Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

Bild:
<< vorherige Seite

verschiedensten Theilen Deutschlands z" sammeln, "ut durch den
Druck zu veröffentlichen n. s. w. Ohne von dem außer" Erfolg dieser
Bemühungen zu reden, so wäre dieses einträchtige Zusammen -
wirken aufgeklärter Juden und aufgeklärter Christen zu einem humanen
Zwecke an sich eine Erscheinung, deren moralische Wirkungen kaum zu
übersehe", aber jedenfalls wohlthuend, erhebend und segensreich wären.

-- O'Connell ist von der protestantisch-irländischen Jury, wie zu
erwarten war, trotz seiner vortrefflichen Vertheidigungsrede, trotz d,'r
überwiegenden Aussagen zu seinen Gunsten, schuldig gefunden wor¬
den. Die Times äußert sich, als ob das Urtheil nicht zur Vollstrck-
kung kommen würde. Will ihn die Königin vielleicht aus freien
Stücke" begnadige"? O'Connell wird gewiß nicht um -- Gnade
bitten. Wen" Daniel gefangen sitzt, so ist es "in die Ruhe Irlands
geschehe" und ans der gesetzlichen Agitation wird offene Rebellion.
Vielleicht suche" die Hochtories diesen Ausgang planmäßig herbeizuru-
fen, um den irischen Knoten mit dem Schwert zerhaue" zu können.
Die ganze grüne Insel ist bekanntlich seit wcniqcn Monaten wie eine
Festung vcrgarnisonirt. -- Indessen hat O'Council verkündet, er
werte Formfehler in dem Processe nachweise", ist mit seinen Söhnen
nach London gereist und wirv bei den Verhandlungen des Unterhauses
über die irischen Zustände seine Donner loslassen. Der Attornevgc-
ncral, der den Proceß einleitete, soll in Anklagestand versetzt werden,
und wer weiß, ob der Regierung nicht ein Stein vom Herzen fällt,
wenn daS gegen Daniel gefällte Urtheil nichtig erklärt wird. -- Ein
allerliebster Gegensatz zu diesem Prcecssc ist der des Publicisten Mur-
hard in Kassel. Die germanische Verwandtschaft zwischen England
und Deutschland ist in die Augen springend. Murhard ist 3 Tage
lang verhört, seine Diener, seine Freunde und Bekannten alle ver¬
nommen, über seine mündlichen Aeußerungen ausgeforscht, seine Pa¬
piere versiegelt und endlich eine Anklage gegen ihn erhoben worden,
die ihn als Hochverräter mit Eisenstrafe zu belegen trachtet. Und
warum? Hat er Rcpeal gepredigt, hat er sieben Millionen Hessen auf¬
geregt, hat er Deutschland von Kassel losreißen wollen? Nichts von
dem Allen. Allein er hat im Wetter'sehen Staatslexicon gesagt, dass
ein deutscher StaatSgerichtshof -- den er nicht nannte -- zum Theil
durch die Einmischungen der Regierung das Vertrauen verloren habe,
das er in frühern Jahren besessen.




Verlag von Fr. Ludw. Herbig. -- Redacteur I. 5turanda.
Druck von Friedrich Andrü.

verschiedensten Theilen Deutschlands z» sammeln, »ut durch den
Druck zu veröffentlichen n. s. w. Ohne von dem außer» Erfolg dieser
Bemühungen zu reden, so wäre dieses einträchtige Zusammen -
wirken aufgeklärter Juden und aufgeklärter Christen zu einem humanen
Zwecke an sich eine Erscheinung, deren moralische Wirkungen kaum zu
übersehe», aber jedenfalls wohlthuend, erhebend und segensreich wären.

— O'Connell ist von der protestantisch-irländischen Jury, wie zu
erwarten war, trotz seiner vortrefflichen Vertheidigungsrede, trotz d,'r
überwiegenden Aussagen zu seinen Gunsten, schuldig gefunden wor¬
den. Die Times äußert sich, als ob das Urtheil nicht zur Vollstrck-
kung kommen würde. Will ihn die Königin vielleicht aus freien
Stücke» begnadige»? O'Connell wird gewiß nicht um — Gnade
bitten. Wen» Daniel gefangen sitzt, so ist es »in die Ruhe Irlands
geschehe» und ans der gesetzlichen Agitation wird offene Rebellion.
Vielleicht suche» die Hochtories diesen Ausgang planmäßig herbeizuru-
fen, um den irischen Knoten mit dem Schwert zerhaue» zu können.
Die ganze grüne Insel ist bekanntlich seit wcniqcn Monaten wie eine
Festung vcrgarnisonirt. — Indessen hat O'Council verkündet, er
werte Formfehler in dem Processe nachweise», ist mit seinen Söhnen
nach London gereist und wirv bei den Verhandlungen des Unterhauses
über die irischen Zustände seine Donner loslassen. Der Attornevgc-
ncral, der den Proceß einleitete, soll in Anklagestand versetzt werden,
und wer weiß, ob der Regierung nicht ein Stein vom Herzen fällt,
wenn daS gegen Daniel gefällte Urtheil nichtig erklärt wird. — Ein
allerliebster Gegensatz zu diesem Prcecssc ist der des Publicisten Mur-
hard in Kassel. Die germanische Verwandtschaft zwischen England
und Deutschland ist in die Augen springend. Murhard ist 3 Tage
lang verhört, seine Diener, seine Freunde und Bekannten alle ver¬
nommen, über seine mündlichen Aeußerungen ausgeforscht, seine Pa¬
piere versiegelt und endlich eine Anklage gegen ihn erhoben worden,
die ihn als Hochverräter mit Eisenstrafe zu belegen trachtet. Und
warum? Hat er Rcpeal gepredigt, hat er sieben Millionen Hessen auf¬
geregt, hat er Deutschland von Kassel losreißen wollen? Nichts von
dem Allen. Allein er hat im Wetter'sehen Staatslexicon gesagt, dass
ein deutscher StaatSgerichtshof — den er nicht nannte — zum Theil
durch die Einmischungen der Regierung das Vertrauen verloren habe,
das er in frühern Jahren besessen.




Verlag von Fr. Ludw. Herbig. — Redacteur I. 5turanda.
Druck von Friedrich Andrü.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0296" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/180009"/>
            <p xml:id="ID_761" prev="#ID_760"> verschiedensten Theilen Deutschlands z» sammeln, »ut durch den<lb/>
Druck zu veröffentlichen n. s. w. Ohne von dem außer» Erfolg dieser<lb/>
Bemühungen zu reden, so wäre dieses einträchtige Zusammen -<lb/>
wirken aufgeklärter Juden und aufgeklärter Christen zu einem humanen<lb/>
Zwecke an sich eine Erscheinung, deren moralische Wirkungen kaum zu<lb/>
übersehe», aber jedenfalls wohlthuend, erhebend und segensreich wären.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_762"> &#x2014; O'Connell ist von der protestantisch-irländischen Jury, wie zu<lb/>
erwarten war, trotz seiner vortrefflichen Vertheidigungsrede, trotz d,'r<lb/>
überwiegenden Aussagen zu seinen Gunsten, schuldig gefunden wor¬<lb/>
den. Die Times äußert sich, als ob das Urtheil nicht zur Vollstrck-<lb/>
kung kommen würde. Will ihn die Königin vielleicht aus freien<lb/>
Stücke» begnadige»? O'Connell wird gewiß nicht um &#x2014; Gnade<lb/>
bitten. Wen» Daniel gefangen sitzt, so ist es »in die Ruhe Irlands<lb/>
geschehe» und ans der gesetzlichen Agitation wird offene Rebellion.<lb/>
Vielleicht suche» die Hochtories diesen Ausgang planmäßig herbeizuru-<lb/>
fen, um den irischen Knoten mit dem Schwert zerhaue» zu können.<lb/>
Die ganze grüne Insel ist bekanntlich seit wcniqcn Monaten wie eine<lb/>
Festung vcrgarnisonirt. &#x2014; Indessen hat O'Council verkündet, er<lb/>
werte Formfehler in dem Processe nachweise», ist mit seinen Söhnen<lb/>
nach London gereist und wirv bei den Verhandlungen des Unterhauses<lb/>
über die irischen Zustände seine Donner loslassen. Der Attornevgc-<lb/>
ncral, der den Proceß einleitete, soll in Anklagestand versetzt werden,<lb/>
und wer weiß, ob der Regierung nicht ein Stein vom Herzen fällt,<lb/>
wenn daS gegen Daniel gefällte Urtheil nichtig erklärt wird. &#x2014; Ein<lb/>
allerliebster Gegensatz zu diesem Prcecssc ist der des Publicisten Mur-<lb/>
hard in Kassel. Die germanische Verwandtschaft zwischen England<lb/>
und Deutschland ist in die Augen springend. Murhard ist 3 Tage<lb/>
lang verhört, seine Diener, seine Freunde und Bekannten alle ver¬<lb/>
nommen, über seine mündlichen Aeußerungen ausgeforscht, seine Pa¬<lb/>
piere versiegelt und endlich eine Anklage gegen ihn erhoben worden,<lb/>
die ihn als Hochverräter mit Eisenstrafe zu belegen trachtet. Und<lb/>
warum? Hat er Rcpeal gepredigt, hat er sieben Millionen Hessen auf¬<lb/>
geregt, hat er Deutschland von Kassel losreißen wollen? Nichts von<lb/>
dem Allen. Allein er hat im Wetter'sehen Staatslexicon gesagt, dass<lb/>
ein deutscher StaatSgerichtshof &#x2014; den er nicht nannte &#x2014; zum Theil<lb/>
durch die Einmischungen der Regierung das Vertrauen verloren habe,<lb/>
das er in frühern Jahren besessen.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
            <note type="byline"> Verlag von Fr. Ludw. Herbig. &#x2014; Redacteur I. 5turanda.<lb/>
Druck von Friedrich Andrü.</note><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0296] verschiedensten Theilen Deutschlands z» sammeln, »ut durch den Druck zu veröffentlichen n. s. w. Ohne von dem außer» Erfolg dieser Bemühungen zu reden, so wäre dieses einträchtige Zusammen - wirken aufgeklärter Juden und aufgeklärter Christen zu einem humanen Zwecke an sich eine Erscheinung, deren moralische Wirkungen kaum zu übersehe», aber jedenfalls wohlthuend, erhebend und segensreich wären. — O'Connell ist von der protestantisch-irländischen Jury, wie zu erwarten war, trotz seiner vortrefflichen Vertheidigungsrede, trotz d,'r überwiegenden Aussagen zu seinen Gunsten, schuldig gefunden wor¬ den. Die Times äußert sich, als ob das Urtheil nicht zur Vollstrck- kung kommen würde. Will ihn die Königin vielleicht aus freien Stücke» begnadige»? O'Connell wird gewiß nicht um — Gnade bitten. Wen» Daniel gefangen sitzt, so ist es »in die Ruhe Irlands geschehe» und ans der gesetzlichen Agitation wird offene Rebellion. Vielleicht suche» die Hochtories diesen Ausgang planmäßig herbeizuru- fen, um den irischen Knoten mit dem Schwert zerhaue» zu können. Die ganze grüne Insel ist bekanntlich seit wcniqcn Monaten wie eine Festung vcrgarnisonirt. — Indessen hat O'Council verkündet, er werte Formfehler in dem Processe nachweise», ist mit seinen Söhnen nach London gereist und wirv bei den Verhandlungen des Unterhauses über die irischen Zustände seine Donner loslassen. Der Attornevgc- ncral, der den Proceß einleitete, soll in Anklagestand versetzt werden, und wer weiß, ob der Regierung nicht ein Stein vom Herzen fällt, wenn daS gegen Daniel gefällte Urtheil nichtig erklärt wird. — Ein allerliebster Gegensatz zu diesem Prcecssc ist der des Publicisten Mur- hard in Kassel. Die germanische Verwandtschaft zwischen England und Deutschland ist in die Augen springend. Murhard ist 3 Tage lang verhört, seine Diener, seine Freunde und Bekannten alle ver¬ nommen, über seine mündlichen Aeußerungen ausgeforscht, seine Pa¬ piere versiegelt und endlich eine Anklage gegen ihn erhoben worden, die ihn als Hochverräter mit Eisenstrafe zu belegen trachtet. Und warum? Hat er Rcpeal gepredigt, hat er sieben Millionen Hessen auf¬ geregt, hat er Deutschland von Kassel losreißen wollen? Nichts von dem Allen. Allein er hat im Wetter'sehen Staatslexicon gesagt, dass ein deutscher StaatSgerichtshof — den er nicht nannte — zum Theil durch die Einmischungen der Regierung das Vertrauen verloren habe, das er in frühern Jahren besessen. Verlag von Fr. Ludw. Herbig. — Redacteur I. 5turanda. Druck von Friedrich Andrü.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/296
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/296>, abgerufen am 26.06.2024.