Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

Bild:
<< vorherige Seite

-- El, schlägt, man sich mit solchem Pagenvolk? warf der
Kriegomann verächtlich ein.

-- Nein! höchstens bläst man it)nen das Licht ans in einem
Straßenwinkel, erwiderte sein Gefährte.

-- Lamwy, Dn erinnerst mich daran, daß Du aus Italien
kommst, aber Du möchtest mich schier vergessen machen, daß Dein
Bruder der Sieger von Pavia ist, sagte von Baume kaltblütig.

Die sonderbare Zuckung, die das Gesicht des jungen Mannes
ergriff, ward der Hauptmann nicht gewahr. Wohl aber fühlte er
den Arm desselben erzittern," als eben der Edle von Se. Aldegonde
mit seinem Pagen ihnen nachkam und die Mauern der großen Ka¬
pelle entlang ganz dicht neben ihnen hinwandelte;, denn hinter einem
der Strebepfeiler dieser Kirche hatten die beiden Freunde sich versteckt
gehalten, um ungesehen die Dame und ihre Begleiter beobachten zu
können. Als der Edelmann und der Page vorbeiwaren, klopfte der
Hauptmann seinem Begleiter auf die Schulter, mit den Worten:

-- Und jetzt laß uns heimkehren, denn die Nacht ist schon weit
vorgerückt, und Schlafen ist ein gutes Ding.

-- Schlafen? lächelte Laurop. Wohl denn, gute Nacht! . .

-- Gute Nacht, bis morgen! rief der Hauptmann ihm zu, in¬
dem er den Weg nach seiner Wohnung einschlug.




Es war bereits tief in der Nacht. Schon lange hatte die Uhr
auf Se. Gudula angeschlagen, um den Stadtbewohnern die erste Mor¬
genstunde zu verkünden.

Wen in diesem Augenblicke der Zufall an die Mündung der
Hochstraße zu Brüssel geführt hätte, der würde, wenn er vor der
dem edlen Geschlecht von Baude zugehörigen Wohnung stehen geblie¬
ben, gegenüber dem großen Balkon, der an der Vorderseite dieses
Hauses sich über die Straße vorneigte, einen Mann gewahrt ha¬
ben,, der wie ein Wachtposten unbeweglich auf einem Platze stand,
gleich als habe er seiner Liebsten dahin ein Stelldichein gegeben, oder
als ginge, er darauf aus, irgend eine furchtbare That zur Bollen¬
dung zu bringen., Ein tief herabgedrückter Hut, dessen breite Ränder
sein Gesicht bedeckten, und ein, weiter spanischer Mantel, in den er
sich ganz eingehüllt hatte, hinderten, den Mann zu erkennen. Mit


86

— El, schlägt, man sich mit solchem Pagenvolk? warf der
Kriegomann verächtlich ein.

— Nein! höchstens bläst man it)nen das Licht ans in einem
Straßenwinkel, erwiderte sein Gefährte.

— Lamwy, Dn erinnerst mich daran, daß Du aus Italien
kommst, aber Du möchtest mich schier vergessen machen, daß Dein
Bruder der Sieger von Pavia ist, sagte von Baume kaltblütig.

Die sonderbare Zuckung, die das Gesicht des jungen Mannes
ergriff, ward der Hauptmann nicht gewahr. Wohl aber fühlte er
den Arm desselben erzittern," als eben der Edle von Se. Aldegonde
mit seinem Pagen ihnen nachkam und die Mauern der großen Ka¬
pelle entlang ganz dicht neben ihnen hinwandelte;, denn hinter einem
der Strebepfeiler dieser Kirche hatten die beiden Freunde sich versteckt
gehalten, um ungesehen die Dame und ihre Begleiter beobachten zu
können. Als der Edelmann und der Page vorbeiwaren, klopfte der
Hauptmann seinem Begleiter auf die Schulter, mit den Worten:

— Und jetzt laß uns heimkehren, denn die Nacht ist schon weit
vorgerückt, und Schlafen ist ein gutes Ding.

— Schlafen? lächelte Laurop. Wohl denn, gute Nacht! . .

— Gute Nacht, bis morgen! rief der Hauptmann ihm zu, in¬
dem er den Weg nach seiner Wohnung einschlug.




Es war bereits tief in der Nacht. Schon lange hatte die Uhr
auf Se. Gudula angeschlagen, um den Stadtbewohnern die erste Mor¬
genstunde zu verkünden.

Wen in diesem Augenblicke der Zufall an die Mündung der
Hochstraße zu Brüssel geführt hätte, der würde, wenn er vor der
dem edlen Geschlecht von Baude zugehörigen Wohnung stehen geblie¬
ben, gegenüber dem großen Balkon, der an der Vorderseite dieses
Hauses sich über die Straße vorneigte, einen Mann gewahrt ha¬
ben,, der wie ein Wachtposten unbeweglich auf einem Platze stand,
gleich als habe er seiner Liebsten dahin ein Stelldichein gegeben, oder
als ginge, er darauf aus, irgend eine furchtbare That zur Bollen¬
dung zu bringen., Ein tief herabgedrückter Hut, dessen breite Ränder
sein Gesicht bedeckten, und ein, weiter spanischer Mantel, in den er
sich ganz eingehüllt hatte, hinderten, den Mann zu erkennen. Mit


86
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0651" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/267864"/>
          <p xml:id="ID_2277"> &#x2014; El, schlägt, man sich mit solchem Pagenvolk? warf der<lb/>
Kriegomann verächtlich ein.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2278"> &#x2014; Nein! höchstens bläst man it)nen das Licht ans in einem<lb/>
Straßenwinkel, erwiderte sein Gefährte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2279"> &#x2014; Lamwy, Dn erinnerst mich daran, daß Du aus Italien<lb/>
kommst, aber Du möchtest mich schier vergessen machen, daß Dein<lb/>
Bruder der Sieger von Pavia ist, sagte von Baume kaltblütig.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2280"> Die sonderbare Zuckung, die das Gesicht des jungen Mannes<lb/>
ergriff, ward der Hauptmann nicht gewahr. Wohl aber fühlte er<lb/>
den Arm desselben erzittern," als eben der Edle von Se. Aldegonde<lb/>
mit seinem Pagen ihnen nachkam und die Mauern der großen Ka¬<lb/>
pelle entlang ganz dicht neben ihnen hinwandelte;, denn hinter einem<lb/>
der Strebepfeiler dieser Kirche hatten die beiden Freunde sich versteckt<lb/>
gehalten, um ungesehen die Dame und ihre Begleiter beobachten zu<lb/>
können. Als der Edelmann und der Page vorbeiwaren, klopfte der<lb/>
Hauptmann seinem Begleiter auf die Schulter, mit den Worten:</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2281"> &#x2014; Und jetzt laß uns heimkehren, denn die Nacht ist schon weit<lb/>
vorgerückt, und Schlafen ist ein gutes Ding.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2282"> &#x2014; Schlafen? lächelte Laurop. Wohl denn, gute Nacht! . .</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2283"> &#x2014; Gute Nacht, bis morgen! rief der Hauptmann ihm zu, in¬<lb/>
dem er den Weg nach seiner Wohnung einschlug.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p xml:id="ID_2284"> Es war bereits tief in der Nacht. Schon lange hatte die Uhr<lb/>
auf Se. Gudula angeschlagen, um den Stadtbewohnern die erste Mor¬<lb/>
genstunde zu verkünden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2285" next="#ID_2286"> Wen in diesem Augenblicke der Zufall an die Mündung der<lb/>
Hochstraße zu Brüssel geführt hätte, der würde, wenn er vor der<lb/>
dem edlen Geschlecht von Baude zugehörigen Wohnung stehen geblie¬<lb/>
ben, gegenüber dem großen Balkon, der an der Vorderseite dieses<lb/>
Hauses sich über die Straße vorneigte, einen Mann gewahrt ha¬<lb/>
ben,, der wie ein Wachtposten unbeweglich auf einem Platze stand,<lb/>
gleich als habe er seiner Liebsten dahin ein Stelldichein gegeben, oder<lb/>
als ginge, er darauf aus, irgend eine furchtbare That zur Bollen¬<lb/>
dung zu bringen., Ein tief herabgedrückter Hut, dessen breite Ränder<lb/>
sein Gesicht bedeckten, und ein, weiter spanischer Mantel, in den er<lb/>
sich ganz eingehüllt hatte, hinderten, den Mann zu erkennen. Mit</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> 86</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0651] — El, schlägt, man sich mit solchem Pagenvolk? warf der Kriegomann verächtlich ein. — Nein! höchstens bläst man it)nen das Licht ans in einem Straßenwinkel, erwiderte sein Gefährte. — Lamwy, Dn erinnerst mich daran, daß Du aus Italien kommst, aber Du möchtest mich schier vergessen machen, daß Dein Bruder der Sieger von Pavia ist, sagte von Baume kaltblütig. Die sonderbare Zuckung, die das Gesicht des jungen Mannes ergriff, ward der Hauptmann nicht gewahr. Wohl aber fühlte er den Arm desselben erzittern," als eben der Edle von Se. Aldegonde mit seinem Pagen ihnen nachkam und die Mauern der großen Ka¬ pelle entlang ganz dicht neben ihnen hinwandelte;, denn hinter einem der Strebepfeiler dieser Kirche hatten die beiden Freunde sich versteckt gehalten, um ungesehen die Dame und ihre Begleiter beobachten zu können. Als der Edelmann und der Page vorbeiwaren, klopfte der Hauptmann seinem Begleiter auf die Schulter, mit den Worten: — Und jetzt laß uns heimkehren, denn die Nacht ist schon weit vorgerückt, und Schlafen ist ein gutes Ding. — Schlafen? lächelte Laurop. Wohl denn, gute Nacht! . . — Gute Nacht, bis morgen! rief der Hauptmann ihm zu, in¬ dem er den Weg nach seiner Wohnung einschlug. Es war bereits tief in der Nacht. Schon lange hatte die Uhr auf Se. Gudula angeschlagen, um den Stadtbewohnern die erste Mor¬ genstunde zu verkünden. Wen in diesem Augenblicke der Zufall an die Mündung der Hochstraße zu Brüssel geführt hätte, der würde, wenn er vor der dem edlen Geschlecht von Baude zugehörigen Wohnung stehen geblie¬ ben, gegenüber dem großen Balkon, der an der Vorderseite dieses Hauses sich über die Straße vorneigte, einen Mann gewahrt ha¬ ben,, der wie ein Wachtposten unbeweglich auf einem Platze stand, gleich als habe er seiner Liebsten dahin ein Stelldichein gegeben, oder als ginge, er darauf aus, irgend eine furchtbare That zur Bollen¬ dung zu bringen., Ein tief herabgedrückter Hut, dessen breite Ränder sein Gesicht bedeckten, und ein, weiter spanischer Mantel, in den er sich ganz eingehüllt hatte, hinderten, den Mann zu erkennen. Mit 86

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/651
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/651>, abgerufen am 23.07.2024.