Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

Bild:
<< vorherige Seite

Bände eines, jungen Schwärmers. -- Und wo ich lebte? -- Immer
'bei Gott, und mit Gott. Mit dem Leibe war ich in Genf, in der
Schweiz, dem eignen freien Heerde,, an dem ein jeder Fremde frei kocht,
ques die Jesuiten, von denen Papst Sirtus V. als Caneel gesagt:
es sollte ja Niemand meinen, daß sie it)ren Namen von Jesus trügen!
Dann war ich in Toulouse, in Paris bei dein König Heinrich. Dort
gab ich meine "Artikel von der Natur und von der Welt" heraus.
Denn die Natur ist die urälteste Tradition Gottes. Dann floh ich
nach England. Endlich sah, ich das langersehnte Sachsen und Wit-
tenberg, die ewig berühmte Stadt, die ich betreten mußte. Die guten
Menschen dort nahmen mich auf wie einen Bruder, und ich ward
öffentlich ihr Bruder, d. h. ein Apostat von Rom, also wahrer Rav-
veduto, ein wahrer Kluggewordncr, ein nur zu Gott Bekehrter. Dann
War mein Leib zu Prag, dem nie hoch genug zu ehrenden Born der
deutschen Geistesfreiheit. Da hatte ich Umgang mit Tycho Brahe,
dem, armen Mein,n mit der goldnen Nase, die er sich im Schmelztiegel
.gemacht, als er seine im Duell verloren. Das ist, ein katholischer
Astronom,, der gegen alle , Vernunft den Himmel so kindisch fest¬
halten wollte, wie Nom die Erde und den Kinderglauben, Rom,
das gegen Copernicus alle Bischöfe und Diakonen, predigen läßt und
in ihm die göttliche Weisheit verflucht. -- Von, da ließ mich der
Herzog Heinrich Julius einladen. , Dem drückte ich die Augen zu und
ging als Corrector zum Buchdrucker Weesel nach dem schönen Frank¬
furt voll geistreicher freisinniger Männer. Da hatten mich wieder
die Feinde ausgespürt, und ich ging mitten durch sie hindurch nach
England) bis mich die Gebrüder Jesu auch da bedrohten. Da rieth
mir mein Freund Sidney, mich wie die Fliege dem Ochsen auf
den Nacken zu setzen und nach Italien zu gehen. Und ich bin nicht
etwa betäubt von dem langen, starren, giftig süße Träume erregenden,
Geist verwirrenden Anblick, der großen Klapperschlange in den Na¬
chen gelaufen. Ich ging nach Paoua. Galilei kam. Ich brachte
ihm das erste Fernrohr mit aus Middelburg von Jansen, und man¬
che Kunde von Fabricius in Wittenberg und von Scheiner in Augs¬
burg.Unsere Flammen wurden Eine. Er wies mir heimlich
Schüler zu in einem Winkel bei der Mühle unier den Wattigen Ka-



Per Jesuit Scheine entdeckte bekanntlich die Somicusscckeü.

Bände eines, jungen Schwärmers. — Und wo ich lebte? — Immer
'bei Gott, und mit Gott. Mit dem Leibe war ich in Genf, in der
Schweiz, dem eignen freien Heerde,, an dem ein jeder Fremde frei kocht,
ques die Jesuiten, von denen Papst Sirtus V. als Caneel gesagt:
es sollte ja Niemand meinen, daß sie it)ren Namen von Jesus trügen!
Dann war ich in Toulouse, in Paris bei dein König Heinrich. Dort
gab ich meine «Artikel von der Natur und von der Welt" heraus.
Denn die Natur ist die urälteste Tradition Gottes. Dann floh ich
nach England. Endlich sah, ich das langersehnte Sachsen und Wit-
tenberg, die ewig berühmte Stadt, die ich betreten mußte. Die guten
Menschen dort nahmen mich auf wie einen Bruder, und ich ward
öffentlich ihr Bruder, d. h. ein Apostat von Rom, also wahrer Rav-
veduto, ein wahrer Kluggewordncr, ein nur zu Gott Bekehrter. Dann
War mein Leib zu Prag, dem nie hoch genug zu ehrenden Born der
deutschen Geistesfreiheit. Da hatte ich Umgang mit Tycho Brahe,
dem, armen Mein,n mit der goldnen Nase, die er sich im Schmelztiegel
.gemacht, als er seine im Duell verloren. Das ist, ein katholischer
Astronom,, der gegen alle , Vernunft den Himmel so kindisch fest¬
halten wollte, wie Nom die Erde und den Kinderglauben, Rom,
das gegen Copernicus alle Bischöfe und Diakonen, predigen läßt und
in ihm die göttliche Weisheit verflucht. — Von, da ließ mich der
Herzog Heinrich Julius einladen. , Dem drückte ich die Augen zu und
ging als Corrector zum Buchdrucker Weesel nach dem schönen Frank¬
furt voll geistreicher freisinniger Männer. Da hatten mich wieder
die Feinde ausgespürt, und ich ging mitten durch sie hindurch nach
England) bis mich die Gebrüder Jesu auch da bedrohten. Da rieth
mir mein Freund Sidney, mich wie die Fliege dem Ochsen auf
den Nacken zu setzen und nach Italien zu gehen. Und ich bin nicht
etwa betäubt von dem langen, starren, giftig süße Träume erregenden,
Geist verwirrenden Anblick, der großen Klapperschlange in den Na¬
chen gelaufen. Ich ging nach Paoua. Galilei kam. Ich brachte
ihm das erste Fernrohr mit aus Middelburg von Jansen, und man¬
che Kunde von Fabricius in Wittenberg und von Scheiner in Augs¬
burg.Unsere Flammen wurden Eine. Er wies mir heimlich
Schüler zu in einem Winkel bei der Mühle unier den Wattigen Ka-



Per Jesuit Scheine entdeckte bekanntlich die Somicusscckeü.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0526" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/267739"/>
            <p xml:id="ID_1807" prev="#ID_1806" next="#ID_1808"> Bände eines, jungen Schwärmers. &#x2014; Und wo ich lebte? &#x2014; Immer<lb/>
'bei Gott, und mit Gott. Mit dem Leibe war ich in Genf, in der<lb/>
Schweiz, dem eignen freien Heerde,, an dem ein jeder Fremde frei kocht,<lb/>
ques die Jesuiten, von denen Papst Sirtus V. als Caneel gesagt:<lb/>
es sollte ja Niemand meinen, daß sie it)ren Namen von Jesus trügen!<lb/>
Dann war ich in Toulouse, in Paris bei dein König Heinrich. Dort<lb/>
gab ich meine «Artikel von der Natur und von der Welt" heraus.<lb/>
Denn die Natur ist die urälteste Tradition Gottes. Dann floh ich<lb/>
nach England. Endlich sah, ich das langersehnte Sachsen und Wit-<lb/>
tenberg, die ewig berühmte Stadt, die ich betreten mußte. Die guten<lb/>
Menschen dort nahmen mich auf wie einen Bruder, und ich ward<lb/>
öffentlich ihr Bruder, d. h. ein Apostat von Rom, also wahrer Rav-<lb/>
veduto, ein wahrer Kluggewordncr, ein nur zu Gott Bekehrter. Dann<lb/>
War mein Leib zu Prag, dem nie hoch genug zu ehrenden Born der<lb/>
deutschen Geistesfreiheit. Da hatte ich Umgang mit Tycho Brahe,<lb/>
dem, armen Mein,n mit der goldnen Nase, die er sich im Schmelztiegel<lb/>
.gemacht, als er seine im Duell verloren. Das ist, ein katholischer<lb/>
Astronom,, der gegen alle , Vernunft den Himmel so kindisch fest¬<lb/>
halten wollte, wie Nom die Erde und den Kinderglauben, Rom,<lb/>
das gegen Copernicus alle Bischöfe und Diakonen, predigen läßt und<lb/>
in ihm die göttliche Weisheit verflucht. &#x2014; Von, da ließ mich der<lb/>
Herzog Heinrich Julius einladen. , Dem drückte ich die Augen zu und<lb/>
ging als Corrector zum Buchdrucker Weesel nach dem schönen Frank¬<lb/>
furt voll geistreicher freisinniger Männer. Da hatten mich wieder<lb/>
die Feinde ausgespürt, und ich ging mitten durch sie hindurch nach<lb/>
England) bis mich die Gebrüder Jesu auch da bedrohten. Da rieth<lb/>
mir mein Freund Sidney, mich wie die Fliege dem Ochsen auf<lb/>
den Nacken zu setzen und nach Italien zu gehen. Und ich bin nicht<lb/>
etwa betäubt von dem langen, starren, giftig süße Träume erregenden,<lb/>
Geist verwirrenden Anblick, der großen Klapperschlange in den Na¬<lb/>
chen gelaufen. Ich ging nach Paoua. Galilei kam. Ich brachte<lb/>
ihm das erste Fernrohr mit aus Middelburg von Jansen, und man¬<lb/>
che Kunde von Fabricius in Wittenberg und von Scheiner in Augs¬<lb/>
burg.Unsere Flammen wurden Eine. Er wies mir heimlich<lb/>
Schüler zu in einem Winkel bei der Mühle unier den Wattigen Ka-</p><lb/>
            <note xml:id="FID_35" place="foot"> Per Jesuit Scheine entdeckte bekanntlich die Somicusscckeü.</note><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0526] Bände eines, jungen Schwärmers. — Und wo ich lebte? — Immer 'bei Gott, und mit Gott. Mit dem Leibe war ich in Genf, in der Schweiz, dem eignen freien Heerde,, an dem ein jeder Fremde frei kocht, ques die Jesuiten, von denen Papst Sirtus V. als Caneel gesagt: es sollte ja Niemand meinen, daß sie it)ren Namen von Jesus trügen! Dann war ich in Toulouse, in Paris bei dein König Heinrich. Dort gab ich meine «Artikel von der Natur und von der Welt" heraus. Denn die Natur ist die urälteste Tradition Gottes. Dann floh ich nach England. Endlich sah, ich das langersehnte Sachsen und Wit- tenberg, die ewig berühmte Stadt, die ich betreten mußte. Die guten Menschen dort nahmen mich auf wie einen Bruder, und ich ward öffentlich ihr Bruder, d. h. ein Apostat von Rom, also wahrer Rav- veduto, ein wahrer Kluggewordncr, ein nur zu Gott Bekehrter. Dann War mein Leib zu Prag, dem nie hoch genug zu ehrenden Born der deutschen Geistesfreiheit. Da hatte ich Umgang mit Tycho Brahe, dem, armen Mein,n mit der goldnen Nase, die er sich im Schmelztiegel .gemacht, als er seine im Duell verloren. Das ist, ein katholischer Astronom,, der gegen alle , Vernunft den Himmel so kindisch fest¬ halten wollte, wie Nom die Erde und den Kinderglauben, Rom, das gegen Copernicus alle Bischöfe und Diakonen, predigen läßt und in ihm die göttliche Weisheit verflucht. — Von, da ließ mich der Herzog Heinrich Julius einladen. , Dem drückte ich die Augen zu und ging als Corrector zum Buchdrucker Weesel nach dem schönen Frank¬ furt voll geistreicher freisinniger Männer. Da hatten mich wieder die Feinde ausgespürt, und ich ging mitten durch sie hindurch nach England) bis mich die Gebrüder Jesu auch da bedrohten. Da rieth mir mein Freund Sidney, mich wie die Fliege dem Ochsen auf den Nacken zu setzen und nach Italien zu gehen. Und ich bin nicht etwa betäubt von dem langen, starren, giftig süße Träume erregenden, Geist verwirrenden Anblick, der großen Klapperschlange in den Na¬ chen gelaufen. Ich ging nach Paoua. Galilei kam. Ich brachte ihm das erste Fernrohr mit aus Middelburg von Jansen, und man¬ che Kunde von Fabricius in Wittenberg und von Scheiner in Augs¬ burg.Unsere Flammen wurden Eine. Er wies mir heimlich Schüler zu in einem Winkel bei der Mühle unier den Wattigen Ka- Per Jesuit Scheine entdeckte bekanntlich die Somicusscckeü.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/526
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/526>, abgerufen am 04.07.2024.