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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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Lauf des Euphrat untersuchen, und noch andre, kühne Matrosen, die ungeduldig
danach sind, die Achsen des Erdballs zu entdecken, die Abentheuer auf den Polen su¬
chen und deren Freudengeschrei, wenn sie am Ziele flehen werden, sich in dem ewi¬
gen Stillschweigen der Eismassen verlieren wird, die so alt sind, als die Schöpfung.
In Wahrheit) das brittische Reich in seiner colossalen Ausdehnung ist überall; es
umschlingt die Welt. Wahrlich, diese bloße Aufzählung der verschiedenen Länder,
in denen ein von den Ufern der Themse ausgegangener Befehl eine ofstcielle Freude
hervorruft, ist hinreichend, um unsre Denkkraft fast zu betäuben. Das königliche
Kind wird vielleicht sein erstes Jahr,ausgelebt haben, ehe der letzte Kanonenschuß
zur Begrüßung seiner Geburtsstunde verhallt sein wird. Lassen Sie mich zur Voll-,
cndung dieses Gemäldes der wunderbarsten politischen Macht, auf die je eine an¬
tike oder moderne Nation stolz zu sein das Recht hatte, noch einen Zug,hinzufü¬
gen, der es, wo möglich, noch wunderbarer, macht. Alle diese verschiedenen Völker
unter ihrem Joche festzuhalten, besitzt Britannia nur 120,000 Soldaten, kaum ein
Drittheil der französischen oder ein Sechstel Her russischen Armee:, und nun halte
man noch die römische Macht,, aber auch die römischen Legionen dagegenl Aber
nun betrachten Sie auch einmal das Elend, das all dieser Größe zu Grunde liegt!
Lassen Sie von diesen zahl- und endlosen Armen des Colosses Ihren Blick sich auf
sein Herz wenden, ,und Sie werden einen erschreckenden Gegensatz finden! Diese
ehrgeizigste,aller Nationen, deren unermüdliches/ ausharrendes Streben nach dem
Besitz eines solchen Reichs schon unsre Ahnen, gesehen haben, ti° ihr Herz mit ei¬
nem dreifachen Panzer von Ungerechtigkeiten umgaben, um das Ziel ihrer unersätt¬
lichen Gier zu erreichen, >-- es ist wahr, sie hat endlich dieOberherrschaft über die
Meere und einen hohenEinssuß auf den Continent errungen; aber zuwelchcmPreis?
?Ke Nflkonal <tel>t, das lst, der grundlose ,Abgrund, der EnglandsNationalreichthum'
verschlingt, und der noch keinen Curtius, gefunden; 30,000,000 Pfund Sterlings,
die es diesem, verzehrenden Ungeheuer eben erst in denRachm geworfen, haben sein,
klaffendes Bellen nicht gestillt; und sei,t zwei Jahren ist die reichste Nation der Erde,
in Haushalts-Verlegenheiten, die sie der Welt nicht mehr verheimlichen kann. Denn
von ihren Jährlichen Einkünften läßt ihr die Schuld (wahrlich"der Uebel größtes/'
für, sie) nur 13 Millionen übrig, und wie will sie damit ihren Staatshaushalt be-
streiten? Vielleicht wäre es im äußersten Falle möglich, wenn sie Diät halten und
die Welt in Ruhe lassen wollte; 'aber eine Nation, wie England, kann sich nicht
so'mit einem Male von der Weltbühne zurückziehen. Die unruhigen amerikanischen
Nachbarn brennen vor Begier, Canada an sich zu reißen; muß man also nicht dort
eine zahlreiche Armee unterhalten, um auf alle Ereignisse gefaßt zu sein? An ei¬
nem schönen Morgen fällt es dem Kaiser von China ein, -sich für Herr im Haus
zu halten"und demzufolge die Einfuhr des Opiums, womit England seinen Thee


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Lauf des Euphrat untersuchen, und noch andre, kühne Matrosen, die ungeduldig
danach sind, die Achsen des Erdballs zu entdecken, die Abentheuer auf den Polen su¬
chen und deren Freudengeschrei, wenn sie am Ziele flehen werden, sich in dem ewi¬
gen Stillschweigen der Eismassen verlieren wird, die so alt sind, als die Schöpfung.
In Wahrheit) das brittische Reich in seiner colossalen Ausdehnung ist überall; es
umschlingt die Welt. Wahrlich, diese bloße Aufzählung der verschiedenen Länder,
in denen ein von den Ufern der Themse ausgegangener Befehl eine ofstcielle Freude
hervorruft, ist hinreichend, um unsre Denkkraft fast zu betäuben. Das königliche
Kind wird vielleicht sein erstes Jahr,ausgelebt haben, ehe der letzte Kanonenschuß
zur Begrüßung seiner Geburtsstunde verhallt sein wird. Lassen Sie mich zur Voll-,
cndung dieses Gemäldes der wunderbarsten politischen Macht, auf die je eine an¬
tike oder moderne Nation stolz zu sein das Recht hatte, noch einen Zug,hinzufü¬
gen, der es, wo möglich, noch wunderbarer, macht. Alle diese verschiedenen Völker
unter ihrem Joche festzuhalten, besitzt Britannia nur 120,000 Soldaten, kaum ein
Drittheil der französischen oder ein Sechstel Her russischen Armee:, und nun halte
man noch die römische Macht,, aber auch die römischen Legionen dagegenl Aber
nun betrachten Sie auch einmal das Elend, das all dieser Größe zu Grunde liegt!
Lassen Sie von diesen zahl- und endlosen Armen des Colosses Ihren Blick sich auf
sein Herz wenden, ,und Sie werden einen erschreckenden Gegensatz finden! Diese
ehrgeizigste,aller Nationen, deren unermüdliches/ ausharrendes Streben nach dem
Besitz eines solchen Reichs schon unsre Ahnen, gesehen haben, ti° ihr Herz mit ei¬
nem dreifachen Panzer von Ungerechtigkeiten umgaben, um das Ziel ihrer unersätt¬
lichen Gier zu erreichen, >— es ist wahr, sie hat endlich dieOberherrschaft über die
Meere und einen hohenEinssuß auf den Continent errungen; aber zuwelchcmPreis?
?Ke Nflkonal <tel>t, das lst, der grundlose ,Abgrund, der EnglandsNationalreichthum'
verschlingt, und der noch keinen Curtius, gefunden; 30,000,000 Pfund Sterlings,
die es diesem, verzehrenden Ungeheuer eben erst in denRachm geworfen, haben sein,
klaffendes Bellen nicht gestillt; und sei,t zwei Jahren ist die reichste Nation der Erde,
in Haushalts-Verlegenheiten, die sie der Welt nicht mehr verheimlichen kann. Denn
von ihren Jährlichen Einkünften läßt ihr die Schuld (wahrlich„der Uebel größtes/'
für, sie) nur 13 Millionen übrig, und wie will sie damit ihren Staatshaushalt be-
streiten? Vielleicht wäre es im äußersten Falle möglich, wenn sie Diät halten und
die Welt in Ruhe lassen wollte; 'aber eine Nation, wie England, kann sich nicht
so'mit einem Male von der Weltbühne zurückziehen. Die unruhigen amerikanischen
Nachbarn brennen vor Begier, Canada an sich zu reißen; muß man also nicht dort
eine zahlreiche Armee unterhalten, um auf alle Ereignisse gefaßt zu sein? An ei¬
nem schönen Morgen fällt es dem Kaiser von China ein, -sich für Herr im Haus
zu halten"und demzufolge die Einfuhr des Opiums, womit England seinen Thee


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[0417] Lauf des Euphrat untersuchen, und noch andre, kühne Matrosen, die ungeduldig danach sind, die Achsen des Erdballs zu entdecken, die Abentheuer auf den Polen su¬ chen und deren Freudengeschrei, wenn sie am Ziele flehen werden, sich in dem ewi¬ gen Stillschweigen der Eismassen verlieren wird, die so alt sind, als die Schöpfung. In Wahrheit) das brittische Reich in seiner colossalen Ausdehnung ist überall; es umschlingt die Welt. Wahrlich, diese bloße Aufzählung der verschiedenen Länder, in denen ein von den Ufern der Themse ausgegangener Befehl eine ofstcielle Freude hervorruft, ist hinreichend, um unsre Denkkraft fast zu betäuben. Das königliche Kind wird vielleicht sein erstes Jahr,ausgelebt haben, ehe der letzte Kanonenschuß zur Begrüßung seiner Geburtsstunde verhallt sein wird. Lassen Sie mich zur Voll-, cndung dieses Gemäldes der wunderbarsten politischen Macht, auf die je eine an¬ tike oder moderne Nation stolz zu sein das Recht hatte, noch einen Zug,hinzufü¬ gen, der es, wo möglich, noch wunderbarer, macht. Alle diese verschiedenen Völker unter ihrem Joche festzuhalten, besitzt Britannia nur 120,000 Soldaten, kaum ein Drittheil der französischen oder ein Sechstel Her russischen Armee:, und nun halte man noch die römische Macht,, aber auch die römischen Legionen dagegenl Aber nun betrachten Sie auch einmal das Elend, das all dieser Größe zu Grunde liegt! Lassen Sie von diesen zahl- und endlosen Armen des Colosses Ihren Blick sich auf sein Herz wenden, ,und Sie werden einen erschreckenden Gegensatz finden! Diese ehrgeizigste,aller Nationen, deren unermüdliches/ ausharrendes Streben nach dem Besitz eines solchen Reichs schon unsre Ahnen, gesehen haben, ti° ihr Herz mit ei¬ nem dreifachen Panzer von Ungerechtigkeiten umgaben, um das Ziel ihrer unersätt¬ lichen Gier zu erreichen, >— es ist wahr, sie hat endlich dieOberherrschaft über die Meere und einen hohenEinssuß auf den Continent errungen; aber zuwelchcmPreis? ?Ke Nflkonal <tel>t, das lst, der grundlose ,Abgrund, der EnglandsNationalreichthum' verschlingt, und der noch keinen Curtius, gefunden; 30,000,000 Pfund Sterlings, die es diesem, verzehrenden Ungeheuer eben erst in denRachm geworfen, haben sein, klaffendes Bellen nicht gestillt; und sei,t zwei Jahren ist die reichste Nation der Erde, in Haushalts-Verlegenheiten, die sie der Welt nicht mehr verheimlichen kann. Denn von ihren Jährlichen Einkünften läßt ihr die Schuld (wahrlich„der Uebel größtes/' für, sie) nur 13 Millionen übrig, und wie will sie damit ihren Staatshaushalt be- streiten? Vielleicht wäre es im äußersten Falle möglich, wenn sie Diät halten und die Welt in Ruhe lassen wollte; 'aber eine Nation, wie England, kann sich nicht so'mit einem Male von der Weltbühne zurückziehen. Die unruhigen amerikanischen Nachbarn brennen vor Begier, Canada an sich zu reißen; muß man also nicht dort eine zahlreiche Armee unterhalten, um auf alle Ereignisse gefaßt zu sein? An ei¬ nem schönen Morgen fällt es dem Kaiser von China ein, -sich für Herr im Haus zu halten"und demzufolge die Einfuhr des Opiums, womit England seinen Thee SS

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/417>, abgerufen am 30.06.2024.