Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.der edelsten Weiblichkeit umfloß. -- Könnte ich Herrn, N. nicht spre¬ "Ich, bedaure, von Herzen, der Herr ist so eben ausgegangen,/^ Könnte ich nicht die Ehre haben, der Frau vom Hause meine ,/Sie ficht vor Ihnen," sagte die junge Dame mit leisem Er- Ich stutzte noch mehr. Ist es möglich! diese Frau, die ich, als Madame bot mir einen Stuhl. "Sie sind gewiß der Fremde, - Immer' verblüffter schaute ich, der- Frau ins Gesicht. 'Dieses - 'Erst nachdem ich viele Monate' in Wien verlebt-hatte/wurde Da -erst begriff ich daß dieser unterthänigste Knecht eine, stehende der edelsten Weiblichkeit umfloß. — Könnte ich Herrn, N. nicht spre¬ "Ich, bedaure, von Herzen, der Herr ist so eben ausgegangen,/^ Könnte ich nicht die Ehre haben, der Frau vom Hause meine ,/Sie ficht vor Ihnen," sagte die junge Dame mit leisem Er- Ich stutzte noch mehr. Ist es möglich! diese Frau, die ich, als Madame bot mir einen Stuhl. „Sie sind gewiß der Fremde, - Immer' verblüffter schaute ich, der- Frau ins Gesicht. 'Dieses - 'Erst nachdem ich viele Monate' in Wien verlebt-hatte/wurde Da -erst begriff ich daß dieser unterthänigste Knecht eine, stehende <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0706" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/267919"/> <p xml:id="ID_2445" prev="#ID_2444"> der edelsten Weiblichkeit umfloß. — Könnte ich Herrn, N. nicht spre¬<lb/> chen?—fragte ich mit einiger Verwirrung. - '. . -</p><lb/> <p xml:id="ID_2446"> "Ich, bedaure, von Herzen, der Herr ist so eben ausgegangen,/^<lb/> war die Antwort. Ich, stutzte; ich Hatte diese junge Dame für,die<lb/> Gattin des Herrn N. gehalten, nach ihrer Antwort zu schließen, war<lb/> sie blos das Stubenmädchen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2447"> Könnte ich nicht die Ehre haben, der Frau vom Hause meine<lb/> Aufwartung zu machen. , -</p><lb/> <p xml:id="ID_2448"> ,/Sie ficht vor Ihnen," sagte die junge Dame mit leisem Er-<lb/> röchen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2449"> Ich stutzte noch mehr. Ist es möglich! diese Frau, die ich, als<lb/> das leibhaftige Ebenbild einer Xantippe mir dachte, diese Frau nennt ihren<lb/> Gatten ihren Herrn. Ich traute meinem Gehöre nicht.</p><lb/> <p xml:id="ID_2450"> Madame bot mir einen Stuhl. „Sie sind gewiß der Fremde,<lb/> dessen Bekanntschaft der Herr bei der Table d'hote zu machen das<lb/> Vergnügen hatte. Er hat mir aufgetragen, ihn zu entschuldigen, da<lb/> ein -dringendes Geschäft ihn abgerufen. Wenn Sie sich nur ein Vier-<lb/> telstündchen'gedulden wollen, bis dahin wird der „Herr gewiß nach<lb/> Hause kommen."'</p><lb/> <p xml:id="ID_2451"> - Immer' verblüffter schaute ich, der- Frau ins Gesicht. 'Dieses<lb/> Ehepaar war mir-das Räthsel der ^Sphinx. Er ,führt stets das Wort<lb/> Knecht auf der Zunge, sie das Wort Herr. Ist es- möglich, daß<lb/> ein Mann, der außer dem Hause der allerunterwürfigste der Welt ist,<lb/> innerhalb desselben ein solcher Tyrann sein kann, daß seine Frau<lb/> von' ihm spricht, als wäre sie eine Sklavin? ' -</p><lb/> <p xml:id="ID_2452"> - 'Erst nachdem ich viele Monate' in Wien verlebt-hatte/wurde<lb/> ,in'r allmählig die Lösung dieses Räthsels. Ich hörte in dieser Zeit<lb/> von mancher Frau den als //der Herr" bezeichnen, der im eigentlichen<lb/> Sinne ihr Sklave war, und manchen Mann //unterthänigster Knecht"<lb/> grüßen, indeß der Begrüßte sein untertänigster Schuldner ist.- - ,-</p><lb/> <p xml:id="ID_2453" next="#ID_2454"> Da -erst begriff ich daß dieser unterthänigste Knecht eine, stehende<lb/> wiener Redensart ist, wobei denn freilich sie sich nicht mehr denken,<lb/> als bei einem gewöhnlichen unterthänigsten Diener, — daß sie sich<lb/> aber -nichts dabei denken, ist eine traurige Sache. Die Höflichkeit ge¬<lb/> stattet, daß ein Mann zu einem gehorsamen Diener sich stempelt; ein<lb/> Diener ist derjenige, der- aus freiem Willen einem andern seine Dienste<lb/> widmet; ein Knecht ist-zum Dienen geboren/gezwungen, unfreiwillig.-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0706]
der edelsten Weiblichkeit umfloß. — Könnte ich Herrn, N. nicht spre¬
chen?—fragte ich mit einiger Verwirrung. - '. . -
"Ich, bedaure, von Herzen, der Herr ist so eben ausgegangen,/^
war die Antwort. Ich, stutzte; ich Hatte diese junge Dame für,die
Gattin des Herrn N. gehalten, nach ihrer Antwort zu schließen, war
sie blos das Stubenmädchen.
Könnte ich nicht die Ehre haben, der Frau vom Hause meine
Aufwartung zu machen. , -
,/Sie ficht vor Ihnen," sagte die junge Dame mit leisem Er-
röchen.
Ich stutzte noch mehr. Ist es möglich! diese Frau, die ich, als
das leibhaftige Ebenbild einer Xantippe mir dachte, diese Frau nennt ihren
Gatten ihren Herrn. Ich traute meinem Gehöre nicht.
Madame bot mir einen Stuhl. „Sie sind gewiß der Fremde,
dessen Bekanntschaft der Herr bei der Table d'hote zu machen das
Vergnügen hatte. Er hat mir aufgetragen, ihn zu entschuldigen, da
ein -dringendes Geschäft ihn abgerufen. Wenn Sie sich nur ein Vier-
telstündchen'gedulden wollen, bis dahin wird der „Herr gewiß nach
Hause kommen."'
- Immer' verblüffter schaute ich, der- Frau ins Gesicht. 'Dieses
Ehepaar war mir-das Räthsel der ^Sphinx. Er ,führt stets das Wort
Knecht auf der Zunge, sie das Wort Herr. Ist es- möglich, daß
ein Mann, der außer dem Hause der allerunterwürfigste der Welt ist,
innerhalb desselben ein solcher Tyrann sein kann, daß seine Frau
von' ihm spricht, als wäre sie eine Sklavin? ' -
- 'Erst nachdem ich viele Monate' in Wien verlebt-hatte/wurde
,in'r allmählig die Lösung dieses Räthsels. Ich hörte in dieser Zeit
von mancher Frau den als //der Herr" bezeichnen, der im eigentlichen
Sinne ihr Sklave war, und manchen Mann //unterthänigster Knecht"
grüßen, indeß der Begrüßte sein untertänigster Schuldner ist.- - ,-
Da -erst begriff ich daß dieser unterthänigste Knecht eine, stehende
wiener Redensart ist, wobei denn freilich sie sich nicht mehr denken,
als bei einem gewöhnlichen unterthänigsten Diener, — daß sie sich
aber -nichts dabei denken, ist eine traurige Sache. Die Höflichkeit ge¬
stattet, daß ein Mann zu einem gehorsamen Diener sich stempelt; ein
Diener ist derjenige, der- aus freiem Willen einem andern seine Dienste
widmet; ein Knecht ist-zum Dienen geboren/gezwungen, unfreiwillig.-
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