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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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Halten, so sind wir zufrieden, wenn er kommerziell nicht schädlich im
Allgemeinen ist. Wir glauben aber eher,, daß er auch für unsere
materiellen Interessen förderlich ist, wenn er in gewissen Grenzen ge¬
halten wird. Man bat die früheren Erfahrungen als ungehörig ver¬
worfen, weil damals mit wohlfeilen Menschenhänden gearbeitet wor¬
den sei, obgleich dies zu bestreikn ist, da gerade damals die Men¬
schenhände selten und darum theurer waren. Aber halten wir uns
ein, die Gegenwart., Wir haben schon früher gezeigt, wie unsere Tuch¬
fabrikanten die Concurrenz Belgiens keinesweges scheuen,, wie sie im
Gegentheil, ehe Belgien sich entschloß, seine Grenzen durch einen sehr
hohen Zollsatz zu sperren, ein bedeutendes Geschäft mit unserem Nach¬
barlande machten. Denn vor allen Dingen müssen wir bestreiten,.
daß Belgien seinen eigenen Consum selbst liefern, und daß es gar
keinen Ersatz für jede ihm bewilligte Concession gewähren kann.' Man,
stößt sich immer noch an die geringe Zahl seiner Einwohner, ohne an
seine Bedürfnisse zu denken. Sein Reichthum, vermöge dessen es große
Kapitalien auf die Industrie werfen kann, hat auch wieder den Vor¬
theil, daß es mehr braucht. Der Consum steigt nicht nach den Köp¬
fen/sondern uach den Taschen und, die 4 Millionen Belgier, mitih-
ren"vielen großen Städten und Flecken, leisten darin mehr als 20
Millionen Jrländer, oder 8 Millionen Deutsche in manchen unserer '
ärmeren Staaten.. Die Einwendungen, die uns gemacht werden, dre¬
hen sich aber hauptsächlich, sast ausschließlich, um den Eisenbahnbetrieb
und den Maschinenbau. Wir könnten entgegnen, dies ist nur ein ein¬
zelnes Interesse, und das an Wichtigkeit manchem Andern nachsteht. '
Aber wir sind weit entfernt davon, es handelt sich um einen in je¬
der Beziehung wichtigen Industriezweig und wir haben es schon aus¬
gesprochen, jede naturgemäße Industrie, welche, erst im Entstehen ist,,
verdient- den Schutz der Negierung. Aber der Schutz soll kein Mo¬
nopol sein. Wir geben zu, daß ein Handelsvertrag unbillig, unge¬
recht wäre, welcher unser Eisen, unsere, Maschinen dem Eindringen
aus der Fremde ganz ungerüstet bloßstellte, wir können aber nicht zu- >
geben, daß ein solcher Schutz auf alle Zeiten bestehen, noch zu hoch
seyn darf. Im letztern Falle würde er alle übrigen Fabrikationen,
welche die Maschinen bedürfen, gegen andere Fabrikationszweige be¬
schädigen, im erstem ein Privilegium gegen den Fortschritt verleihen.


einem'.Traktate >mit Belgien? Da wir ihn politisch für bedeutend
Halten, so sind wir zufrieden, wenn er kommerziell nicht schädlich im
Allgemeinen ist. Wir glauben aber eher,, daß er auch für unsere
materiellen Interessen förderlich ist, wenn er in gewissen Grenzen ge¬
halten wird. Man bat die früheren Erfahrungen als ungehörig ver¬
worfen, weil damals mit wohlfeilen Menschenhänden gearbeitet wor¬
den sei, obgleich dies zu bestreikn ist, da gerade damals die Men¬
schenhände selten und darum theurer waren. Aber halten wir uns
ein, die Gegenwart., Wir haben schon früher gezeigt, wie unsere Tuch¬
fabrikanten die Concurrenz Belgiens keinesweges scheuen,, wie sie im
Gegentheil, ehe Belgien sich entschloß, seine Grenzen durch einen sehr
hohen Zollsatz zu sperren, ein bedeutendes Geschäft mit unserem Nach¬
barlande machten. Denn vor allen Dingen müssen wir bestreiten,.
daß Belgien seinen eigenen Consum selbst liefern, und daß es gar
keinen Ersatz für jede ihm bewilligte Concession gewähren kann.' Man,
stößt sich immer noch an die geringe Zahl seiner Einwohner, ohne an
seine Bedürfnisse zu denken. Sein Reichthum, vermöge dessen es große
Kapitalien auf die Industrie werfen kann, hat auch wieder den Vor¬
theil, daß es mehr braucht. Der Consum steigt nicht nach den Köp¬
fen/sondern uach den Taschen und, die 4 Millionen Belgier, mitih-
ren„vielen großen Städten und Flecken, leisten darin mehr als 20
Millionen Jrländer, oder 8 Millionen Deutsche in manchen unserer '
ärmeren Staaten.. Die Einwendungen, die uns gemacht werden, dre¬
hen sich aber hauptsächlich, sast ausschließlich, um den Eisenbahnbetrieb
und den Maschinenbau. Wir könnten entgegnen, dies ist nur ein ein¬
zelnes Interesse, und das an Wichtigkeit manchem Andern nachsteht. '
Aber wir sind weit entfernt davon, es handelt sich um einen in je¬
der Beziehung wichtigen Industriezweig und wir haben es schon aus¬
gesprochen, jede naturgemäße Industrie, welche, erst im Entstehen ist,,
verdient- den Schutz der Negierung. Aber der Schutz soll kein Mo¬
nopol sein. Wir geben zu, daß ein Handelsvertrag unbillig, unge¬
recht wäre, welcher unser Eisen, unsere, Maschinen dem Eindringen
aus der Fremde ganz ungerüstet bloßstellte, wir können aber nicht zu- >
geben, daß ein solcher Schutz auf alle Zeiten bestehen, noch zu hoch
seyn darf. Im letztern Falle würde er alle übrigen Fabrikationen,
welche die Maschinen bedürfen, gegen andere Fabrikationszweige be¬
schädigen, im erstem ein Privilegium gegen den Fortschritt verleihen.


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[0664] einem'.Traktate >mit Belgien? Da wir ihn politisch für bedeutend Halten, so sind wir zufrieden, wenn er kommerziell nicht schädlich im Allgemeinen ist. Wir glauben aber eher,, daß er auch für unsere materiellen Interessen förderlich ist, wenn er in gewissen Grenzen ge¬ halten wird. Man bat die früheren Erfahrungen als ungehörig ver¬ worfen, weil damals mit wohlfeilen Menschenhänden gearbeitet wor¬ den sei, obgleich dies zu bestreikn ist, da gerade damals die Men¬ schenhände selten und darum theurer waren. Aber halten wir uns ein, die Gegenwart., Wir haben schon früher gezeigt, wie unsere Tuch¬ fabrikanten die Concurrenz Belgiens keinesweges scheuen,, wie sie im Gegentheil, ehe Belgien sich entschloß, seine Grenzen durch einen sehr hohen Zollsatz zu sperren, ein bedeutendes Geschäft mit unserem Nach¬ barlande machten. Denn vor allen Dingen müssen wir bestreiten,. daß Belgien seinen eigenen Consum selbst liefern, und daß es gar keinen Ersatz für jede ihm bewilligte Concession gewähren kann.' Man, stößt sich immer noch an die geringe Zahl seiner Einwohner, ohne an seine Bedürfnisse zu denken. Sein Reichthum, vermöge dessen es große Kapitalien auf die Industrie werfen kann, hat auch wieder den Vor¬ theil, daß es mehr braucht. Der Consum steigt nicht nach den Köp¬ fen/sondern uach den Taschen und, die 4 Millionen Belgier, mitih- ren„vielen großen Städten und Flecken, leisten darin mehr als 20 Millionen Jrländer, oder 8 Millionen Deutsche in manchen unserer ' ärmeren Staaten.. Die Einwendungen, die uns gemacht werden, dre¬ hen sich aber hauptsächlich, sast ausschließlich, um den Eisenbahnbetrieb und den Maschinenbau. Wir könnten entgegnen, dies ist nur ein ein¬ zelnes Interesse, und das an Wichtigkeit manchem Andern nachsteht. ' Aber wir sind weit entfernt davon, es handelt sich um einen in je¬ der Beziehung wichtigen Industriezweig und wir haben es schon aus¬ gesprochen, jede naturgemäße Industrie, welche, erst im Entstehen ist,, verdient- den Schutz der Negierung. Aber der Schutz soll kein Mo¬ nopol sein. Wir geben zu, daß ein Handelsvertrag unbillig, unge¬ recht wäre, welcher unser Eisen, unsere, Maschinen dem Eindringen aus der Fremde ganz ungerüstet bloßstellte, wir können aber nicht zu- > geben, daß ein solcher Schutz auf alle Zeiten bestehen, noch zu hoch seyn darf. Im letztern Falle würde er alle übrigen Fabrikationen, welche die Maschinen bedürfen, gegen andere Fabrikationszweige be¬ schädigen, im erstem ein Privilegium gegen den Fortschritt verleihen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/664>, abgerufen am 23.07.2024.