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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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gegen 11 Uhr Vormittags an wahrend sie von dort aus erst nach 4 Uhr wei¬
ter expedirt wird. Man hat sich von dem hiesigen Postamts mehrmals an die bel°
gische Postbehörde gewendet, ohne ein Resultat zu erlangen. Ein anderes Beispiel
bietet der Conssikt, der zwischen den deutschen und belgischen Postgesetzen in Bezug
ans Pakete stattfindet. Nach dem preußischen Postrcglement kann jedes größere Pa¬
ket auch mit der Diligence gesendet werden; nach dem belgischen Reglement darf
die Diligence d. i. Messagerie nur Pakete annehmen, welche 1 Kilogramm (über
2 Pfund) wiegen. Nun kommen sehr häusig ans allen Gegenden Deutschlands
kleinere Pakete mit dem Postwagen hier an, welche aber von der Messagerie zur
Weiterbeförderung zurückgewiesen werden, und somit den langen Weg zu ihrem
Eigenthümer wieder retour machen müssen, wodurch eines Theils die Post ihr Porto
verliert, und andererseits der Privatmann, der seine Absendung längst an Ort und
Stelle glaubt, grausam enttäuscht wird. Um Ihnen ein ganz nahe liegendes Bei¬
spiel zu geben, brauche ich bloß Ihre "Grenzboten" zu citiren. Wenn man bei
dein hiesigen Postamte auf Ihre Zeitschrift abonnirt, so kostet dieselbe durch
ganz Deutschland nur 11 Thäler 16 Slbgr., also nur einen Postzuschlag von 1
Thaler 15 Slbgr. für die entfernteste Gegend Deutschlands. Wenn man jedoch die
Zeitschrift bei der Lütticher Post bestellt, so kostet sie 17 Thaler, dergestalt daß die
belgische Post für die kurze Strecke von Brüssel nach Aachen, (10 Stunden) wo¬
von-, mehr als die Hälfte mit Eisenbahn zurückgelegt wird, einen Postzuschlag'von
.fünf,und einem halben Thäler ansetM -- Ueber literarisches- Leben soll ich
Ihnen schreiben? Haben wir denn welches? Wie lange ist es denn, daß es "in
Aachen überhaupt ein deutsches Leben, eine Theilnahme an deutscher Geistesthätigkeit
giebt. Begnügen wir uns, wenn man hier nur deutsche Bücher liest- -- das Bü-
chrrschrcibcn wollen wir dann gerne erlassen. Es giebt hier 6 bis 7 Buchhandlun¬
gen, doch kann man nur die Herren Mayer und Kohner als solche betrachten, die
mit Leipzig in regelmäßiger Verbindung stehen, und das Ncuerfchcinendc sogleich
besitzen. Außer der Aachener Zeitung und dem Frcmdenblättchcn erscheint hier keine
Zeitschrift, und selbst die rüstig rcdigirie Aachner Zeitung könnte sich ohne ihre
Annoncen nicht erhalten. Die Literaten sind hier spärlich gesäet. Louis Lax ist faul
und außer den allernöthigsten Artikeln für seine Zeitung rührt er keine Feder an.



An merk, d. Red,

- Anmerk. d. Red.
Oftmals aber erst um 2--3 Uhr Nachmittags? namentlich deSWintcrS.
Dick beruht wahrscheinlich auf ni"ein Mißverständnis des Aachener Postamt-S; wir
haben bereits Schritte gethan, um demselben abzuhelfen.-

gegen 11 Uhr Vormittags an wahrend sie von dort aus erst nach 4 Uhr wei¬
ter expedirt wird. Man hat sich von dem hiesigen Postamts mehrmals an die bel°
gische Postbehörde gewendet, ohne ein Resultat zu erlangen. Ein anderes Beispiel
bietet der Conssikt, der zwischen den deutschen und belgischen Postgesetzen in Bezug
ans Pakete stattfindet. Nach dem preußischen Postrcglement kann jedes größere Pa¬
ket auch mit der Diligence gesendet werden; nach dem belgischen Reglement darf
die Diligence d. i. Messagerie nur Pakete annehmen, welche 1 Kilogramm (über
2 Pfund) wiegen. Nun kommen sehr häusig ans allen Gegenden Deutschlands
kleinere Pakete mit dem Postwagen hier an, welche aber von der Messagerie zur
Weiterbeförderung zurückgewiesen werden, und somit den langen Weg zu ihrem
Eigenthümer wieder retour machen müssen, wodurch eines Theils die Post ihr Porto
verliert, und andererseits der Privatmann, der seine Absendung längst an Ort und
Stelle glaubt, grausam enttäuscht wird. Um Ihnen ein ganz nahe liegendes Bei¬
spiel zu geben, brauche ich bloß Ihre «Grenzboten" zu citiren. Wenn man bei
dein hiesigen Postamte auf Ihre Zeitschrift abonnirt, so kostet dieselbe durch
ganz Deutschland nur 11 Thäler 16 Slbgr., also nur einen Postzuschlag von 1
Thaler 15 Slbgr. für die entfernteste Gegend Deutschlands. Wenn man jedoch die
Zeitschrift bei der Lütticher Post bestellt, so kostet sie 17 Thaler, dergestalt daß die
belgische Post für die kurze Strecke von Brüssel nach Aachen, (10 Stunden) wo¬
von-, mehr als die Hälfte mit Eisenbahn zurückgelegt wird, einen Postzuschlag'von
.fünf,und einem halben Thäler ansetM — Ueber literarisches- Leben soll ich
Ihnen schreiben? Haben wir denn welches? Wie lange ist es denn, daß es "in
Aachen überhaupt ein deutsches Leben, eine Theilnahme an deutscher Geistesthätigkeit
giebt. Begnügen wir uns, wenn man hier nur deutsche Bücher liest- — das Bü-
chrrschrcibcn wollen wir dann gerne erlassen. Es giebt hier 6 bis 7 Buchhandlun¬
gen, doch kann man nur die Herren Mayer und Kohner als solche betrachten, die
mit Leipzig in regelmäßiger Verbindung stehen, und das Ncuerfchcinendc sogleich
besitzen. Außer der Aachener Zeitung und dem Frcmdenblättchcn erscheint hier keine
Zeitschrift, und selbst die rüstig rcdigirie Aachner Zeitung könnte sich ohne ihre
Annoncen nicht erhalten. Die Literaten sind hier spärlich gesäet. Louis Lax ist faul
und außer den allernöthigsten Artikeln für seine Zeitung rührt er keine Feder an.



An merk, d. Red,

- Anmerk. d. Red.
Oftmals aber erst um 2—3 Uhr Nachmittags? namentlich deSWintcrS.
Dick beruht wahrscheinlich auf ni»ein Mißverständnis des Aachener Postamt-S; wir
haben bereits Schritte gethan, um demselben abzuhelfen.-
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[0486] gegen 11 Uhr Vormittags an wahrend sie von dort aus erst nach 4 Uhr wei¬ ter expedirt wird. Man hat sich von dem hiesigen Postamts mehrmals an die bel° gische Postbehörde gewendet, ohne ein Resultat zu erlangen. Ein anderes Beispiel bietet der Conssikt, der zwischen den deutschen und belgischen Postgesetzen in Bezug ans Pakete stattfindet. Nach dem preußischen Postrcglement kann jedes größere Pa¬ ket auch mit der Diligence gesendet werden; nach dem belgischen Reglement darf die Diligence d. i. Messagerie nur Pakete annehmen, welche 1 Kilogramm (über 2 Pfund) wiegen. Nun kommen sehr häusig ans allen Gegenden Deutschlands kleinere Pakete mit dem Postwagen hier an, welche aber von der Messagerie zur Weiterbeförderung zurückgewiesen werden, und somit den langen Weg zu ihrem Eigenthümer wieder retour machen müssen, wodurch eines Theils die Post ihr Porto verliert, und andererseits der Privatmann, der seine Absendung längst an Ort und Stelle glaubt, grausam enttäuscht wird. Um Ihnen ein ganz nahe liegendes Bei¬ spiel zu geben, brauche ich bloß Ihre «Grenzboten" zu citiren. Wenn man bei dein hiesigen Postamte auf Ihre Zeitschrift abonnirt, so kostet dieselbe durch ganz Deutschland nur 11 Thäler 16 Slbgr., also nur einen Postzuschlag von 1 Thaler 15 Slbgr. für die entfernteste Gegend Deutschlands. Wenn man jedoch die Zeitschrift bei der Lütticher Post bestellt, so kostet sie 17 Thaler, dergestalt daß die belgische Post für die kurze Strecke von Brüssel nach Aachen, (10 Stunden) wo¬ von-, mehr als die Hälfte mit Eisenbahn zurückgelegt wird, einen Postzuschlag'von .fünf,und einem halben Thäler ansetM — Ueber literarisches- Leben soll ich Ihnen schreiben? Haben wir denn welches? Wie lange ist es denn, daß es "in Aachen überhaupt ein deutsches Leben, eine Theilnahme an deutscher Geistesthätigkeit giebt. Begnügen wir uns, wenn man hier nur deutsche Bücher liest- — das Bü- chrrschrcibcn wollen wir dann gerne erlassen. Es giebt hier 6 bis 7 Buchhandlun¬ gen, doch kann man nur die Herren Mayer und Kohner als solche betrachten, die mit Leipzig in regelmäßiger Verbindung stehen, und das Ncuerfchcinendc sogleich besitzen. Außer der Aachener Zeitung und dem Frcmdenblättchcn erscheint hier keine Zeitschrift, und selbst die rüstig rcdigirie Aachner Zeitung könnte sich ohne ihre Annoncen nicht erhalten. Die Literaten sind hier spärlich gesäet. Louis Lax ist faul und außer den allernöthigsten Artikeln für seine Zeitung rührt er keine Feder an. An merk, d. Red, - Anmerk. d. Red. Oftmals aber erst um 2—3 Uhr Nachmittags? namentlich deSWintcrS. Dick beruht wahrscheinlich auf ni»ein Mißverständnis des Aachener Postamt-S; wir haben bereits Schritte gethan, um demselben abzuhelfen.-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/486>, abgerufen am 30.06.2024.