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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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wollte sich' von ihren geliebten Kindern nicht trennen, -- Nach vielen
Thränen, Reden und Vorstellungen wurde endlich ein Mittelweg gefür-,
den. Der eine Knabe sollte nach dem Willen der Mutter im älterlichen
Hause bleiben und erzogen, werden, der andere dem Wunsche des Vaters
gemäß in die Wildniß des Lebens, ausgesetzt werden. An einem schönen.
Morgen, da wurde der jüngere Knabe, einen Bündel auf dem Rücken,,,
einen Schlauch an der, Seite, einen Wanderstab' in der Hand, hinaus-,
geführt auf die hohen Berge, welche die Grenzen seines väterlichen Rei¬
ches bildeten. Dort zeigte ihm der König die dampfenden Thäler, die,
unbegrenzten Straßen und Waldungen, die zu seinen Füßen lagen. Als
Knabe ziehst Du' aus, als Mann kehre wieder, sprach er ernst und
legte seine Hand segnend aus dessen Stirn. Die Mutter warf sich noch,
einmal schmerzlich um seinen Hals, und, weinend kehrte sie zurück in ihr
königliches Schloß, um in der Erziehung ihres ältesten Sohnes Ersatz,
und Trost zu, suchen. , ',,,,','"

Bis an den Fuß des Berges begleiteten die Ritter-und , Edlen,
des Königs den kleinen Wanderer, dann trennten auch sie sich von ihm,,
Wd einsam stieg der Knabe die Thäler hinab. Welchen Schicksalen-
wurde der arme ,Kleine zur Beute? -,, Und wie hat der alte.re Bruder,-
der im goldenen Palaste des Vaters zurückgeblieben- ist,, seines Glückes
würdig sich gezeigt? - , - ,

'. Hier, meine verehrten Hörer und Hörerinnen, schlage ich das Buch
des alten Fablian zu,, und entfalte die Blätter der LiteraKlrgeschichte-
vor ihren Augen. In diesen Blättern finden Sie die weitere.-.Lebensge-
schichte jener beiden Söhne> Tag sür Tag aufgezeichnet; denn jener W
teste Knabe ist kein anderer als die französische Poesie, jener jüngere,-
durch Wald und, Felsen umherwandernde, er ist die deutsche. Beide sind,
in einer Wiege gelegen, beide haben ihre ersten Kinderjahre - unter dem
Dache fürstlicher Paläste verlebt. Die Troubadours in-Frankreich und-
die'Minnesänger in Deutschland fanden ihren Mittelpunkt an den Ho-,,
fin jener Zeit.' Kaiser und Könige, Fürsten und Herrn waren die,
Taufpathen jener allerersten, frühzeitigen Keime der Poesie.,' Die Dicht¬
kunst, war , damals,, eine Prärogative der vornehmen Stände,,
eine, Mode, der Aristokratie, wie Gold und , Seide und andere Artikel des
Lyxutz. Und diese vornehmen Elemente, diese ariWrasisch feinen Hände,,
diA.SSlanttv, Mut,WM' Wd-HoMtM hat ti'e franzMche,,Poesie für
alle ZukWft, beibehalten. -Den",wahrlich,, nie hat ein Ach eW sorg.


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wollte sich' von ihren geliebten Kindern nicht trennen, — Nach vielen
Thränen, Reden und Vorstellungen wurde endlich ein Mittelweg gefür-,
den. Der eine Knabe sollte nach dem Willen der Mutter im älterlichen
Hause bleiben und erzogen, werden, der andere dem Wunsche des Vaters
gemäß in die Wildniß des Lebens, ausgesetzt werden. An einem schönen.
Morgen, da wurde der jüngere Knabe, einen Bündel auf dem Rücken,,,
einen Schlauch an der, Seite, einen Wanderstab' in der Hand, hinaus-,
geführt auf die hohen Berge, welche die Grenzen seines väterlichen Rei¬
ches bildeten. Dort zeigte ihm der König die dampfenden Thäler, die,
unbegrenzten Straßen und Waldungen, die zu seinen Füßen lagen. Als
Knabe ziehst Du' aus, als Mann kehre wieder, sprach er ernst und
legte seine Hand segnend aus dessen Stirn. Die Mutter warf sich noch,
einmal schmerzlich um seinen Hals, und, weinend kehrte sie zurück in ihr
königliches Schloß, um in der Erziehung ihres ältesten Sohnes Ersatz,
und Trost zu, suchen. , ',,,,','„

Bis an den Fuß des Berges begleiteten die Ritter-und , Edlen,
des Königs den kleinen Wanderer, dann trennten auch sie sich von ihm,,
Wd einsam stieg der Knabe die Thäler hinab. Welchen Schicksalen-
wurde der arme ,Kleine zur Beute? -,, Und wie hat der alte.re Bruder,-
der im goldenen Palaste des Vaters zurückgeblieben- ist,, seines Glückes
würdig sich gezeigt? - , - ,

'. Hier, meine verehrten Hörer und Hörerinnen, schlage ich das Buch
des alten Fablian zu,, und entfalte die Blätter der LiteraKlrgeschichte-
vor ihren Augen. In diesen Blättern finden Sie die weitere.-.Lebensge-
schichte jener beiden Söhne> Tag sür Tag aufgezeichnet; denn jener W
teste Knabe ist kein anderer als die französische Poesie, jener jüngere,-
durch Wald und, Felsen umherwandernde, er ist die deutsche. Beide sind,
in einer Wiege gelegen, beide haben ihre ersten Kinderjahre - unter dem
Dache fürstlicher Paläste verlebt. Die Troubadours in-Frankreich und-
die'Minnesänger in Deutschland fanden ihren Mittelpunkt an den Ho-,,
fin jener Zeit.' Kaiser und Könige, Fürsten und Herrn waren die,
Taufpathen jener allerersten, frühzeitigen Keime der Poesie.,' Die Dicht¬
kunst, war , damals,, eine Prärogative der vornehmen Stände,,
eine, Mode, der Aristokratie, wie Gold und , Seide und andere Artikel des
Lyxutz. Und diese vornehmen Elemente, diese ariWrasisch feinen Hände,,
diA.SSlanttv, Mut,WM' Wd-HoMtM hat ti'e franzMche,,Poesie für
alle ZukWft, beibehalten. -Den»,wahrlich,, nie hat ein Ach eW sorg.


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[0473] wollte sich' von ihren geliebten Kindern nicht trennen, — Nach vielen Thränen, Reden und Vorstellungen wurde endlich ein Mittelweg gefür-, den. Der eine Knabe sollte nach dem Willen der Mutter im älterlichen Hause bleiben und erzogen, werden, der andere dem Wunsche des Vaters gemäß in die Wildniß des Lebens, ausgesetzt werden. An einem schönen. Morgen, da wurde der jüngere Knabe, einen Bündel auf dem Rücken,,, einen Schlauch an der, Seite, einen Wanderstab' in der Hand, hinaus-, geführt auf die hohen Berge, welche die Grenzen seines väterlichen Rei¬ ches bildeten. Dort zeigte ihm der König die dampfenden Thäler, die, unbegrenzten Straßen und Waldungen, die zu seinen Füßen lagen. Als Knabe ziehst Du' aus, als Mann kehre wieder, sprach er ernst und legte seine Hand segnend aus dessen Stirn. Die Mutter warf sich noch, einmal schmerzlich um seinen Hals, und, weinend kehrte sie zurück in ihr königliches Schloß, um in der Erziehung ihres ältesten Sohnes Ersatz, und Trost zu, suchen. , ',,,,','„ Bis an den Fuß des Berges begleiteten die Ritter-und , Edlen, des Königs den kleinen Wanderer, dann trennten auch sie sich von ihm,, Wd einsam stieg der Knabe die Thäler hinab. Welchen Schicksalen- wurde der arme ,Kleine zur Beute? -,, Und wie hat der alte.re Bruder,- der im goldenen Palaste des Vaters zurückgeblieben- ist,, seines Glückes würdig sich gezeigt? - , - , '. Hier, meine verehrten Hörer und Hörerinnen, schlage ich das Buch des alten Fablian zu,, und entfalte die Blätter der LiteraKlrgeschichte- vor ihren Augen. In diesen Blättern finden Sie die weitere.-.Lebensge- schichte jener beiden Söhne> Tag sür Tag aufgezeichnet; denn jener W teste Knabe ist kein anderer als die französische Poesie, jener jüngere,- durch Wald und, Felsen umherwandernde, er ist die deutsche. Beide sind, in einer Wiege gelegen, beide haben ihre ersten Kinderjahre - unter dem Dache fürstlicher Paläste verlebt. Die Troubadours in-Frankreich und- die'Minnesänger in Deutschland fanden ihren Mittelpunkt an den Ho-,, fin jener Zeit.' Kaiser und Könige, Fürsten und Herrn waren die, Taufpathen jener allerersten, frühzeitigen Keime der Poesie.,' Die Dicht¬ kunst, war , damals,, eine Prärogative der vornehmen Stände,, eine, Mode, der Aristokratie, wie Gold und , Seide und andere Artikel des Lyxutz. Und diese vornehmen Elemente, diese ariWrasisch feinen Hände,, diA.SSlanttv, Mut,WM' Wd-HoMtM hat ti'e franzMche,,Poesie für alle ZukWft, beibehalten. -Den»,wahrlich,, nie hat ein Ach eW sorg. 63

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/473>, abgerufen am 04.07.2024.