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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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Wer sich selbst zum Knechte macht, der ist werth geknechtet zu wer¬
den.

Die Franzosen haben eine, früher sehr gewöhnliche, nun aber
sehr verblichene, Redensart: serviteur K-dö-ImrnKle I Die neueste
Zeit hat einen Strich darüber gemacht. In Wien aber, wo die neue¬
ste Zeit immer sehr veraltet ankömmt, sind die Modifikationen dieser
Art etwas sehr langsam. Indessen muß man nicht glauben, daß der
Wiener von den Gleichheitsideen nicht auch einen guten Theil genascht
hat; er hat nur auf eine andere Weise sie verdaut.""Der Franzose
hat den höherstehenden l zu sich,herabgerissen, der Oesterreicher stellt sich
auf die Spitzen, um ihm gleich zu stehen. Daher das beliebte //Herr
von//--und der Titel "Euer Gnaden,// womit die wiener Höf¬
lichkeit gegenseitig so freigebig ist. Um nicht in der, Gesellschaft und
im öffentlichen Leben hinter dem Adel zurückzustehen hat der,Wiener
sich selbst in, deu Adelstand erhoben. Unterthänigster Knecht und,Euer
Gnaden lösen sich gewissenhaft einander M, Vormittags, .tritt, der
Speisewirth, der, Hotelbesitzer mit seinem wohlgenährten.Bauche-gra¬
vitätisch in ,ein Kausmannögewvlbc, um seine,Einkäufe,zu>machen.
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^ //Vom schönsten! Eure Gnaden sollen -sogleich bedient, werden,./"
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Nachmittags hat der Kaufmann sein Tagewerk vollendet; ! er schließt
sein Gewölbe, und zieht fröhlich mit seiner Familie, nach deM Svend
nach Hitzing, oder sonst nach einem öffentlichen Lustplätze,,.um!.sich-zu
erfrischen. Da steht sein, Käufer vom Morgen freundlich 'und,^dienst¬
willig mit der bekannten Serviette, unter dem Arme.

' Guten Abend.

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"Vom besten! Euer Gnaden sollen sogleich -bedient werden!".

Und nun sagt man: Es herrsche in Wien keine Gleichheit!!




Wer sich selbst zum Knechte macht, der ist werth geknechtet zu wer¬
den.

Die Franzosen haben eine, früher sehr gewöhnliche, nun aber
sehr verblichene, Redensart: serviteur K-dö-ImrnKle I Die neueste
Zeit hat einen Strich darüber gemacht. In Wien aber, wo die neue¬
ste Zeit immer sehr veraltet ankömmt, sind die Modifikationen dieser
Art etwas sehr langsam. Indessen muß man nicht glauben, daß der
Wiener von den Gleichheitsideen nicht auch einen guten Theil genascht
hat; er hat nur auf eine andere Weise sie verdaut.""Der Franzose
hat den höherstehenden l zu sich,herabgerissen, der Oesterreicher stellt sich
auf die Spitzen, um ihm gleich zu stehen. Daher das beliebte //Herr
von//--und der Titel «Euer Gnaden,// womit die wiener Höf¬
lichkeit gegenseitig so freigebig ist. Um nicht in der, Gesellschaft und
im öffentlichen Leben hinter dem Adel zurückzustehen hat der,Wiener
sich selbst in, deu Adelstand erhoben. Unterthänigster Knecht und,Euer
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nach Hitzing, oder sonst nach einem öffentlichen Lustplätze,,.um!.sich-zu
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willig mit der bekannten Serviette, unter dem Arme.

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„Vom besten! Euer Gnaden sollen sogleich -bedient werden!".

Und nun sagt man: Es herrsche in Wien keine Gleichheit!!




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[0707] Wer sich selbst zum Knechte macht, der ist werth geknechtet zu wer¬ den. Die Franzosen haben eine, früher sehr gewöhnliche, nun aber sehr verblichene, Redensart: serviteur K-dö-ImrnKle I Die neueste Zeit hat einen Strich darüber gemacht. In Wien aber, wo die neue¬ ste Zeit immer sehr veraltet ankömmt, sind die Modifikationen dieser Art etwas sehr langsam. Indessen muß man nicht glauben, daß der Wiener von den Gleichheitsideen nicht auch einen guten Theil genascht hat; er hat nur auf eine andere Weise sie verdaut.""Der Franzose hat den höherstehenden l zu sich,herabgerissen, der Oesterreicher stellt sich auf die Spitzen, um ihm gleich zu stehen. Daher das beliebte //Herr von//--und der Titel «Euer Gnaden,// womit die wiener Höf¬ lichkeit gegenseitig so freigebig ist. Um nicht in der, Gesellschaft und im öffentlichen Leben hinter dem Adel zurückzustehen hat der,Wiener sich selbst in, deu Adelstand erhoben. Unterthänigster Knecht und,Euer Gnaden lösen sich gewissenhaft einander M, Vormittags, .tritt, der Speisewirth, der, Hotelbesitzer mit seinem wohlgenährten.Bauche-gra¬ vitätisch in ,ein Kausmannögewvlbc, um seine,Einkäufe,zu>machen. ''' j , ^ Guten Morgen! .. . ' " ' -! , , //Untertänigster Knecht.// , . - - ... , ' — Haben Sie keinen neuen,Serviettenzeug?,",,, v,'.^-/- „>',- ^ //Vom schönsten! Eure Gnaden sollen -sogleich bedient, werden,./« ' Nachmittags hat der Kaufmann sein Tagewerk vollendet; ! er schließt sein Gewölbe, und zieht fröhlich mit seiner Familie, nach deM Svend nach Hitzing, oder sonst nach einem öffentlichen Lustplätze,,.um!.sich-zu erfrischen. Da steht sein, Käufer vom Morgen freundlich 'und,^dienst¬ willig mit der bekannten Serviette, unter dem Arme. ' Guten Abend. ^ . //Unterthänigster Knecht.// , ^ . ,, - ,-, ^, , ? ^—Haben Sie guten Tokayer? , - -. , „Vom besten! Euer Gnaden sollen sogleich -bedient werden!". Und nun sagt man: Es herrsche in Wien keine Gleichheit!!

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/707>, abgerufen am 23.07.2024.