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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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eher einfache aber Muthbeseelte und Freiheitsdurstige Bürger ein weit
überlegenes Heer woblgepanzerter Ritter vernichteten, mehr als jede an¬
dere geeignet/ den Patriotismus eines Volkes aufzustacheln und darauf
hinzuweisen, daß gegen den festen Willen eines von einer Begeisterung
durchglühten Volkes keine Macht etwas vermag.

Diese Tendenz spricht der Verfasser selbst aus, wenn er am
Schlüsse sagt:

//Flandrer, der Du dies Buch gelesen hast, überlege bei den ruhm¬
vollen Thaten, die es einschließt, was Flandern vormals war, -- was
es um ist, --. und noch mehr, was es werden würde, wenn DudaS
heilige Vorbild Deiner Väter vergessen wolltest!"

So günstig aber diese patriotische Tendenz auf die Darstellung der
historischen Momente eingewirkt hat, so läßt sich'nicht läugnen, daß das
Werk, als Roman betrachtet, dadurch leiden mußte.

Der Verfasser fühlte dieß, und.machte, auch in der Vorrede dar¬
auf aufmerksam, wie dasselbe "mehr geschichtlich ist, als für Schriften
dieser Art verlangt wird," da er die Beweisstellen zu der dichterischen '
Erzählung aus den verschiedenen Chroniken angezogen hat. > -Wirklich
finden wir^ bei jedem Ereignis), das den geschichtlichen, Personen dieser
Erzählung zustößt, .eine Stelle aus'einer.oder der andern Chronik an¬
geführt, wodurch of-Ganze, mehr-.den Charakter, einer romantisch er¬
zählten Geschichte als eines,geschichtlichen Romans erhält. ,- -

Wir glauben nicht, ,daß durch- diese historische Treue an und sür
sich der Werth dieses Werkes geschmälert wird, doch ergibt sich- daraus
der Uebelstand, daß, da, um diese Treue, nicht zu verletzen, die-Roman--
personen nicht handelnd in die Geschichte eingreifen können/ Geschichte
und, Roman wie zwei heterogene Stoffe zusammen und durcheinander".?,--,
flochten werden, wodurch das Interesse , sich schon gleich, im Anfange
theilt, aber, mehr und mehr auf die Seite der Geschichte werdes

Ein andrer Uebelstand> .der aus der großen Gewissenhaftigkeit des.
Verfassers entspringt, ist der, daß die Darstellung oft zu sehr in's-Breite
fällt, weil das Bestreben, ja . Nichts zu übergehen, .,-den.^ Schriftsteller,
manchmal zu Vieles anhäufen läßt. .... . .... ..., ..- ... ,

' Nach diesen. unserm kritischen - Bewußtsein . schuldigen, Ausstellungen.
könnten, wir uns nun. ganz, dem-Genusse, hingeben,, den uns .der. glü¬
hende Geist, und die innige Gemüthlichkeit, und-die sinnige,-besonders
in dieser .Sprache naiv liebliche- Poesie-mancher idyllischen Schilderung
einflößt.' , . . .' ..


eher einfache aber Muthbeseelte und Freiheitsdurstige Bürger ein weit
überlegenes Heer woblgepanzerter Ritter vernichteten, mehr als jede an¬
dere geeignet/ den Patriotismus eines Volkes aufzustacheln und darauf
hinzuweisen, daß gegen den festen Willen eines von einer Begeisterung
durchglühten Volkes keine Macht etwas vermag.

Diese Tendenz spricht der Verfasser selbst aus, wenn er am
Schlüsse sagt:

//Flandrer, der Du dies Buch gelesen hast, überlege bei den ruhm¬
vollen Thaten, die es einschließt, was Flandern vormals war, — was
es um ist, —. und noch mehr, was es werden würde, wenn DudaS
heilige Vorbild Deiner Väter vergessen wolltest!"

So günstig aber diese patriotische Tendenz auf die Darstellung der
historischen Momente eingewirkt hat, so läßt sich'nicht läugnen, daß das
Werk, als Roman betrachtet, dadurch leiden mußte.

Der Verfasser fühlte dieß, und.machte, auch in der Vorrede dar¬
auf aufmerksam, wie dasselbe „mehr geschichtlich ist, als für Schriften
dieser Art verlangt wird," da er die Beweisstellen zu der dichterischen '
Erzählung aus den verschiedenen Chroniken angezogen hat. > -Wirklich
finden wir^ bei jedem Ereignis), das den geschichtlichen, Personen dieser
Erzählung zustößt, .eine Stelle aus'einer.oder der andern Chronik an¬
geführt, wodurch of-Ganze, mehr-.den Charakter, einer romantisch er¬
zählten Geschichte als eines,geschichtlichen Romans erhält. ,- -

Wir glauben nicht, ,daß durch- diese historische Treue an und sür
sich der Werth dieses Werkes geschmälert wird, doch ergibt sich- daraus
der Uebelstand, daß, da, um diese Treue, nicht zu verletzen, die-Roman--
personen nicht handelnd in die Geschichte eingreifen können/ Geschichte
und, Roman wie zwei heterogene Stoffe zusammen und durcheinander«.?,--,
flochten werden, wodurch das Interesse , sich schon gleich, im Anfange
theilt, aber, mehr und mehr auf die Seite der Geschichte werdes

Ein andrer Uebelstand> .der aus der großen Gewissenhaftigkeit des.
Verfassers entspringt, ist der, daß die Darstellung oft zu sehr in's-Breite
fällt, weil das Bestreben, ja . Nichts zu übergehen, .,-den.^ Schriftsteller,
manchmal zu Vieles anhäufen läßt. .... . .... ..., ..- ... ,

' Nach diesen. unserm kritischen - Bewußtsein . schuldigen, Ausstellungen.
könnten, wir uns nun. ganz, dem-Genusse, hingeben,, den uns .der. glü¬
hende Geist, und die innige Gemüthlichkeit, und-die sinnige,-besonders
in dieser .Sprache naiv liebliche- Poesie-mancher idyllischen Schilderung
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[0432] eher einfache aber Muthbeseelte und Freiheitsdurstige Bürger ein weit überlegenes Heer woblgepanzerter Ritter vernichteten, mehr als jede an¬ dere geeignet/ den Patriotismus eines Volkes aufzustacheln und darauf hinzuweisen, daß gegen den festen Willen eines von einer Begeisterung durchglühten Volkes keine Macht etwas vermag. Diese Tendenz spricht der Verfasser selbst aus, wenn er am Schlüsse sagt: //Flandrer, der Du dies Buch gelesen hast, überlege bei den ruhm¬ vollen Thaten, die es einschließt, was Flandern vormals war, — was es um ist, —. und noch mehr, was es werden würde, wenn DudaS heilige Vorbild Deiner Väter vergessen wolltest!" So günstig aber diese patriotische Tendenz auf die Darstellung der historischen Momente eingewirkt hat, so läßt sich'nicht läugnen, daß das Werk, als Roman betrachtet, dadurch leiden mußte. Der Verfasser fühlte dieß, und.machte, auch in der Vorrede dar¬ auf aufmerksam, wie dasselbe „mehr geschichtlich ist, als für Schriften dieser Art verlangt wird," da er die Beweisstellen zu der dichterischen ' Erzählung aus den verschiedenen Chroniken angezogen hat. > -Wirklich finden wir^ bei jedem Ereignis), das den geschichtlichen, Personen dieser Erzählung zustößt, .eine Stelle aus'einer.oder der andern Chronik an¬ geführt, wodurch of-Ganze, mehr-.den Charakter, einer romantisch er¬ zählten Geschichte als eines,geschichtlichen Romans erhält. ,- - Wir glauben nicht, ,daß durch- diese historische Treue an und sür sich der Werth dieses Werkes geschmälert wird, doch ergibt sich- daraus der Uebelstand, daß, da, um diese Treue, nicht zu verletzen, die-Roman-- personen nicht handelnd in die Geschichte eingreifen können/ Geschichte und, Roman wie zwei heterogene Stoffe zusammen und durcheinander«.?,--, flochten werden, wodurch das Interesse , sich schon gleich, im Anfange theilt, aber, mehr und mehr auf die Seite der Geschichte werdes Ein andrer Uebelstand> .der aus der großen Gewissenhaftigkeit des. Verfassers entspringt, ist der, daß die Darstellung oft zu sehr in's-Breite fällt, weil das Bestreben, ja . Nichts zu übergehen, .,-den.^ Schriftsteller, manchmal zu Vieles anhäufen läßt. .... . .... ..., ..- ... , ' Nach diesen. unserm kritischen - Bewußtsein . schuldigen, Ausstellungen. könnten, wir uns nun. ganz, dem-Genusse, hingeben,, den uns .der. glü¬ hende Geist, und die innige Gemüthlichkeit, und-die sinnige,-besonders in dieser .Sprache naiv liebliche- Poesie-mancher idyllischen Schilderung einflößt.' , . . .' ..

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/432>, abgerufen am 25.08.2024.