Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.Personen liegt Merkwürdig ist dabei folgender Umstand. In dein Ein kleiner Geisterspuk macht in den hiesigen Salons viel Re¬ Die Nachricht von den Verhaftungen in Posen hat aus nahe Der Artikel in der Vicdcrmannischcn Monatsschrift über Kübeck In seiner Noth um neue Stücke kramt Herr von Holbein die Personen liegt Merkwürdig ist dabei folgender Umstand. In dein Ein kleiner Geisterspuk macht in den hiesigen Salons viel Re¬ Die Nachricht von den Verhaftungen in Posen hat aus nahe Der Artikel in der Vicdcrmannischcn Monatsschrift über Kübeck In seiner Noth um neue Stücke kramt Herr von Holbein die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0265" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/179978"/> <p xml:id="ID_675" prev="#ID_674"> Personen liegt Merkwürdig ist dabei folgender Umstand. In dein<lb/> ursprünglichen Entwürfe Halm's blieb Sampicro (der Geschichte gemäß)<lb/> am Leben. Aber die Censur machte im Interesse der Tugend Einwen¬<lb/> dungen und verlangte vom Dichter Bestrafung des Mörders. Der<lb/> Dichter gab nach und strafte. Aber nun machte d-is Publicum Ein¬<lb/> wendungen und lachte ob des plötzlichen Gemetzels. Der Dichter be¬<lb/> schwor die Censur und diesmal gab diese nach und erlaubte, im In¬<lb/> teresse des theatralischen Effects, daß der Mörder am Leben bleibe.<lb/> Er blieb am Leben. Nun aber kommt die Kritik und macht Einwen¬<lb/> dungen im Interesse der dramatischen Gerechtigkeit und daS Publicum<lb/> macht Einwendungen im Interesse seines sittlichen Gefühls und die<lb/> Censur ruft: Haben wir'S nicht vorausgesagt? Der arme Dichter sieht<lb/> sich von allen Seiten verlassen. —</p><lb/> <p xml:id="ID_676"> Ein kleiner Geisterspuk macht in den hiesigen Salons viel Re¬<lb/> dens. Beim Grafen Traun ist eine fröhliche Gesellschaft versammelt.<lb/> Man spricht von Ahnungen, Gespenstern :c. — Wenn ich an Ahnun¬<lb/> gen glauben sollte — sagte ein hier sehr bekannter Cavalier, dessen<lb/> Gattin seit einiger Zeit verreist ist — so müßte ich denken, meiner<lb/> Frau sei ein Unglück widerfahren, da ich in voriger Nacht unwillkür¬<lb/> lich erwachte und meine Frau vor mir stehen sah. Glücklicherweise<lb/> glaube ich an Nichts. — Am andern Tage kam die Nachricht, die er¬<lb/> wähnte Dame sei gestorben. - Die Oeffentlichkeit, mit der der erwähnte<lb/> Cavalier seine Bision vorauscrzählte, hat die Geschichte in Aller Mund<lb/> gebracht.</p><lb/> <p xml:id="ID_677"> Die Nachricht von den Verhaftungen in Posen hat aus nahe<lb/> liegenden Gründen hier große Aufmerksamkeit erregt. Indessen sind<lb/> gleichzeitig aus Lemberg Versicherungen eingelaufen, daß dort auch nicht<lb/> eine Spur aufzufinden sei, die auf irgend ein EinVerständniß oder eine<lb/> Gcsammtbcwcgung der Polen schließen ließe. Man hält in diplomati¬<lb/> schen Kreisen den ganzen Lärm für eine, von Zeit zu Zeit in Gal-<lb/> lizien, eben so gut wie in Posen sich erneuernde List russischer Agenten,<lb/> die durch solche ManönvrcS Regierung und Negierte im Mißverständ¬<lb/> nisse zu Hetzen suchen, indem sie erstere zu strengen Maßregeln zwingen<lb/> wollen, damit die Polen unter deutscher Herrschaft sich nicht glücklicher<lb/> fühlen sollen als unter russischer; andererseits aber, indem durch solche<lb/> Maßregeln den Slaven das russische Prstectorat als eine willkommene<lb/> Sache erscheinen möge. Bei uns hat man dies Spiel längst durch¬<lb/> schaut; ob mau auch in Preußen offene Augen dafür haben wird, soll<lb/> die nächste Zukunft lehren.</p><lb/> <p xml:id="ID_678"> Der Artikel in der Vicdcrmannischcn Monatsschrift über Kübeck<lb/> und die österreichischen Finanzen macht hier ein ungewöhnliches Auf¬<lb/> sehen. Es sind auf dem Ncvisionsamt allein über hundert Exemplare<lb/> des fraglichen Heftes ausgeliefert worden.</p><lb/> <p xml:id="ID_679" next="#ID_680"> In seiner Noth um neue Stücke kramt Herr von Holbein die</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0265]
Personen liegt Merkwürdig ist dabei folgender Umstand. In dein
ursprünglichen Entwürfe Halm's blieb Sampicro (der Geschichte gemäß)
am Leben. Aber die Censur machte im Interesse der Tugend Einwen¬
dungen und verlangte vom Dichter Bestrafung des Mörders. Der
Dichter gab nach und strafte. Aber nun machte d-is Publicum Ein¬
wendungen und lachte ob des plötzlichen Gemetzels. Der Dichter be¬
schwor die Censur und diesmal gab diese nach und erlaubte, im In¬
teresse des theatralischen Effects, daß der Mörder am Leben bleibe.
Er blieb am Leben. Nun aber kommt die Kritik und macht Einwen¬
dungen im Interesse der dramatischen Gerechtigkeit und daS Publicum
macht Einwendungen im Interesse seines sittlichen Gefühls und die
Censur ruft: Haben wir'S nicht vorausgesagt? Der arme Dichter sieht
sich von allen Seiten verlassen. —
Ein kleiner Geisterspuk macht in den hiesigen Salons viel Re¬
dens. Beim Grafen Traun ist eine fröhliche Gesellschaft versammelt.
Man spricht von Ahnungen, Gespenstern :c. — Wenn ich an Ahnun¬
gen glauben sollte — sagte ein hier sehr bekannter Cavalier, dessen
Gattin seit einiger Zeit verreist ist — so müßte ich denken, meiner
Frau sei ein Unglück widerfahren, da ich in voriger Nacht unwillkür¬
lich erwachte und meine Frau vor mir stehen sah. Glücklicherweise
glaube ich an Nichts. — Am andern Tage kam die Nachricht, die er¬
wähnte Dame sei gestorben. - Die Oeffentlichkeit, mit der der erwähnte
Cavalier seine Bision vorauscrzählte, hat die Geschichte in Aller Mund
gebracht.
Die Nachricht von den Verhaftungen in Posen hat aus nahe
liegenden Gründen hier große Aufmerksamkeit erregt. Indessen sind
gleichzeitig aus Lemberg Versicherungen eingelaufen, daß dort auch nicht
eine Spur aufzufinden sei, die auf irgend ein EinVerständniß oder eine
Gcsammtbcwcgung der Polen schließen ließe. Man hält in diplomati¬
schen Kreisen den ganzen Lärm für eine, von Zeit zu Zeit in Gal-
lizien, eben so gut wie in Posen sich erneuernde List russischer Agenten,
die durch solche ManönvrcS Regierung und Negierte im Mißverständ¬
nisse zu Hetzen suchen, indem sie erstere zu strengen Maßregeln zwingen
wollen, damit die Polen unter deutscher Herrschaft sich nicht glücklicher
fühlen sollen als unter russischer; andererseits aber, indem durch solche
Maßregeln den Slaven das russische Prstectorat als eine willkommene
Sache erscheinen möge. Bei uns hat man dies Spiel längst durch¬
schaut; ob mau auch in Preußen offene Augen dafür haben wird, soll
die nächste Zukunft lehren.
Der Artikel in der Vicdcrmannischcn Monatsschrift über Kübeck
und die österreichischen Finanzen macht hier ein ungewöhnliches Auf¬
sehen. Es sind auf dem Ncvisionsamt allein über hundert Exemplare
des fraglichen Heftes ausgeliefert worden.
In seiner Noth um neue Stücke kramt Herr von Holbein die
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |