Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

Bild:
<< vorherige Seite

ist, der's in wenig Tagen weiter bringt, als Ihr Euer Lebelang, dann seid Ihr
wenigstens grob und offen zugleich!

Malström. Ihr überhebt mich der Offenheit, und seid Mg genug, einzu-
sehn, daß wir nicht wie Weiber die Zudringlichkeit liebenswert!) finden.

MonaldeSchi. Das ist die wahre Höhe! Wäre ich ein bettelnder Lump
geblieben, dann zeigtet Ihr mir Eure Verachtung, daß ich nichts vermöchte, und
weil ich's zu was gebracht habe, so stachelt Euch Zorn Und Brodneid zu roher Be¬
leidigung -- wie klein!

Malström. Der fremde Glücksritter will wohl noch bewundert werden, wenn
er sich eingedrängt hat?

Monaldcöchi. Fremd oder nicht fremd! Das ist Euer" Pathenwort! Wer
nichts erwerben kann, der hangt sich mit aller Schwere an die Vetter- und Lands^
Mannschaft, weil er fühlt und weiß, daß er ohne sie nichts wäre. Bin ich durch
ein Verbrechen in Eurem Lande hoch gestellt, oder durch mein Verdienst? Ueber¬
trefft mich, und Ihr werdet mich würdig besiegt haben -- ich habe keinen Schutz
als meinen Kopf, mein Herz und meinen Degen. Ihr habt das ganze Land für
Euch, habt Eure Erbschaften und Vetterschaften für und hinter Euch, es steht
Euch wohl an, gegen den einzelnen Gast nichts auszubringen als brutale Belei¬
digung!

Malstrom. Ihr seht mich aus wie ein Gast/ der bloßes Gastrecht in An¬
spruch nehmen und wieder geben will! Ihr seid ein Gast wie der Spatz, der im
Nest der Schwalbe einkehrt, um sich einzunisten.

MonaldcSchi. Wer hat's den Spatz gelehrt? Wer bat ihm die Macht
gegeben?

Malström. Dafür sind wir Menschen, sind eine Nation, tragen alle Nach¬
theile einer nationalen Gemeinschaft, um das bloß thierische Recht abzuwehren, um
gegen den Eindringling in Vortheil und Macht zu sein! Wer sich nicht unterbringt,
wo ihn Geburt und Erziehung hingestellt, der wird ein Abenteurer und Landstrei¬
cher, den schließt die Gesellschaft aus von ihrer Achtung.

Monnldeschi. Meine Vorfahren, die römischen Feldherren, strichen auch
durch die Länder, und erzwangen sich mehr als Achtung, sie erzwangen sich Ge¬
horsam.

Malström. Thut's eine Nation, so ist'S Eroberung, thut's ein Einzelner,
so ist's GlückSrittcrei, die man über kurz oder lang züchtigt.

MonaldeSchi. Und Ihr möchtet gern ein solcher Schulmeister sein, da Ihr
kein Glücksritter sein konnt?

Malström. Die Ruthe dieses Schulmeisters schlägt nur einmal und dann
für immer. ' , -


ist, der's in wenig Tagen weiter bringt, als Ihr Euer Lebelang, dann seid Ihr
wenigstens grob und offen zugleich!

Malström. Ihr überhebt mich der Offenheit, und seid Mg genug, einzu-
sehn, daß wir nicht wie Weiber die Zudringlichkeit liebenswert!) finden.

MonaldeSchi. Das ist die wahre Höhe! Wäre ich ein bettelnder Lump
geblieben, dann zeigtet Ihr mir Eure Verachtung, daß ich nichts vermöchte, und
weil ich's zu was gebracht habe, so stachelt Euch Zorn Und Brodneid zu roher Be¬
leidigung — wie klein!

Malström. Der fremde Glücksritter will wohl noch bewundert werden, wenn
er sich eingedrängt hat?

Monaldcöchi. Fremd oder nicht fremd! Das ist Euer" Pathenwort! Wer
nichts erwerben kann, der hangt sich mit aller Schwere an die Vetter- und Lands^
Mannschaft, weil er fühlt und weiß, daß er ohne sie nichts wäre. Bin ich durch
ein Verbrechen in Eurem Lande hoch gestellt, oder durch mein Verdienst? Ueber¬
trefft mich, und Ihr werdet mich würdig besiegt haben — ich habe keinen Schutz
als meinen Kopf, mein Herz und meinen Degen. Ihr habt das ganze Land für
Euch, habt Eure Erbschaften und Vetterschaften für und hinter Euch, es steht
Euch wohl an, gegen den einzelnen Gast nichts auszubringen als brutale Belei¬
digung!

Malstrom. Ihr seht mich aus wie ein Gast/ der bloßes Gastrecht in An¬
spruch nehmen und wieder geben will! Ihr seid ein Gast wie der Spatz, der im
Nest der Schwalbe einkehrt, um sich einzunisten.

MonaldcSchi. Wer hat's den Spatz gelehrt? Wer bat ihm die Macht
gegeben?

Malström. Dafür sind wir Menschen, sind eine Nation, tragen alle Nach¬
theile einer nationalen Gemeinschaft, um das bloß thierische Recht abzuwehren, um
gegen den Eindringling in Vortheil und Macht zu sein! Wer sich nicht unterbringt,
wo ihn Geburt und Erziehung hingestellt, der wird ein Abenteurer und Landstrei¬
cher, den schließt die Gesellschaft aus von ihrer Achtung.

Monnldeschi. Meine Vorfahren, die römischen Feldherren, strichen auch
durch die Länder, und erzwangen sich mehr als Achtung, sie erzwangen sich Ge¬
horsam.

Malström. Thut's eine Nation, so ist'S Eroberung, thut's ein Einzelner,
so ist's GlückSrittcrei, die man über kurz oder lang züchtigt.

MonaldeSchi. Und Ihr möchtet gern ein solcher Schulmeister sein, da Ihr
kein Glücksritter sein konnt?

Malström. Die Ruthe dieses Schulmeisters schlägt nur einmal und dann
für immer. ' , -


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <div n="4">
                <pb facs="#f0066" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/267281"/>
                <p xml:id="ID_422" prev="#ID_421"> ist, der's in wenig Tagen weiter bringt, als Ihr Euer Lebelang, dann seid Ihr<lb/>
wenigstens grob und offen zugleich!</p><lb/>
                <p xml:id="ID_423"> Malström. Ihr überhebt mich der Offenheit, und seid Mg genug, einzu-<lb/>
sehn, daß wir nicht wie Weiber die Zudringlichkeit liebenswert!) finden.</p><lb/>
                <p xml:id="ID_424"> MonaldeSchi. Das ist die wahre Höhe! Wäre ich ein bettelnder Lump<lb/>
geblieben, dann zeigtet Ihr mir Eure Verachtung, daß ich nichts vermöchte, und<lb/>
weil ich's zu was gebracht habe, so stachelt Euch Zorn Und Brodneid zu roher Be¬<lb/>
leidigung &#x2014; wie klein!</p><lb/>
                <p xml:id="ID_425"> Malström. Der fremde Glücksritter will wohl noch bewundert werden, wenn<lb/>
er sich eingedrängt hat?</p><lb/>
                <p xml:id="ID_426"> Monaldcöchi. Fremd oder nicht fremd! Das ist Euer" Pathenwort! Wer<lb/>
nichts erwerben kann, der hangt sich mit aller Schwere an die Vetter- und Lands^<lb/>
Mannschaft, weil er fühlt und weiß, daß er ohne sie nichts wäre. Bin ich durch<lb/>
ein Verbrechen in Eurem Lande hoch gestellt, oder durch mein Verdienst? Ueber¬<lb/>
trefft mich, und Ihr werdet mich würdig besiegt haben &#x2014; ich habe keinen Schutz<lb/>
als meinen Kopf, mein Herz und meinen Degen. Ihr habt das ganze Land für<lb/>
Euch, habt Eure Erbschaften und Vetterschaften für und hinter Euch, es steht<lb/>
Euch wohl an, gegen den einzelnen Gast nichts auszubringen als brutale Belei¬<lb/>
digung!</p><lb/>
                <p xml:id="ID_427"> Malstrom. Ihr seht mich aus wie ein Gast/ der bloßes Gastrecht in An¬<lb/>
spruch nehmen und wieder geben will! Ihr seid ein Gast wie der Spatz, der im<lb/>
Nest der Schwalbe einkehrt, um sich einzunisten.</p><lb/>
                <p xml:id="ID_428"> MonaldcSchi. Wer hat's den Spatz gelehrt? Wer bat ihm die Macht<lb/>
gegeben?</p><lb/>
                <p xml:id="ID_429"> Malström. Dafür sind wir Menschen, sind eine Nation, tragen alle Nach¬<lb/>
theile einer nationalen Gemeinschaft, um das bloß thierische Recht abzuwehren, um<lb/>
gegen den Eindringling in Vortheil und Macht zu sein! Wer sich nicht unterbringt,<lb/>
wo ihn Geburt und Erziehung hingestellt, der wird ein Abenteurer und Landstrei¬<lb/>
cher, den schließt die Gesellschaft aus von ihrer Achtung.</p><lb/>
                <p xml:id="ID_430"> Monnldeschi. Meine Vorfahren, die römischen Feldherren, strichen auch<lb/>
durch die Länder, und erzwangen sich mehr als Achtung, sie erzwangen sich Ge¬<lb/>
horsam.</p><lb/>
                <p xml:id="ID_431"> Malström. Thut's eine Nation, so ist'S Eroberung, thut's ein Einzelner,<lb/>
so ist's GlückSrittcrei, die man über kurz oder lang züchtigt.</p><lb/>
                <p xml:id="ID_432"> MonaldeSchi. Und Ihr möchtet gern ein solcher Schulmeister sein, da Ihr<lb/>
kein Glücksritter sein konnt?</p><lb/>
                <p xml:id="ID_433"> Malström. Die Ruthe dieses Schulmeisters schlägt nur einmal und dann<lb/>
für immer. '    , -</p><lb/>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0066] ist, der's in wenig Tagen weiter bringt, als Ihr Euer Lebelang, dann seid Ihr wenigstens grob und offen zugleich! Malström. Ihr überhebt mich der Offenheit, und seid Mg genug, einzu- sehn, daß wir nicht wie Weiber die Zudringlichkeit liebenswert!) finden. MonaldeSchi. Das ist die wahre Höhe! Wäre ich ein bettelnder Lump geblieben, dann zeigtet Ihr mir Eure Verachtung, daß ich nichts vermöchte, und weil ich's zu was gebracht habe, so stachelt Euch Zorn Und Brodneid zu roher Be¬ leidigung — wie klein! Malström. Der fremde Glücksritter will wohl noch bewundert werden, wenn er sich eingedrängt hat? Monaldcöchi. Fremd oder nicht fremd! Das ist Euer" Pathenwort! Wer nichts erwerben kann, der hangt sich mit aller Schwere an die Vetter- und Lands^ Mannschaft, weil er fühlt und weiß, daß er ohne sie nichts wäre. Bin ich durch ein Verbrechen in Eurem Lande hoch gestellt, oder durch mein Verdienst? Ueber¬ trefft mich, und Ihr werdet mich würdig besiegt haben — ich habe keinen Schutz als meinen Kopf, mein Herz und meinen Degen. Ihr habt das ganze Land für Euch, habt Eure Erbschaften und Vetterschaften für und hinter Euch, es steht Euch wohl an, gegen den einzelnen Gast nichts auszubringen als brutale Belei¬ digung! Malstrom. Ihr seht mich aus wie ein Gast/ der bloßes Gastrecht in An¬ spruch nehmen und wieder geben will! Ihr seid ein Gast wie der Spatz, der im Nest der Schwalbe einkehrt, um sich einzunisten. MonaldcSchi. Wer hat's den Spatz gelehrt? Wer bat ihm die Macht gegeben? Malström. Dafür sind wir Menschen, sind eine Nation, tragen alle Nach¬ theile einer nationalen Gemeinschaft, um das bloß thierische Recht abzuwehren, um gegen den Eindringling in Vortheil und Macht zu sein! Wer sich nicht unterbringt, wo ihn Geburt und Erziehung hingestellt, der wird ein Abenteurer und Landstrei¬ cher, den schließt die Gesellschaft aus von ihrer Achtung. Monnldeschi. Meine Vorfahren, die römischen Feldherren, strichen auch durch die Länder, und erzwangen sich mehr als Achtung, sie erzwangen sich Ge¬ horsam. Malström. Thut's eine Nation, so ist'S Eroberung, thut's ein Einzelner, so ist's GlückSrittcrei, die man über kurz oder lang züchtigt. MonaldeSchi. Und Ihr möchtet gern ein solcher Schulmeister sein, da Ihr kein Glücksritter sein konnt? Malström. Die Ruthe dieses Schulmeisters schlägt nur einmal und dann für immer. ' , -

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/66
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/66>, abgerufen am 02.07.2024.