Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

Bild:
<< vorherige Seite
Magyarische Journalistik und Literatur
im Jahre -
Aus dem "ViUlg" von M. B. steinharte.*)/^^^



Die Ausbildung der politischen Wissenschaft ist der herrschende
Charakterzug des gegenwärtigen Zeitgeistes. Es gab Zeiten, wo die
Gelehrten das Heil der Völker in der Astrologie suchten und die
Zukunft ganzer Länder und Nationen, wie die einzelner Menschen,
aus dem Sternenwandel prophezeihen wollten; wieder wollten sie aus
dem Tiegel der Alchymie die Wölker mit Gold überschwemmen und
glaubten, dieselben würden im Reichthume trotz des drückenden Joches
des Feudalismus, unter dem sie gekrümmt waren, glücklich sein; ein
anderes Mal wollten wieder die Rechtsgelehrten, umherirrend im
Labyrinthe der Pandecten und Digesten, aus diesen die gesellschaftliche
Wohlfahrt der Völker schöpfen; des Zeitraumes des religiösen Fana¬
tismus gar nicht zu gedenken, der ebenfalls viele Jahrhunderte aus¬
füllte. -- Und während dieses Alles auf der Erde vorging, verwüste¬
ten Waffen die Länder und bedeckte Blut die Erde! Die italieni¬
schen Freistaaten legten sich auf die bildenden Künste oder trieben
Handel und überließen die Politik einigen Gelehrten, während deren
Forschen die freien Bürger sich verfolgten und ihre Freiheit unter¬
gruben. Später zog sich die ganze Weisheit der Politik in die Höfe
der Fürsten zurück und wurde von einigen Höflingen als ein Mo¬
nopol betrieben, und der hatte den Kulminationspunkt dieser Wissen-



*) Das in Pesth erscheinende Journal "Bilag" (Welt/Licht) ist das
Journal des Debats der Magyaren. Ich glaube, es muß dem deutschen Pu-
blicum interessant sein, die Selbstbeurtheilung der Ungarn aus ihren eigenen
Journalen kennen zu lernen.
Gttnzbotcn l"4i. I. 35
Magyarische Journalistik und Literatur
im Jahre -
Aus dem „ViUlg" von M. B. steinharte.*)/^^^



Die Ausbildung der politischen Wissenschaft ist der herrschende
Charakterzug des gegenwärtigen Zeitgeistes. Es gab Zeiten, wo die
Gelehrten das Heil der Völker in der Astrologie suchten und die
Zukunft ganzer Länder und Nationen, wie die einzelner Menschen,
aus dem Sternenwandel prophezeihen wollten; wieder wollten sie aus
dem Tiegel der Alchymie die Wölker mit Gold überschwemmen und
glaubten, dieselben würden im Reichthume trotz des drückenden Joches
des Feudalismus, unter dem sie gekrümmt waren, glücklich sein; ein
anderes Mal wollten wieder die Rechtsgelehrten, umherirrend im
Labyrinthe der Pandecten und Digesten, aus diesen die gesellschaftliche
Wohlfahrt der Völker schöpfen; des Zeitraumes des religiösen Fana¬
tismus gar nicht zu gedenken, der ebenfalls viele Jahrhunderte aus¬
füllte. — Und während dieses Alles auf der Erde vorging, verwüste¬
ten Waffen die Länder und bedeckte Blut die Erde! Die italieni¬
schen Freistaaten legten sich auf die bildenden Künste oder trieben
Handel und überließen die Politik einigen Gelehrten, während deren
Forschen die freien Bürger sich verfolgten und ihre Freiheit unter¬
gruben. Später zog sich die ganze Weisheit der Politik in die Höfe
der Fürsten zurück und wurde von einigen Höflingen als ein Mo¬
nopol betrieben, und der hatte den Kulminationspunkt dieser Wissen-



*) Das in Pesth erscheinende Journal „Bilag" (Welt/Licht) ist das
Journal des Debats der Magyaren. Ich glaube, es muß dem deutschen Pu-
blicum interessant sein, die Selbstbeurtheilung der Ungarn aus ihren eigenen
Journalen kennen zu lernen.
Gttnzbotcn l»4i. I. 35
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0269" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/179982"/>
          </div>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Magyarische Journalistik und Literatur<lb/>
im Jahre -<lb/>
Aus dem &#x201E;ViUlg" von M. B. steinharte.*)/^^^</head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p xml:id="ID_687" next="#ID_688"> Die Ausbildung der politischen Wissenschaft ist der herrschende<lb/>
Charakterzug des gegenwärtigen Zeitgeistes. Es gab Zeiten, wo die<lb/>
Gelehrten das Heil der Völker in der Astrologie suchten und die<lb/>
Zukunft ganzer Länder und Nationen, wie die einzelner Menschen,<lb/>
aus dem Sternenwandel prophezeihen wollten; wieder wollten sie aus<lb/>
dem Tiegel der Alchymie die Wölker mit Gold überschwemmen und<lb/>
glaubten, dieselben würden im Reichthume trotz des drückenden Joches<lb/>
des Feudalismus, unter dem sie gekrümmt waren, glücklich sein; ein<lb/>
anderes Mal wollten wieder die Rechtsgelehrten, umherirrend im<lb/>
Labyrinthe der Pandecten und Digesten, aus diesen die gesellschaftliche<lb/>
Wohlfahrt der Völker schöpfen; des Zeitraumes des religiösen Fana¬<lb/>
tismus gar nicht zu gedenken, der ebenfalls viele Jahrhunderte aus¬<lb/>
füllte. &#x2014; Und während dieses Alles auf der Erde vorging, verwüste¬<lb/>
ten Waffen die Länder und bedeckte Blut die Erde! Die italieni¬<lb/>
schen Freistaaten legten sich auf die bildenden Künste oder trieben<lb/>
Handel und überließen die Politik einigen Gelehrten, während deren<lb/>
Forschen die freien Bürger sich verfolgten und ihre Freiheit unter¬<lb/>
gruben. Später zog sich die ganze Weisheit der Politik in die Höfe<lb/>
der Fürsten zurück und wurde von einigen Höflingen als ein Mo¬<lb/>
nopol betrieben, und der hatte den Kulminationspunkt dieser Wissen-</p><lb/>
          <note xml:id="FID_23" place="foot"> *) Das in Pesth erscheinende Journal &#x201E;Bilag" (Welt/Licht) ist das<lb/>
Journal des Debats der Magyaren. Ich glaube, es muß dem deutschen Pu-<lb/>
blicum interessant sein, die Selbstbeurtheilung der Ungarn aus ihren eigenen<lb/>
Journalen kennen zu lernen.</note><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig"> Gttnzbotcn l»4i. I. 35</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0269] Magyarische Journalistik und Literatur im Jahre - Aus dem „ViUlg" von M. B. steinharte.*)/^^^ Die Ausbildung der politischen Wissenschaft ist der herrschende Charakterzug des gegenwärtigen Zeitgeistes. Es gab Zeiten, wo die Gelehrten das Heil der Völker in der Astrologie suchten und die Zukunft ganzer Länder und Nationen, wie die einzelner Menschen, aus dem Sternenwandel prophezeihen wollten; wieder wollten sie aus dem Tiegel der Alchymie die Wölker mit Gold überschwemmen und glaubten, dieselben würden im Reichthume trotz des drückenden Joches des Feudalismus, unter dem sie gekrümmt waren, glücklich sein; ein anderes Mal wollten wieder die Rechtsgelehrten, umherirrend im Labyrinthe der Pandecten und Digesten, aus diesen die gesellschaftliche Wohlfahrt der Völker schöpfen; des Zeitraumes des religiösen Fana¬ tismus gar nicht zu gedenken, der ebenfalls viele Jahrhunderte aus¬ füllte. — Und während dieses Alles auf der Erde vorging, verwüste¬ ten Waffen die Länder und bedeckte Blut die Erde! Die italieni¬ schen Freistaaten legten sich auf die bildenden Künste oder trieben Handel und überließen die Politik einigen Gelehrten, während deren Forschen die freien Bürger sich verfolgten und ihre Freiheit unter¬ gruben. Später zog sich die ganze Weisheit der Politik in die Höfe der Fürsten zurück und wurde von einigen Höflingen als ein Mo¬ nopol betrieben, und der hatte den Kulminationspunkt dieser Wissen- *) Das in Pesth erscheinende Journal „Bilag" (Welt/Licht) ist das Journal des Debats der Magyaren. Ich glaube, es muß dem deutschen Pu- blicum interessant sein, die Selbstbeurtheilung der Ungarn aus ihren eigenen Journalen kennen zu lernen. Gttnzbotcn l»4i. I. 35

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/269
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/269>, abgerufen am 22.12.2024.