch der Bursche, den unser Vater zuvor singen gehört. — O Jesu, Du mein Gott! Ist mein Sohn mit dem Grafen ' im Wagen? ruft die Mutter. - Ist es denn wahr? Mein Bruder beim Grasen im Wagen? ruft der Bursche. Aber der Vater ist betäubt, er kann das Wunder nicht fassen kann noch nicht reden, lehnt mit der Schulter am Baum und sieht nach, den Hut feurig über dem Ohr. Dämmerung sinkt allmälig über die Landschaft. Man kehrt lärmend, fragend, unter Ausrufungen zurück. — Ju der Stube erst geht der Vater rasch auf undneder. — Mutter, Kinder, Leuteln. wie ihr da seid, laßt mich! Laßt mich! 's ist anders! Mir war nicht so! Nun versteh' res, was man sein kann, was man werden kann, wie weit man's bringt, wenn man das Rechte wird. Pfarrer, Richter, kein Mensch hätt' nur be¬ wiesen, was mein Sohn ist und kann. Versteht einen Vater, ^s könnte mir geschehen jetzt, daß ich mich selbst nicht mehr kenne Laßt, laßt eine Weile. Wenn ich anfange, so auf- und abzugehn, so lMg wie jetzt, wenn ich tromml' an den Fenstern, hinausstürm' in den Garten und wieder zurück, und dabei rede Kluges und Alles — so versteht einen Vater. Was thut nicht ein Vater um einen jolchen Wer?... ohn?Wer hat einen solchen? Wer hatenen So wirkt eine blinde Ehrfurcht vor dem Grafen auf die Ge müther. Nach diesem Vorfalle wär' jeder Stand, jede Beschäftigun die sein Sohn gewählt hätte, unserm Vater willkommen und hcül Die Auszeichnung, welche seinem Sohne von Seite des Grafen z Theil wird, macht sein Vertrauen, seine Hoffnungen, seine Vaterfreu unsäglich. Und wirklich, wenn man den Vorfall erwägt und d Ansichten, die Gesinnungen, die Lebensweise des Grasen, seine b zur feinsten Raffinerie gesteigerte Sorgfalt für seine angeborenen tel und Würden, darin er so weit geht, daß er es den Beamten s ner Besitzungen zur hohen Bedingung macht, die Unverletzlichkeit s nes gräflichen Ansehens dem Volk in vie tiefste Seele zu pflanze so muß ein außerordentlicher Grund diese Auszeichnung herbeigefü

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/51>, abgerufen am 26.06.2024.