Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

Bild:
<< vorherige Seite

Der ,/Löwe von Flandern" ist ohnstreitig das bedeutendste Werk,
welches die flamändische Literatur auf dem Gebiete der Prosa bisher aus¬
zuweisen Hat. Wir wollen eine kurze Analyse des,' Inhalts dieser drei
Bände geben. Das, Epos-- denn wir glauben, daß, trotzdem es in
Prosa geschrieben, dieser Name ihm besser zukömmt als die Bezeichnung
Roman -- umfaßt die Geschichte fünf verhängnißvoller Jahre (von
12g3 bis 1303) wahrend welcher Brügge, die reichste und mächtigste
Stadt des schönen Flanderns, unter der Zwingherrschaft Frankreichs seufzte
und von Begierde brannte/ seine Selbstständigkeit wieder zu erringen.

Gleich von Anfang sehen wir, daß Breitet, der jugendliche Zunft¬
herr der Brügger Fleischer, (M'acekliers, wie man sie nannte,) ein
Liebling'des Verfassers ist; bei dessen patriotischem Sinn, heldenmüthigen
Charakter und wahrhaft herkulischer Stärke er gerne schildernd verweilt.

Der Verfasser beginnt in recht poetischer Naturschilderung also;
"Ve roocle inor^en^on Izlonl: tivvkelsolitig,' in net t)öfter, en ivas
no^' mot een Irllzecl van naeüt>voll?c!u vag!everi, ter^vol naer ise-
venkleui'i^ oaeltl Sion A'Iinsterencl in eilen iiau^vürnonel nernaeläe;
ne olaemvo clswnen aler "viele niiig,-<zu "1s am onvatvaer v^eoksel
am cle doppelt ner nooinan^ on ac Kollen aler ordo^eilen^e vive"
mon ooonäon rien mot ne^av om cle Hörigste straol van Kek et"F-
liekt te ontvltllAeii. Ve naekto^aol Iiac! zivoo zioete Üeäeren recits
znoernialen g!o<1ur'Lu"!e 6e sekeniering! Kernaelc!>, inaor um voi äooKlo
not veev^aille ^osouAter vsu. wiaäero z-snAers zivno veileiclonile
toonen.^ > ,

"Die rothe Morgensonne glänzte zweifelhaft im Osten, und war,
noch mit , einem Kleide von Nachtwolken umgeben, während ihr sieben-
farbiges Bild sich blinkend in jedem Thautropfen wiederholte; die blauen
Dämpfe der Erde hingen als ein unfaßbar Gewebe an den Spitzen der
Bäume, und die Kelche der entwelkenden (sich aufrichtenden) Blumen
öffneten sich, mit Liebe um den jüngsten Strahl des Taglichtes zu em¬
pfangen. Die Nachtigall 'hatte ihre süßen Lieder schon mehrmals^wäh¬
rend der Dämmerung wiederholt,/aber nun übertäubte' das verwirrte
Gezwitscher geringerer Sänger ihre hinreißenden Töne." ,

Nach dieser Einleitung sehen wir einen Haufen edler französischer
Ritter,,,Karl von Valois, den Bruder von, Philipp'dem Schönen, an
^der , Spitze,, im Begriff, sich nach Wpnendael, dem Sitze, des Grafen
von Flandern, zu begeben, um,, da, Flandern besiegt ist, von,,dem er-


68

Der ,/Löwe von Flandern" ist ohnstreitig das bedeutendste Werk,
welches die flamändische Literatur auf dem Gebiete der Prosa bisher aus¬
zuweisen Hat. Wir wollen eine kurze Analyse des,' Inhalts dieser drei
Bände geben. Das, Epos— denn wir glauben, daß, trotzdem es in
Prosa geschrieben, dieser Name ihm besser zukömmt als die Bezeichnung
Roman — umfaßt die Geschichte fünf verhängnißvoller Jahre (von
12g3 bis 1303) wahrend welcher Brügge, die reichste und mächtigste
Stadt des schönen Flanderns, unter der Zwingherrschaft Frankreichs seufzte
und von Begierde brannte/ seine Selbstständigkeit wieder zu erringen.

Gleich von Anfang sehen wir, daß Breitet, der jugendliche Zunft¬
herr der Brügger Fleischer, (M'acekliers, wie man sie nannte,) ein
Liebling'des Verfassers ist; bei dessen patriotischem Sinn, heldenmüthigen
Charakter und wahrhaft herkulischer Stärke er gerne schildernd verweilt.

Der Verfasser beginnt in recht poetischer Naturschilderung also;
„Ve roocle inor^en^on Izlonl: tivvkelsolitig,' in net t)öfter, en ivas
no^' mot een Irllzecl van naeüt>voll?c!u vag!everi, ter^vol naer ise-
venkleui'i^ oaeltl Sion A'Iinsterencl in eilen iiau^vürnonel nernaeläe;
ne olaemvo clswnen aler »viele niiig,-<zu »1s am onvatvaer v^eoksel
am cle doppelt ner nooinan^ on ac Kollen aler ordo^eilen^e vive»
mon ooonäon rien mot ne^av om cle Hörigste straol van Kek et»F-
liekt te ontvltllAeii. Ve naekto^aol Iiac! zivoo zioete Üeäeren recits
znoernialen g!o<1ur'Lu«!e 6e sekeniering! Kernaelc!>, inaor um voi äooKlo
not veev^aille ^osouAter vsu. wiaäero z-snAers zivno veileiclonile
toonen.^ > ,

„Die rothe Morgensonne glänzte zweifelhaft im Osten, und war,
noch mit , einem Kleide von Nachtwolken umgeben, während ihr sieben-
farbiges Bild sich blinkend in jedem Thautropfen wiederholte; die blauen
Dämpfe der Erde hingen als ein unfaßbar Gewebe an den Spitzen der
Bäume, und die Kelche der entwelkenden (sich aufrichtenden) Blumen
öffneten sich, mit Liebe um den jüngsten Strahl des Taglichtes zu em¬
pfangen. Die Nachtigall 'hatte ihre süßen Lieder schon mehrmals^wäh¬
rend der Dämmerung wiederholt,/aber nun übertäubte' das verwirrte
Gezwitscher geringerer Sänger ihre hinreißenden Töne." ,

Nach dieser Einleitung sehen wir einen Haufen edler französischer
Ritter,,,Karl von Valois, den Bruder von, Philipp'dem Schönen, an
^der , Spitze,, im Begriff, sich nach Wpnendael, dem Sitze, des Grafen
von Flandern, zu begeben, um,, da, Flandern besiegt ist, von,,dem er-


68
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0433" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/267646"/>
            <p xml:id="ID_1523"> Der ,/Löwe von Flandern" ist ohnstreitig das bedeutendste Werk,<lb/>
welches die flamändische Literatur auf dem Gebiete der Prosa bisher aus¬<lb/>
zuweisen Hat. Wir wollen eine kurze Analyse des,' Inhalts dieser drei<lb/>
Bände geben. Das, Epos&#x2014; denn wir glauben, daß, trotzdem es in<lb/>
Prosa geschrieben, dieser Name ihm besser zukömmt als die Bezeichnung<lb/>
Roman &#x2014; umfaßt die Geschichte fünf verhängnißvoller Jahre (von<lb/>
12g3 bis 1303) wahrend welcher Brügge, die reichste und mächtigste<lb/>
Stadt des schönen Flanderns, unter der Zwingherrschaft Frankreichs seufzte<lb/>
und von Begierde brannte/ seine Selbstständigkeit wieder zu erringen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1524"> Gleich von Anfang sehen wir, daß Breitet, der jugendliche Zunft¬<lb/>
herr der Brügger Fleischer, (M'acekliers, wie man sie nannte,) ein<lb/>
Liebling'des Verfassers ist; bei dessen patriotischem Sinn, heldenmüthigen<lb/>
Charakter und wahrhaft herkulischer Stärke er gerne schildernd verweilt.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1525"> Der Verfasser beginnt in recht poetischer Naturschilderung also;<lb/>
&#x201E;Ve roocle inor^en^on Izlonl: tivvkelsolitig,' in net t)öfter, en ivas<lb/>
no^' mot een Irllzecl van naeüt&gt;voll?c!u vag!everi, ter^vol naer ise-<lb/>
venkleui'i^ oaeltl Sion A'Iinsterencl in eilen iiau^vürnonel nernaeläe;<lb/>
ne olaemvo clswnen aler »viele niiig,-&lt;zu »1s am onvatvaer v^eoksel<lb/>
am cle doppelt ner nooinan^ on ac Kollen aler ordo^eilen^e vive»<lb/>
mon ooonäon rien mot ne^av om cle Hörigste straol van Kek et»F-<lb/>
liekt te ontvltllAeii. Ve naekto^aol Iiac! zivoo zioete Üeäeren recits<lb/>
znoernialen g!o&lt;1ur'Lu«!e 6e sekeniering! Kernaelc!&gt;, inaor um voi äooKlo<lb/>
not veev^aille ^osouAter vsu. wiaäero z-snAers zivno veileiclonile<lb/>
toonen.^ &gt; ,</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1526"> &#x201E;Die rothe Morgensonne glänzte zweifelhaft im Osten, und war,<lb/>
noch mit , einem Kleide von Nachtwolken umgeben, während ihr sieben-<lb/>
farbiges Bild sich blinkend in jedem Thautropfen wiederholte; die blauen<lb/>
Dämpfe der Erde hingen als ein unfaßbar Gewebe an den Spitzen der<lb/>
Bäume, und die Kelche der entwelkenden (sich aufrichtenden) Blumen<lb/>
öffneten sich, mit Liebe um den jüngsten Strahl des Taglichtes zu em¬<lb/>
pfangen. Die Nachtigall 'hatte ihre süßen Lieder schon mehrmals^wäh¬<lb/>
rend der Dämmerung wiederholt,/aber nun übertäubte' das verwirrte<lb/>
Gezwitscher geringerer Sänger ihre hinreißenden Töne." ,</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1527" next="#ID_1528"> Nach dieser Einleitung sehen wir einen Haufen edler französischer<lb/>
Ritter,,,Karl von Valois, den Bruder von, Philipp'dem Schönen, an<lb/>
^der , Spitze,, im Begriff, sich nach Wpnendael, dem Sitze, des Grafen<lb/>
von Flandern, zu begeben, um,, da, Flandern besiegt ist, von,,dem er-</p><lb/>
            <fw type="sig" place="bottom"> 68</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0433] Der ,/Löwe von Flandern" ist ohnstreitig das bedeutendste Werk, welches die flamändische Literatur auf dem Gebiete der Prosa bisher aus¬ zuweisen Hat. Wir wollen eine kurze Analyse des,' Inhalts dieser drei Bände geben. Das, Epos— denn wir glauben, daß, trotzdem es in Prosa geschrieben, dieser Name ihm besser zukömmt als die Bezeichnung Roman — umfaßt die Geschichte fünf verhängnißvoller Jahre (von 12g3 bis 1303) wahrend welcher Brügge, die reichste und mächtigste Stadt des schönen Flanderns, unter der Zwingherrschaft Frankreichs seufzte und von Begierde brannte/ seine Selbstständigkeit wieder zu erringen. Gleich von Anfang sehen wir, daß Breitet, der jugendliche Zunft¬ herr der Brügger Fleischer, (M'acekliers, wie man sie nannte,) ein Liebling'des Verfassers ist; bei dessen patriotischem Sinn, heldenmüthigen Charakter und wahrhaft herkulischer Stärke er gerne schildernd verweilt. Der Verfasser beginnt in recht poetischer Naturschilderung also; „Ve roocle inor^en^on Izlonl: tivvkelsolitig,' in net t)öfter, en ivas no^' mot een Irllzecl van naeüt>voll?c!u vag!everi, ter^vol naer ise- venkleui'i^ oaeltl Sion A'Iinsterencl in eilen iiau^vürnonel nernaeläe; ne olaemvo clswnen aler »viele niiig,-<zu »1s am onvatvaer v^eoksel am cle doppelt ner nooinan^ on ac Kollen aler ordo^eilen^e vive» mon ooonäon rien mot ne^av om cle Hörigste straol van Kek et»F- liekt te ontvltllAeii. Ve naekto^aol Iiac! zivoo zioete Üeäeren recits znoernialen g!o<1ur'Lu«!e 6e sekeniering! Kernaelc!>, inaor um voi äooKlo not veev^aille ^osouAter vsu. wiaäero z-snAers zivno veileiclonile toonen.^ > , „Die rothe Morgensonne glänzte zweifelhaft im Osten, und war, noch mit , einem Kleide von Nachtwolken umgeben, während ihr sieben- farbiges Bild sich blinkend in jedem Thautropfen wiederholte; die blauen Dämpfe der Erde hingen als ein unfaßbar Gewebe an den Spitzen der Bäume, und die Kelche der entwelkenden (sich aufrichtenden) Blumen öffneten sich, mit Liebe um den jüngsten Strahl des Taglichtes zu em¬ pfangen. Die Nachtigall 'hatte ihre süßen Lieder schon mehrmals^wäh¬ rend der Dämmerung wiederholt,/aber nun übertäubte' das verwirrte Gezwitscher geringerer Sänger ihre hinreißenden Töne." , Nach dieser Einleitung sehen wir einen Haufen edler französischer Ritter,,,Karl von Valois, den Bruder von, Philipp'dem Schönen, an ^der , Spitze,, im Begriff, sich nach Wpnendael, dem Sitze, des Grafen von Flandern, zu begeben, um,, da, Flandern besiegt ist, von,,dem er- 68

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/433
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/433>, abgerufen am 23.07.2024.