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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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bringen kann. Als das vorige Whig-Ministerium dem Parlament diese traurige
Lage eingestanden, Wug eS ihm zugleich vor, derselben durch die von ihm erdach¬
ten Mittel abzchelftn. Die Whigs machten folgende Schlüsse: die Einnahmen bleiben
auf derselben Höhe, weil Handel und Industrie in einem fortdauernden Zustande
der Niedergedrücktheit sind. Diese kömmt davon, daß der Erdboden die Bevölke"
rung nicht ernähren kann, und daß das Volk durch ein zum Vortheil eiiier Klasse
gegebenes Gesetz gezwungen ist, sein Brod zu einem ungeheuren Preis zu bezahlen.,
Sie sagten also: Modificirt dies Gesetz; zugleich belastet das Bauholz und den
Zucker, und der Handel wird einen neuen Aufschwung nehmen uno in Folge dieser
glücklichen Aenderung werden die Douanen das Gleichgewicht in den Staatsein¬
künften wiederherstellen. Das vorgeschlagene Heilmittel war etwas revolutionär
und heroisch, folglich wollte das Parlament Nichts davon wissen; übrigens mußte
man die Gelegenheit benutzen, um das Ministerium zu bestrafen, das die Eroberung
von Cabul, den Chinesischen Krieg und den Syrischen Feldzug unternommen, ob¬
gleich es hierin nur den Ueberlieferungen der englischen Politik treu geblieben..
So kamen also die neuen Wahlen, bei denen, im Vorübergehen gesagt, die Par",
leim mehr Geld 'ausgegeben haben, als man zur Deckung des Deficits bedurft
hätte, und durch sie kamen die Torvs an'S Steuerruder, und mit diesen hat ein-
Staatsmann, den die Nachwelt ohne Zwifct neben Pitt und Chaldäa stellen wird,,
wiederum den einzigen seiner Talente würdigen Schauplatz betreten, In einem
zehnjährigen Interregnum hat N. Peel Zeit gehabt, die Wichtigkeit- der Umstände
zu erwägen, wodurch die Macht wieder in seine Hände gekommen; Die Autorität
seines Namens ist so groß, daß er gleich im Beginn seiner Verwaltung es gewagt
hat, die Korngesetze zu modificiren; und doch hatte die Aristokratie Englands ge¬
schworen, sie würde es nicht dulden, daß man auch nur dieHand daran-legte. So¬
dann ist er der Gefahr zuvorgekommen und hat, fest entschlossen, sie durch Freimuth
zu beschwören, und sollte Europa über seine Geständnisse erstaunen, die Lage des
Staats fast in denselben Ausdrücken, wie seine Vorgänger auseinandergesetzt. Er
hat das Deficit, seine Fortdauer, seine Unbeweglichkeit bestätigt; er hat auf die Er¬
eignisse hingewiesen, durch die es wahrscheinlich noch zunehmen wird und, indem er
selbst zugleich mit den Schwierigkeiten wuchs, hat er sie muthig mit offener Stirn
angegriffen und dadurch seine ungeheure Überlegenheit über seine Gegner dargethan.
Er hat mit bemcrkenswerthex Klarheit gesagt: Das ganze Deficit, mit Inbegriff
des noch kommenden, beläuft sich auf so und soviel; es handelt sich vor Allein
darum, es zu decken; die Umstände zwingen uns zu außerordentlichen Ausgaben;
schon jetzt müssen wir die Mittel dazu vorbereiten. Im Ganzen brauchen wir acht
Millionen; wir können diese weder durch eine Anleihe noch durch dieDouanen auf¬
bringen. Der Besitz muß also dein Staate zu Hülfe kommen, indem er darein


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bringen kann. Als das vorige Whig-Ministerium dem Parlament diese traurige
Lage eingestanden, Wug eS ihm zugleich vor, derselben durch die von ihm erdach¬
ten Mittel abzchelftn. Die Whigs machten folgende Schlüsse: die Einnahmen bleiben
auf derselben Höhe, weil Handel und Industrie in einem fortdauernden Zustande
der Niedergedrücktheit sind. Diese kömmt davon, daß der Erdboden die Bevölke»
rung nicht ernähren kann, und daß das Volk durch ein zum Vortheil eiiier Klasse
gegebenes Gesetz gezwungen ist, sein Brod zu einem ungeheuren Preis zu bezahlen.,
Sie sagten also: Modificirt dies Gesetz; zugleich belastet das Bauholz und den
Zucker, und der Handel wird einen neuen Aufschwung nehmen uno in Folge dieser
glücklichen Aenderung werden die Douanen das Gleichgewicht in den Staatsein¬
künften wiederherstellen. Das vorgeschlagene Heilmittel war etwas revolutionär
und heroisch, folglich wollte das Parlament Nichts davon wissen; übrigens mußte
man die Gelegenheit benutzen, um das Ministerium zu bestrafen, das die Eroberung
von Cabul, den Chinesischen Krieg und den Syrischen Feldzug unternommen, ob¬
gleich es hierin nur den Ueberlieferungen der englischen Politik treu geblieben..
So kamen also die neuen Wahlen, bei denen, im Vorübergehen gesagt, die Par«,
leim mehr Geld 'ausgegeben haben, als man zur Deckung des Deficits bedurft
hätte, und durch sie kamen die Torvs an'S Steuerruder, und mit diesen hat ein-
Staatsmann, den die Nachwelt ohne Zwifct neben Pitt und Chaldäa stellen wird,,
wiederum den einzigen seiner Talente würdigen Schauplatz betreten, In einem
zehnjährigen Interregnum hat N. Peel Zeit gehabt, die Wichtigkeit- der Umstände
zu erwägen, wodurch die Macht wieder in seine Hände gekommen; Die Autorität
seines Namens ist so groß, daß er gleich im Beginn seiner Verwaltung es gewagt
hat, die Korngesetze zu modificiren; und doch hatte die Aristokratie Englands ge¬
schworen, sie würde es nicht dulden, daß man auch nur dieHand daran-legte. So¬
dann ist er der Gefahr zuvorgekommen und hat, fest entschlossen, sie durch Freimuth
zu beschwören, und sollte Europa über seine Geständnisse erstaunen, die Lage des
Staats fast in denselben Ausdrücken, wie seine Vorgänger auseinandergesetzt. Er
hat das Deficit, seine Fortdauer, seine Unbeweglichkeit bestätigt; er hat auf die Er¬
eignisse hingewiesen, durch die es wahrscheinlich noch zunehmen wird und, indem er
selbst zugleich mit den Schwierigkeiten wuchs, hat er sie muthig mit offener Stirn
angegriffen und dadurch seine ungeheure Überlegenheit über seine Gegner dargethan.
Er hat mit bemcrkenswerthex Klarheit gesagt: Das ganze Deficit, mit Inbegriff
des noch kommenden, beläuft sich auf so und soviel; es handelt sich vor Allein
darum, es zu decken; die Umstände zwingen uns zu außerordentlichen Ausgaben;
schon jetzt müssen wir die Mittel dazu vorbereiten. Im Ganzen brauchen wir acht
Millionen; wir können diese weder durch eine Anleihe noch durch dieDouanen auf¬
bringen. Der Besitz muß also dein Staate zu Hülfe kommen, indem er darein


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[0419] bringen kann. Als das vorige Whig-Ministerium dem Parlament diese traurige Lage eingestanden, Wug eS ihm zugleich vor, derselben durch die von ihm erdach¬ ten Mittel abzchelftn. Die Whigs machten folgende Schlüsse: die Einnahmen bleiben auf derselben Höhe, weil Handel und Industrie in einem fortdauernden Zustande der Niedergedrücktheit sind. Diese kömmt davon, daß der Erdboden die Bevölke» rung nicht ernähren kann, und daß das Volk durch ein zum Vortheil eiiier Klasse gegebenes Gesetz gezwungen ist, sein Brod zu einem ungeheuren Preis zu bezahlen., Sie sagten also: Modificirt dies Gesetz; zugleich belastet das Bauholz und den Zucker, und der Handel wird einen neuen Aufschwung nehmen uno in Folge dieser glücklichen Aenderung werden die Douanen das Gleichgewicht in den Staatsein¬ künften wiederherstellen. Das vorgeschlagene Heilmittel war etwas revolutionär und heroisch, folglich wollte das Parlament Nichts davon wissen; übrigens mußte man die Gelegenheit benutzen, um das Ministerium zu bestrafen, das die Eroberung von Cabul, den Chinesischen Krieg und den Syrischen Feldzug unternommen, ob¬ gleich es hierin nur den Ueberlieferungen der englischen Politik treu geblieben.. So kamen also die neuen Wahlen, bei denen, im Vorübergehen gesagt, die Par«, leim mehr Geld 'ausgegeben haben, als man zur Deckung des Deficits bedurft hätte, und durch sie kamen die Torvs an'S Steuerruder, und mit diesen hat ein- Staatsmann, den die Nachwelt ohne Zwifct neben Pitt und Chaldäa stellen wird,, wiederum den einzigen seiner Talente würdigen Schauplatz betreten, In einem zehnjährigen Interregnum hat N. Peel Zeit gehabt, die Wichtigkeit- der Umstände zu erwägen, wodurch die Macht wieder in seine Hände gekommen; Die Autorität seines Namens ist so groß, daß er gleich im Beginn seiner Verwaltung es gewagt hat, die Korngesetze zu modificiren; und doch hatte die Aristokratie Englands ge¬ schworen, sie würde es nicht dulden, daß man auch nur dieHand daran-legte. So¬ dann ist er der Gefahr zuvorgekommen und hat, fest entschlossen, sie durch Freimuth zu beschwören, und sollte Europa über seine Geständnisse erstaunen, die Lage des Staats fast in denselben Ausdrücken, wie seine Vorgänger auseinandergesetzt. Er hat das Deficit, seine Fortdauer, seine Unbeweglichkeit bestätigt; er hat auf die Er¬ eignisse hingewiesen, durch die es wahrscheinlich noch zunehmen wird und, indem er selbst zugleich mit den Schwierigkeiten wuchs, hat er sie muthig mit offener Stirn angegriffen und dadurch seine ungeheure Überlegenheit über seine Gegner dargethan. Er hat mit bemcrkenswerthex Klarheit gesagt: Das ganze Deficit, mit Inbegriff des noch kommenden, beläuft sich auf so und soviel; es handelt sich vor Allein darum, es zu decken; die Umstände zwingen uns zu außerordentlichen Ausgaben; schon jetzt müssen wir die Mittel dazu vorbereiten. Im Ganzen brauchen wir acht Millionen; wir können diese weder durch eine Anleihe noch durch dieDouanen auf¬ bringen. Der Besitz muß also dein Staate zu Hülfe kommen, indem er darein 66*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/419>, abgerufen am 04.07.2024.