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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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wilden Dicttriben. Frankreich hat kein Organ, dessen Macht die der
andern Tagesblätter so entschieden überwiegt, wie die der allgemeinen
Zeitung, gegenüber der übrigen deutschen Presse. Viel besser, die allge¬
meine Zeitung hält ihre Hand fern von der schönen Literatur, als daß
sie dieselbe vielleicht tvrannifiret.




Wien und die Wiener.'

Aus einem Privatschreiben/welches wir dieser Tage aus Wien
erhielten, nehmen wir folgende Notizen: Ein sehr boshaftes und
gemeines Pasquill, "der österreichische Parnaß/, benamset, macht hier
viel Aufsehen. Es trägt den fingirten Druckort: Frei-Sieg. Es sind
im Ganzen 92 österreichische'Literaten, sehr kurz und sarkastisch, steck-
briefartig in ihrer äußern und geistigen Persönlichkeit abkontersevet;
Von allen 92 sind nur Lenau, Auersperg, Grillparzer, die beiden
Jn'edeles und ein gewisser Kalisch- (?) und Brvta (?) gelobt. --
Eine neue Lndlamöhöhke hat sich wieder gebildet, jedoch ohne Prä¬
sidenten, um nicht wieder Anfechtungen zu haben, wie es das Schicksal der
frühern war. Wer zuerst kommt, ist für den ganzen Abend Vorfresser.
Sie sehen, es, wird an Schwanken nicht fehlen Gesetz ist, daß kein
Mitglied den ganzeg Abend hindurch seinen Nebenmann mit //Herr von//
titukren,darf, bei Strase! Nur die zwei einzigen Adeligen, die Herren
von. Holtet und von Stubenrauch müssen, sich gegenseitig so tituliren.
Abwechselnd werden Produktionen heitern Inhalts, von den Mitgliedern
verfaßt, vorgetragen. Jeden Sonntag ist .Generalversammlung; das Lo¬
kal, ist im Matschakerhof. Ob dieser närrische Verein, wieder den Glanz
und den Ruhm der früheren Narrenhöhle erobern wird, wo'nur derje¬
nige Kauf (Präsident) sein konnte, der eine rothe Nase und eine schöne Toch¬
ter hatte, daran möchte ich sehr zweifeln. -- Saphir, läßt nächsten Sonn¬
tag in feiner Akademie eine kleine selbst verfaßte Posse von Carl Scholz
und Nestrov aufführen. Ich wünsche daß es glücke, Saphir könnte unsere
Volksbühne wieder auf die Beine bringen. -- Nestroy hat ein witziges
Stück aus dem Kock'schen Romane, 1".joUe litte cle tandorirg,- gemacht
und eine Parodie des , Glas Wasser unter dem Titel das Glas Llesin-
gcr soll nächstens von ihm gegeben werden. -- Eine der schönsten ar--
-chitektonischen,Zierden wird Wien durch, die Vollendung ^ des prächtigen
Palais des' Prinzen Coburg (Bruder Ihres Königs) werdend -Es
steht aus der Bastei über dem Carolinenthor, und hat, eine sehr schöne
Aussicht. -- Man versichert Fürst M^- selbst sei, sehr für die Idee
des Anschlusses an den Zollverein, portirt, ob die' commerziellen Ver¬
hältnisse damit übereinstimmen, ist wohl vorerst, sehr schwer zu ent¬
scheiden, , für die finanziellen erschiene es allerdings vorerst als Gewinn
eine Armee von 40,000 Douaniers verabschieden zu können.


Druck und Bcvlnl! des deutschen BerliiliSconiptoirS in'Brüssel;

wilden Dicttriben. Frankreich hat kein Organ, dessen Macht die der
andern Tagesblätter so entschieden überwiegt, wie die der allgemeinen
Zeitung, gegenüber der übrigen deutschen Presse. Viel besser, die allge¬
meine Zeitung hält ihre Hand fern von der schönen Literatur, als daß
sie dieselbe vielleicht tvrannifiret.




Wien und die Wiener.'

Aus einem Privatschreiben/welches wir dieser Tage aus Wien
erhielten, nehmen wir folgende Notizen: Ein sehr boshaftes und
gemeines Pasquill, „der österreichische Parnaß/, benamset, macht hier
viel Aufsehen. Es trägt den fingirten Druckort: Frei-Sieg. Es sind
im Ganzen 92 österreichische'Literaten, sehr kurz und sarkastisch, steck-
briefartig in ihrer äußern und geistigen Persönlichkeit abkontersevet;
Von allen 92 sind nur Lenau, Auersperg, Grillparzer, die beiden
Jn'edeles und ein gewisser Kalisch- (?) und Brvta (?) gelobt. —
Eine neue Lndlamöhöhke hat sich wieder gebildet, jedoch ohne Prä¬
sidenten, um nicht wieder Anfechtungen zu haben, wie es das Schicksal der
frühern war. Wer zuerst kommt, ist für den ganzen Abend Vorfresser.
Sie sehen, es, wird an Schwanken nicht fehlen Gesetz ist, daß kein
Mitglied den ganzeg Abend hindurch seinen Nebenmann mit //Herr von//
titukren,darf, bei Strase! Nur die zwei einzigen Adeligen, die Herren
von. Holtet und von Stubenrauch müssen, sich gegenseitig so tituliren.
Abwechselnd werden Produktionen heitern Inhalts, von den Mitgliedern
verfaßt, vorgetragen. Jeden Sonntag ist .Generalversammlung; das Lo¬
kal, ist im Matschakerhof. Ob dieser närrische Verein, wieder den Glanz
und den Ruhm der früheren Narrenhöhle erobern wird, wo'nur derje¬
nige Kauf (Präsident) sein konnte, der eine rothe Nase und eine schöne Toch¬
ter hatte, daran möchte ich sehr zweifeln. — Saphir, läßt nächsten Sonn¬
tag in feiner Akademie eine kleine selbst verfaßte Posse von Carl Scholz
und Nestrov aufführen. Ich wünsche daß es glücke, Saphir könnte unsere
Volksbühne wieder auf die Beine bringen. — Nestroy hat ein witziges
Stück aus dem Kock'schen Romane, 1».joUe litte cle tandorirg,- gemacht
und eine Parodie des , Glas Wasser unter dem Titel das Glas Llesin-
gcr soll nächstens von ihm gegeben werden. — Eine der schönsten ar--
-chitektonischen,Zierden wird Wien durch, die Vollendung ^ des prächtigen
Palais des' Prinzen Coburg (Bruder Ihres Königs) werdend -Es
steht aus der Bastei über dem Carolinenthor, und hat, eine sehr schöne
Aussicht. — Man versichert Fürst M^- selbst sei, sehr für die Idee
des Anschlusses an den Zollverein, portirt, ob die' commerziellen Ver¬
hältnisse damit übereinstimmen, ist wohl vorerst, sehr schwer zu ent¬
scheiden, , für die finanziellen erschiene es allerdings vorerst als Gewinn
eine Armee von 40,000 Douaniers verabschieden zu können.


Druck und Bcvlnl! des deutschen BerliiliSconiptoirS in'Brüssel;
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[0074] wilden Dicttriben. Frankreich hat kein Organ, dessen Macht die der andern Tagesblätter so entschieden überwiegt, wie die der allgemeinen Zeitung, gegenüber der übrigen deutschen Presse. Viel besser, die allge¬ meine Zeitung hält ihre Hand fern von der schönen Literatur, als daß sie dieselbe vielleicht tvrannifiret. Wien und die Wiener.' Aus einem Privatschreiben/welches wir dieser Tage aus Wien erhielten, nehmen wir folgende Notizen: Ein sehr boshaftes und gemeines Pasquill, „der österreichische Parnaß/, benamset, macht hier viel Aufsehen. Es trägt den fingirten Druckort: Frei-Sieg. Es sind im Ganzen 92 österreichische'Literaten, sehr kurz und sarkastisch, steck- briefartig in ihrer äußern und geistigen Persönlichkeit abkontersevet; Von allen 92 sind nur Lenau, Auersperg, Grillparzer, die beiden Jn'edeles und ein gewisser Kalisch- (?) und Brvta (?) gelobt. — Eine neue Lndlamöhöhke hat sich wieder gebildet, jedoch ohne Prä¬ sidenten, um nicht wieder Anfechtungen zu haben, wie es das Schicksal der frühern war. Wer zuerst kommt, ist für den ganzen Abend Vorfresser. Sie sehen, es, wird an Schwanken nicht fehlen Gesetz ist, daß kein Mitglied den ganzeg Abend hindurch seinen Nebenmann mit //Herr von// titukren,darf, bei Strase! Nur die zwei einzigen Adeligen, die Herren von. Holtet und von Stubenrauch müssen, sich gegenseitig so tituliren. Abwechselnd werden Produktionen heitern Inhalts, von den Mitgliedern verfaßt, vorgetragen. Jeden Sonntag ist .Generalversammlung; das Lo¬ kal, ist im Matschakerhof. Ob dieser närrische Verein, wieder den Glanz und den Ruhm der früheren Narrenhöhle erobern wird, wo'nur derje¬ nige Kauf (Präsident) sein konnte, der eine rothe Nase und eine schöne Toch¬ ter hatte, daran möchte ich sehr zweifeln. — Saphir, läßt nächsten Sonn¬ tag in feiner Akademie eine kleine selbst verfaßte Posse von Carl Scholz und Nestrov aufführen. Ich wünsche daß es glücke, Saphir könnte unsere Volksbühne wieder auf die Beine bringen. — Nestroy hat ein witziges Stück aus dem Kock'schen Romane, 1».joUe litte cle tandorirg,- gemacht und eine Parodie des , Glas Wasser unter dem Titel das Glas Llesin- gcr soll nächstens von ihm gegeben werden. — Eine der schönsten ar-- -chitektonischen,Zierden wird Wien durch, die Vollendung ^ des prächtigen Palais des' Prinzen Coburg (Bruder Ihres Königs) werdend -Es steht aus der Bastei über dem Carolinenthor, und hat, eine sehr schöne Aussicht. — Man versichert Fürst M^- selbst sei, sehr für die Idee des Anschlusses an den Zollverein, portirt, ob die' commerziellen Ver¬ hältnisse damit übereinstimmen, ist wohl vorerst, sehr schwer zu ent¬ scheiden, , für die finanziellen erschiene es allerdings vorerst als Gewinn eine Armee von 40,000 Douaniers verabschieden zu können. Druck und Bcvlnl! des deutschen BerliiliSconiptoirS in'Brüssel;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/74>, abgerufen am 22.12.2024.