lehnend, fuhr sie fort und bewies, man habe Recht, alles Mögliche auf den Fürsten zu halten, er sei in unsern Tagen der wahre Ge¬ niale und es käme mir auf die Gelegenheit an, daß er vor aller Welt groß dastände. Sie richtete darauf an Gans eine merkwürdige Anrede, sie wisse wohl, daß er in das Lob des Fürsten nicht so vol, lig einstimme, allein er thue Unrecht darin, er selber sei ja auch ein ausgezeichneter Geist, und alle solche müßten einander bereitwillig anerkennen und stützen, wie die Könige auch untereinander thäten, wenn sie auch sonst nicht immer die besten Freunde wären; er solle nur Nicht werden wie andere .Rechtsgelehrte, die vor Stolz und Würde ganz blind und taub würden und gar Nichts mehr in der Welt kennten, als sich selbst und ihre todte Gelehrsamkeit; er solle frischen Geistes bleiben und dazu müsse man auch den Fürsten Pückler lieben. -- Von Gans ging Frau von A... zu dem General über, von diesem zu Herrn von Varnhagen und sagte jedem etwas Lau¬ niges, spöttisch Belehrendes, aus dem hin und wieder auch etwas Spitziges hervorstach. Aber vergebens wollte man ihr antworten; die beredtesten Männer verstummten vor diesem glänzenden Bilder- ström, auf welchem Witz und Gedanke muthig dahinschifften; kaum daß Frau von Varnhagen, mittelst der ihr eigenen Naschheit und Kürze, noch wohl einen Spruch einschob, aller sonstigen Nedefäden hatte sich die wunderbare Zauberfrau bemächtigt und hielt sie gleich Zügeln in den Händen, bald rechts- bald linkshin lenkend, bald gradaus ihre beschwingten Gedankenbilder zu vollem Lauf auslassend. In der That, Niemand sprach jetzt noch, als nur sie; aber so schön, so reich, so bezaubernd, daß wir Alle hingerissen und nur noch mehr zu hören begierig waren. Diese Phantasien, Ideen, Einfälle, Witz¬ worte, Launen, Alles beflügelt in raschem Wechsel vorübereilend und doch zu Einem großen Sinn und Zwecke sich sammelnd, sann ich nur der wunderbaren Musik ihres Lieblings Beethoven vergleichen und mir war wirklich zu Muthe, als vernähme ich eine von seinen herr¬ lichsten Symphonien. Von dergleichen Vezauberungömacht des be< sackten Wortes hatte ich vorher keinen Begriff gehabt. Frau v. A... schien ihre Leute zu kennen und zu wissen, daß sie hier ihre besten Gaben nicht zurückzuhalten brauche, daß diese hier gut aufgenommen und Nicht verschwendet seien. Vergebens aber würde ich unterneh¬ men, hier den reizenden Flug ihrer Laune und Seltsamkeiten nachzuer-
lehnend, fuhr sie fort und bewies, man habe Recht, alles Mögliche auf den Fürsten zu halten, er sei in unsern Tagen der wahre Ge¬ niale und es käme mir auf die Gelegenheit an, daß er vor aller Welt groß dastände. Sie richtete darauf an Gans eine merkwürdige Anrede, sie wisse wohl, daß er in das Lob des Fürsten nicht so vol, lig einstimme, allein er thue Unrecht darin, er selber sei ja auch ein ausgezeichneter Geist, und alle solche müßten einander bereitwillig anerkennen und stützen, wie die Könige auch untereinander thäten, wenn sie auch sonst nicht immer die besten Freunde wären; er solle nur Nicht werden wie andere .Rechtsgelehrte, die vor Stolz und Würde ganz blind und taub würden und gar Nichts mehr in der Welt kennten, als sich selbst und ihre todte Gelehrsamkeit; er solle frischen Geistes bleiben und dazu müsse man auch den Fürsten Pückler lieben. — Von Gans ging Frau von A... zu dem General über, von diesem zu Herrn von Varnhagen und sagte jedem etwas Lau¬ niges, spöttisch Belehrendes, aus dem hin und wieder auch etwas Spitziges hervorstach. Aber vergebens wollte man ihr antworten; die beredtesten Männer verstummten vor diesem glänzenden Bilder- ström, auf welchem Witz und Gedanke muthig dahinschifften; kaum daß Frau von Varnhagen, mittelst der ihr eigenen Naschheit und Kürze, noch wohl einen Spruch einschob, aller sonstigen Nedefäden hatte sich die wunderbare Zauberfrau bemächtigt und hielt sie gleich Zügeln in den Händen, bald rechts- bald linkshin lenkend, bald gradaus ihre beschwingten Gedankenbilder zu vollem Lauf auslassend. In der That, Niemand sprach jetzt noch, als nur sie; aber so schön, so reich, so bezaubernd, daß wir Alle hingerissen und nur noch mehr zu hören begierig waren. Diese Phantasien, Ideen, Einfälle, Witz¬ worte, Launen, Alles beflügelt in raschem Wechsel vorübereilend und doch zu Einem großen Sinn und Zwecke sich sammelnd, sann ich nur der wunderbaren Musik ihres Lieblings Beethoven vergleichen und mir war wirklich zu Muthe, als vernähme ich eine von seinen herr¬ lichsten Symphonien. Von dergleichen Vezauberungömacht des be< sackten Wortes hatte ich vorher keinen Begriff gehabt. Frau v. A... schien ihre Leute zu kennen und zu wissen, daß sie hier ihre besten Gaben nicht zurückzuhalten brauche, daß diese hier gut aufgenommen und Nicht verschwendet seien. Vergebens aber würde ich unterneh¬ men, hier den reizenden Flug ihrer Laune und Seltsamkeiten nachzuer-
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lehnend, fuhr sie fort und bewies, man habe Recht, alles Mögliche
auf den Fürsten zu halten, er sei in unsern Tagen der wahre Ge¬
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Welt groß dastände. Sie richtete darauf an Gans eine merkwürdige
Anrede, sie wisse wohl, daß er in das Lob des Fürsten nicht so vol,
lig einstimme, allein er thue Unrecht darin, er selber sei ja auch ein
ausgezeichneter Geist, und alle solche müßten einander bereitwillig
anerkennen und stützen, wie die Könige auch untereinander thäten,
wenn sie auch sonst nicht immer die besten Freunde wären; er solle
nur Nicht werden wie andere .Rechtsgelehrte, die vor Stolz und
Würde ganz blind und taub würden und gar Nichts mehr in der
Welt kennten, als sich selbst und ihre todte Gelehrsamkeit; er solle
frischen Geistes bleiben und dazu müsse man auch den Fürsten Pückler
lieben. — Von Gans ging Frau von A... zu dem General über,
von diesem zu Herrn von Varnhagen und sagte jedem etwas Lau¬
niges, spöttisch Belehrendes, aus dem hin und wieder auch etwas
Spitziges hervorstach. Aber vergebens wollte man ihr antworten;
die beredtesten Männer verstummten vor diesem glänzenden Bilder-
ström, auf welchem Witz und Gedanke muthig dahinschifften; kaum
daß Frau von Varnhagen, mittelst der ihr eigenen Naschheit und
Kürze, noch wohl einen Spruch einschob, aller sonstigen Nedefäden
hatte sich die wunderbare Zauberfrau bemächtigt und hielt sie gleich
Zügeln in den Händen, bald rechts- bald linkshin lenkend, bald
gradaus ihre beschwingten Gedankenbilder zu vollem Lauf auslassend.
In der That, Niemand sprach jetzt noch, als nur sie; aber so schön,
so reich, so bezaubernd, daß wir Alle hingerissen und nur noch mehr
zu hören begierig waren. Diese Phantasien, Ideen, Einfälle, Witz¬
worte, Launen, Alles beflügelt in raschem Wechsel vorübereilend und
doch zu Einem großen Sinn und Zwecke sich sammelnd, sann ich nur
der wunderbaren Musik ihres Lieblings Beethoven vergleichen und
mir war wirklich zu Muthe, als vernähme ich eine von seinen herr¬
lichsten Symphonien. Von dergleichen Vezauberungömacht des be<
sackten Wortes hatte ich vorher keinen Begriff gehabt. Frau v. A...
schien ihre Leute zu kennen und zu wissen, daß sie hier ihre besten
Gaben nicht zurückzuhalten brauche, daß diese hier gut aufgenommen
und Nicht verschwendet seien. Vergebens aber würde ich unterneh¬
men, hier den reizenden Flug ihrer Laune und Seltsamkeiten nachzuer-
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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/218>, abgerufen am 24.12.2024.
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